Wann aus der Flugverspätung
bares Geld wird

EU berät über neue Passagierrechte. PLUS: Wie viel Geld gibt es beim Flugausfall?

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Luftfahrt - Wann aus der Flugverspätung
bares Geld wird

1. Wie groß ist das Problem?

Auf Eurocontrol-Daten gestützt lässt sich schätzen: Mehrere zehntausend Flüge in Europa haben im Jahr eine Verspätung von über zwei Stunden. Zwischen 2007 und 2012 waren es demnach im Schnitt rund ein Prozent der Flüge - Ausnahme war 2010, als vor allem der Vulkanausbruch auf Island die Zahlen in die Höhe schießen ließ. Kürzere Verspätungen sind nicht erfasst - die registrierten können auch viel länger als zwei Stunden sein. Otmar Lell vom Bundesverband der deutschen Verbraucherzentralen sagt: "Die Verspätungen sind ein Massenphänomen."

2. Wie viele Flüge werden ganz gestrichen?

Geschätzt jeder zweihundertste Flug wurde komplett gestrichen, vermeldet Eurocontrol für die Jahre 2006 und 2009. Allerdings ist die Datensammlung hier noch fehleranfälliger als bei den Verspätungen.

3. Was sieht das EU-Recht heute vor?

Fluggesellschaften können bei Problemen grundsätzlich zu drei Dingen verpflichtet sein: Erstattung des Flugpreises, Verpflegung und vorübergehende Unterbringung der Passagiere sowie Entschädigungszahlungen. Was gilt, hängt unter anderem von der Länge der geplanten Reise und der Länge der Verspätung ab. Was die Airline bei "außergewöhnlichen Umständen" tun muss, für die sie nichts kann, ist bisher nur vage umschrieben.

4. Wie viel Geld gibt es bei Flugausfällen?

Wird der Flug kurzfristig gestrichen, hängt die Summe von der Entfernung ab: 250 Euro sind es für Flüge bis 1.500 Kilometer, 400 Euro bei allen längeren Flügen innerhalb der EU sowie bei Flügen über die EU Grenzen hinaus, wenn es nicht mehr als 3.500 Kilometer sind, 600 Euro bei allen weiteren Flügen. Die Entschädigung wird halbiert, wenn die Airline in bestimmten Fristen einen Ersatzflug anbietet.

5. Wie viel Geld gibt es bei Verspätungen?

Das aktuelle EU-Gesetz sieht gar keine Entschädigung bei Verspätung vor. Aber: Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) werden ab Verspätungen von drei Stunden am Ankunftsort Entschädigungen fällig, die sich an den Entschädigungen für Flugausfälle orientieren müssen. Ab einer Wartezeit von fünf Stunden können Passagiere eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

6. Zahlen die Airlines bisher?

Laut Verbraucherschützer Lell hat ein Passagier bisher wenig Chancen, wenn er nicht zum Beispiel einen Anwalt einschaltet. Die erste Adresse in Deutschland sei die Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr (SÖP) in Berlin: Sie biete kostenlos eine neutrale und unabhängige Schlichtung an. In Österreich ist die Schlichtungsstelle im Verkehrsministerium angesiedelt. Nach Auskunft des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zeigen sich die Airlines aber meist kulant, weil es in ihrem eigenen Interesse liegt, keine Passagiere zu verlieren.

7. Was soll sich ändern?

Die EU-Kommission will den Entschädigungsanspruch für Verspätungen erstmals im Gesetz festlegen - aber er soll erst nach fünf statt wie vom EuGH festgelegt nach drei Stunden gelten. Für längere Reisen wären die Fristen neun und zwölf Stunden. Das Europäische Parlament hält dagegen und votiert für Fristen von drei, fünf und sieben Stunden. Auch die Entschädigungssummen und die Entfernungen variieren. Konsumentenschützer sind eher aufseiten des Parlaments, die Airlines aufseiten der Kommission.

8. Was passiert nun?

Noch keinen gemeinsamen Standpunkt haben die europäischen Regierungen. Sie wollen sich im EU-Ministerrat wahrscheinlich im Juni einigen - und müssen anschließend mit dem neu gewählten Europaparlament einen Kompromiss aushandeln. Rein rechnerisch gäbe es eine leichte Lösung genau in der Mitte: Entschädigungszahlungen ab Verspätungen von vier Stunden.

Mehr Infos zum Thema: Kosten, Rechte und Pflichten bei der Reise-Stornierung.

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