Pamela Rendi-Wagner:
"Müssen über mehr Geld reden"

Wie sich Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) von den Kickerinnen den nötigen Kick für den Wahlkampf holen will

von Politik - Pamela Rendi-Wagner:
"Müssen über mehr Geld reden" © Bild: Matt Observe

Ganz Österreich war in den letzten Wochen Frauenfußball. Der wahlkämpfenden Frauenministerin kamen die Erfolge der österreichischen Fußballerinnen natürlich besonders gelegen: Pamela Rendi-Wagner verwandelte die Steilvorlage flugs in eine patriotische Charmeoffensive auf Facebook. Während des Viertelfinalspiels postete sie ein Foto, das sie mit ihren Töchtern beim Fußballschauen zeigte. Es folgten Bilder vom Public Viewing auf dem Rathausplatz (mit rot-weiß-rotem Schal) und vom Empfang der Fußballerinnen auf dem Flughafen in Schwechat -auf letzterem war auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zu sehen. Der Erfolg hat viele Mütter. "Mich hat in den letzten Wochen absolut das Fußballfieber gepackt", sagt Rendi-Wagner. Jetzt soll sich der Schwung, die Energie des kleinen Fußballwunders ins richtige Leben übertragen, wünscht sie sich: "Dass Frauen in Männerdomänen vordringen können, das sollte uns Vorbild sein für andere Bereiche."

Gehaltsschere

So groß der Jubel in den vergangenen Wochen war, so groß war auch die allgemeine Verwunderung angesichts der Gehaltsunterschiede zwischen fußballspielenden Frauen und Männern. Der bestverdienende Fußballer der Welt bekommt 6,5 Millionen Euro im Monat, die bestverdienende Fußballerin 33.000 Euro. Abseits der glitzernden -oder eben nicht so glitzernden - Welt des Profifußballs sind die Einkommensunterschiede nicht so extrem. Aber immerhin: Frauen erhalten in Österreich für dieselbe Arbeit gut 21,7 Prozent weniger als Männer. Der EU-Schnitt liegt bei 16,3 Prozent. Kein Ruhmesblatt.

Politik sei das Bohren harter Bretter, heißt es; bei Frauenpolitik komme eine Stahlplatte hinzu, hat die frühere Frauenministerin Sabine Oberhauser formuliert. Seit fünf Monaten kommt Pamela Rendi-Wagner diese kräfteraubende Aufgabe zu. Als die ehemalige Ministerialbeamtin die Nachfolge Oberhausers antrat, hießen sie Kommentatorinnen und gestandene SPÖ-Frauen freundlich-reserviert willkommen. In Zeitungsinterviews wurde sie ausführlich über ihre private Situation als berufstätige Mutter befragt. Mittlerweile ist sie nicht nur - wie anfangs von ihnen gefordert -"in der Mitte" der SPÖ-Frauen angekommen, sondern auch an der Spitze der Partei. Platz zwei auf der Bundesliste bedeutet auch vorderste Front im Wahlkampf. "Es ist meine Aufgabe, Frauenthemen zu den Menschen zu bringen und mit ihnen darüber zu diskutieren", sagt die Medizinerin. "Ich habe meine Termine in den Bundesländern sehr intensiviert." Und, schon ganz im Wahlkampfmodus: "Frauen sollen sich nicht in ein Klischee- Eck stellen lassen. Uns gehört die Welt. Wir können alles."

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Auf dem Weg zur Welteroberung liegen aber noch ein paar lästige Stolpersteine herum. Die Sache mit dem Gehaltsunterschied zum Beispiel, die ihre Ursache in einer komplexen Gemengelage aus praktischen Problemen -Stichwort Kinderbetreuung -und überkommenen Rollenbildern hat. Dass die Gehaltsschere geschlossen werden soll, fordern fast alle Parteien. Einigkeit herrscht auch darüber, dass das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen weiter ausgebaut werden muss. Während die ÖVP darüber hinaus das Frauenpensionsalter anheben will, möchte die SPÖ mit Mindestlohn und Gehaltstransparenz zum Ziel gelangen. Fix ist bereits, dass es ab 2018 eine Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten von Großunternehmen geben wird; von der Maßnahme sind rund 200 Unternehmen betroffen.

»Wir müssen über mehr Geld reden in Österreich«

"Wir müssen mehr über Geld reden in Österreich", sagt Rendi Wagner zum Thema Gehaltstransparenz "Frauen wissen ja oft gar nicht, wie viel sie in einer Gehaltsverhandlung fordern können. Ich fordere da klar ein Gesetz, weil wir sehen, dass die bisherigen Schritte nicht ausreichend Erst kürzlich stellte sie Pläne vor, wonach der Überstundenzuschlag für Teilzeitbeschäftigte erhöht werden soll. Wäre es nicht besser, Frauen aus der berüchtigten "Teilzeitfalle" herauszuhelfen, anstatt sie darin zu unterstützen? 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten seien Frauen, argumentiert die Ministerin, "manche freiwillig, aber manche auch unfreiwillig, weil keine ganztägige Kinderbetreuung in der Nähe ihres Wohnorts verfügbar ist. Diese Gruppe darf nicht in der Pension die Rechnung serviert bekommen."

Hier ist es wieder, das Zauberwort, der Schlüssel zu vielen frauenpolitischen Schlössern: Kinderbetreuung. "Wir haben immer noch Schwachstellen im ländlichen Bereich, wo zum Teil Kindergärten zwei Monate im Jahr geschlossen sind oder jeden Tag vor 14 Uhr zusperren. Da kannkeine Frau ernsthaft arbeiten gehen. Unsfehlen mehr als 18.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige. Ich fordere die ÖVP und konkret Finanzminister Schelling auf, sich zu einem weiteren Ausbau der Kinderbetreuung in Österreich zu bekennen."

»Es macht einen Unterschied, ob ich in Interviews nach meinen Schuhen oder politischen Inhalten gefragt werde«

Lillifee

Dass Frauen erfolgreich "erfolgreicher als die Männer" Fußball spielen können, ist das eine. Jetzt müssen noch die rosaroten Prinzessin Lillifee Ecken im Spielzeuggeschäft weg und Mädchen rein in bisher typisch männliche Lehrberufe wie Metalltechnikerin oder Mechatronikerin. "Und am Ende des Tages sind wir alle gefordert, diese Klischees zu berücksichtigen und sensibler zu werden. Wichtig ist auch, wie Frauen im öffentlichen Diskurs dargestellt werden. Es macht einen Unterschied, ob ich als Frauenministerin in Interviews nach politischen Inhalten oder nach meinen Schuhen gefragt werde." Oder nach der privaten Kinderbetreuung. Sie wolle das Tempo der frauenpolitischen Reformen auf jeden Fall erhöhen, verspricht Rendi Wagner. Man wird sehen, ob die Stahlplatte ein Einsehen hat.

© Matt Observe

Zur Person: Die SPÖ-Gesundheits- und Frauenministerin (geboren 1971 in Wien) ist seit März im Amt, sie folgte auf die im Februar 2017 an Krebs verstorbenen Sabine Oberhauser. Davor leitete die Ärztin, Wissenschaftlerin und Spezialistin für Tropenmedizin die Sektion "Öffentliche Gesundheit und medizinische Angelegenheiten" im Gesundheitsministerium. Der SPÖ trat sie kurz vor ihrer Angelobung bei.