Junge FPÖ:
Zurück ins Vorgestern

Der Ring Freiheitlicher Jugend und seine Geschichte

Der Ring Freiheitlicher Jugend hat eine durchaus wechselvolle Geschichte hinter sich -und rückte in den vergangenen Jahren teils weit nach rechts

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RFJ - Junge FPÖ:
Zurück ins Vorgestern

Sie kegeln, verteilen im Frühling Blumen auf der Straße und vor Weihnachten Schokonikoläuse. Auf den ersten Blick wirkt der Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), die Jugendorganisation der FPÖ, ganz harmlos. Aber schon der zweite zeigt ein anderes Bild: Der RFJ Steiermark, jüngst durch Facebook-Attacken auf eine "Standard"-Journalistin auffällig geworden, fordert in seinem Grundsatzprogramm, die deutsche Sprache vor "Verfremdung" zu schützen. Und unter der Rubrik "Familie" heißt es ebendort: "Nicht die kinderlose Karrierefrau, sondern die Mutter bei ihren Kindern ist das Idealbild für einen erfolgreichen Fortbestand unseres Volkes."

© News Matt Observe

Auf der Internetseite des RFJ Salzburg wird man von einem Foto begrüßt, das fünf grimmig dreinschauende junge Männer in Trachtenjankern zeigt, die sichtlich entschlossen "Mut zur Heimat" fordern. Mit seinem vorletzten Vorsitzenden, dem zurückgetretenen niederösterreichischen FPÖ-Politiker Udo Landbauer, ist der RFJ wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Landbauer hatte den Vorsitz der Organisation 2011 von Dominik Nepp übernommen. In seiner Funktion als RFJ-Bundesvorstand unterstützte Landbauer, wie "profil" vor einigen Wochen berichtete, den als rechtsextrem eingeschätzten Verein "Junge Patrioten". Ein Hinweis auf einen neuerlichen Rechtsruck, den der RFJ unter Landbauer vollzog.

Liberales Zwischenspiel

Die Geschichte der FPÖ-Jugendorganisation verlief wechselhaft, eine Abgrenzung vom rechten Rand gelang, wenn überhaupt, nur zeitweilig. Ein dritter Blick, diesmal zurück: In den 1970er-Jahren opponierten Proponenten wie der junge Jörg Haider, Wolfgang Fuchs und Christian Allesch als Bundesobmänner gegen die überkommenen Traditionen der Organisation. "Die völkische Jugendarbeit mit Zeltlagern und so weiter hat schon Haider eingestellt", erzählt Christian Allesch, der 1977 noch zum "Bundesjugendführer" gewählt worden war und später aus der Partei austrat, um sich im Liberalen Forum zu engagieren: "Es gab damals noch, sowohl im Ring Freiheitlicher Jugend als auch in anderen Teilen der Partei, eine liberale Gruppe. Zumindest in der Jugend waren die Liberalen im Vordergrund." Das änderte sich ausgerechnet mit der Wahl Jörg Haiders zum Bundesparteiobmann, sagt Allesch: "Der Schwenk nach rechts, den der Ring Freiheitlicher Jugend vollzogen hat, hatte stark mit dem Rechtsrutsch der FPÖ bei diesem Innsbrucker Parteitag 1986 zu tun."

»Der Schwenk nach rechts, den der Ring Freiheitlicher Jugend vollzogen hat, hatte stark mit dem Rechtsrutsch der FPÖ bei diesem Innsbrucker Parteitag 1986 zu tun«

In den 80er-Jahren fungierten unter anderem die Ex-Minister Hubert Gorbach und Herbert Scheibner als RFJ-Obmänner. 2003 wurde Johann Gudenus nach einem Richtungsstreit zum neuen Bundesobmann des Rings Freiheitlicher Jugend gewählt. Er stehe "vor allem für eine Linie mit mehr Ideologie statt Zeitgeist", ließ Gudenus damals wissen. Und: Die Aufgabe des RFJ bestehe in "vermehrter ideologischer Schulung der Jugend auf dem Fundament alter freiheitlicher Werte".

