Elisabeth Köstinger: Lächelnde Stehsätze und kleine Hoppalas

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger bedient ihre Zielgruppe mit einfachen Sätzen. Das harte p ist nicht ihr bester Freund, analysiert Sprachprofilerin Tatjana Lackner.

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Rhetorik-Check - Elisabeth Köstinger: Lächelnde Stehsätze und kleine Hoppalas

Elisabeth Köstinger galt einst als "Geheimwaffe für Kurz" in seiner ersten Regierung. Nach der damaligen Angelobung wurde die frischgebackene Ministerin -für viele überraschend schnell - schwanger. Mittlerweile gewinnt man den Eindruck, dass sie in der zweiten Amtszeit ihrem einstigen Förderer nicht mehr so nahe steht. 50 Tage nach der Entbindung war die ÖVP-Politikerin wieder zurück im Bürosessel. Ein anspruchsvoller Spagat zwischen drei "Männern": Karenzvater Thomas, dem kleinen Sohn Lorenz Johannes und ihrem Chef Sebastian.

Kärntner Lokalkolorit

Elli Köstinger besticht durch ein offenes, charmantes Lächeln, kooperative Umgangsformen und ihr Kärntner Lokalkolorit. Sie intoniert ohne Stimmdruck, was ihren Botschaften klanglich wenig Prägnanz verleiht.

Körpersprachlich fällt ihr verkürzter C3-Schieber auf (= dritter Halswirbel von oben). Sie streckt den Kopf nach vorne und scheint in geduckter Haltung mit hochgezogenen Schultern zu sprechen.

Keine Hardlinerin

Die gebürtige Lavanttalerin gehört rhetorisch nicht zu den Hardlinern der Bundesregierung. Ihr Dialekt lässt sie recht nahbar wirken. Sprechtechnisch hat sie Probleme bei aspirierten Konsonanten und hier vor allem mit der Bildung von p: Sie sagt etwa "Sädämba" statt "September". Zudem fällt es ihr hörbar schwer, ein r zu sprechen: Das Wort "arbeiten" verkommt bei ihr zu einem wenig eleganten "awäjdn". Wenn ein r vor ch geschrieben steht, dann verschleift sie es gänzlich: "Hierahie" statt "Hierarchie".

Viele werfen Köstinger vor, einen Bauchladen an Zuständigkeiten zu betreiben (Post, Telekom, ländlicher Raum, Zivildienst, Forst, Wasser, Bergbau u. v. m.), und das, obgleich die Strategieberaterin von Kurz, Antonella Mei-Pochtler, Zeit ihres Beraterlebens die "Konzentration aufs Kerngeschäft" predigte.

Köstinger will den ländlichen Raum ausbauen und vor Abwanderung bewahren. Dafür schwört sie auf die 5G-Technologie. Wie sie das umsetzen will, erfahren wir nicht. Sie bleibt überzeugt: "Die Breitbandnetze sind die Güterwege des 21. Jahrhunderts".

Stehsätze und Schwung-Nehmer

Sobald die Großressort-Ministerin eine Frage nicht beantworten kann, hagelt es lächelnd Stehsätze wie: "Wir werden uns das ganz intensiv anschauen " Gebetsmühlenartige Wiederholungen, dass ihr "die bäuerlichen Betriebe" am Herzen lägen, nehmen ihren Aussagen gelegentlich den Schwung.

Mit der Mehrzahlbildung steht Köstinger auf Kriegsfuß und grammatikalische Holprigkeiten finden sich in jedem zweiten Interview.

Schnell überfordert

Bei konkreten Fachfragen wirkt sie schnell überfordert. Meist redet sie sanft und vordergründig amikal, allerdings klingt sie schon am Ende einer Parlamentsrede stimmlich erschöpft.

Was macht sie richtig? Die Landwirtschaftsministerin wirkt unaufgeregt, bodenständig und bedient ihre Zielgruppe mit recht einfachen Hauptsätzen.

Aus dem Gewürzschrank des guten Rhetorikers:

1. Der C3-Schieber:

Aufrechte Haltung beginnt bei den Halswirbeln. Geduckte Sprechhaltung dämpft das Stimmvolumen und beeinträchtigt die Klangbildung.

2. Aspirierte Konsonanten:

Die Mitlaute k, p, t werden behaucht, um Zerdehnungen zu verhindern, wie bei: "Gudn Daag". Spricht man sie jedoch mit einem kleinen h, dann verhärtet man ihre Wirkung und sie klingen sauberer: "Gutn Thagh".

3 Stehsätze:

Inflationär verwendete Füllsätze gilt es in der Rhetorik zu vermeiden. Ab in den Papierkorb sollten deshalb folgende Formulierungen, wie: "in Zeiten, wie diesen"(echt? Wann sonst?), "das können wir andenken" (Andenken gibt es in Maria Taferl!),"ich nehme Ihren Vorschlag mit"(mit? Wohin? Nehmen Sie ihn lieber an!).

Zur Person

Dr. Tatjana Lackner, MBA Direktorin DER SCHULE DES SPRECHENS, Kommunikations- Profilerin, "Trainerin des Jahres", Bestsellerautorin www.sprechen.com

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 20/07