Bedenkliche Vorfälle

In den folgenden Jahren häuften sich bedenkliche Vorfälle im Umfeld des RFJ. 2006 warb der RFJ Kärnten auf seiner Internet-Homepage mit dem Spruch "Unsere Ehre ist die Treue zur Heimat". 2008 wurde ein hoher Funktionär der RFJ Steiermark wegen Verhetzung zur drei Monaten bedingter Haft verurteilt. 2010 kam es zum Parteiausschluss führender Tiroler RFJ- Politiker, nachdem brisante Schriftstücke über rechte Umtriebe aufgetaucht waren - viele der damals Ausgeschlossenen bekleiden mittlerweile wieder prominente Stellen innerhalb der Partei. Durch den Rechtsruck des RFJ 2003 hätten sich "fast schon zwangsläufig" Überschneidungen mit dem Neonazismus ergeben, meint der Rechtsextremismus-Forscher Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).

»Durch den Rechtsruck des RFJ haben sich fast schon zwangsläufig Überschneidungen mit dem Neonazismus ergeben.«

In Folge der Tiroler Affäre gab es 2010 einen neuerlichen Einschnitt. Die FPÖ zog die Bremse - und die Zügel in der Jugendorganisation wieder fester an. Unter Dominik Nepp, RFJ-Bundesobmann von 2009 bis 2011, habe man "rechts zugemacht", beobachtete Peham. "Es gab weiterhin immer wieder Einzelfälle, aber diese Systematik der Unterwanderung durch Neonazis ist eingestellt worden."

Gründung der Identitären

Udo Landbauers Wahl 2011 fällt in etwa mit der Gründung der Identitären zusammen. "Als Parteijugend, noch dazu einer Regierungspartei, kann man bestimmte Sachen nicht machen", sagt Peham. "Aber genau diesem erlebnisorientierten Typus von Jugendlichen, den sie eigentlich wollen, wird recht schnell fad, wenn er nur bei Parteiveranstaltungen rot-weiß-rote Fahnen schwenken darf. Die brauchen mehr Action." Sprich: Sie engagieren sich lieber bei den Identitären. Unter Landbauers Obmannschaft seien die in manchen RFJ-Landesorganisationen bestehenden Kontakte zu den Identitären möglich geworden. "Wir wissen, dass die Mutterpartei da widersprüchlich agiert -in manchen Bundesländern ist das nicht gerne gesehen, in anderen Ländern wie Niederösterreich oder der Steiermark geht man sogar gemeinsam auf Demonstrationen."

Am 12. Jänner übergab Udo Landbauer die "FJ an die nächste Generation", wie es in einem Bericht auf der RFJ-Internetseite heißt -freilich in der Annahme, bald Landesrat in Niederösterreich zu sein. Sein Nachfolger ist der 25-jährige damalige Nationalratsabgeordnete Maximilian Krauss, Mitglied in der Burschenschaft Aldania Wien. Krauss gilt aufgrund seiner radikalen Aussagen über Ausländer als umstritten; 2014 entbrannte ein heftiger Streit, als er zum Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrats bestellt werden sollte.

»Nur der Freiheit gehört unser Leben«

In seiner neuen Rolle als RFJ-Bundesobmann ist der nunmehrige Wiener Stadtrat noch nicht besonders aufgefallen. Wie es mit dem RFJ unter Krauss weitergehen wird, ist offen, sagt Andreas Peham vom DÖW: "Aber angesichts seiner bisherigen Aussagen und seiner korporierten Vergangenheit und Gegenwart würde ich sagen, dass es eher wieder zurück geht vor 2010. Wobei die Tatsache, dass die FPÖ in der Regierung ist, hier bremsend wirken kann."

Ob Krauss so wie Allesch, der in den 70ern den "Bundesjugendführer" zum "Bundesobmann" machte, mit den Altlasten aufräumen und zum Beispiel das RFJ-Bundeslied "Nur der Freiheit gehört unser Leben", das einst schon die Hitlerjugend sang, entsorgen wird?

Unwahrscheinlich. Christian Allesch: "Die aktuellen Vorgänge sind für mich ein Rückfall in die Zeit vor den 70ern. Ich kann es nicht anders sagen."

Dieser Artikel erschien im News-Magazin 6/2018.