Das Zillertal:
Abenteuer & Tradition

Zu Jahresbeginn war das Zillertal vor allem wegen der Ausbreitung der südafrikanischen Sars-CoV-2-Variante im Gespräch. Doch welche Menschen leben hier, und was hat die Region Gästen eigentlich zu bieten? Eine Reise von Strass bis Hintertux

von Reise - Das Zillertal:
Abenteuer & Tradition © Bild: Christine Lugmayr

Vor über 30 Jahren begann Jaqueline Wimmers Vater mit der Imkerei. "Der Job ist eine Lebenseinstellung. Du liebst ihn, oder du lässt ihn", weiß Wimmer. Mittlerweile kultiviert die Familie mehr als 400 Bienenvölker nicht nur in Nord-, sondern auch in Südtirol und im Burgenland. "In den Alpen braucht man besonders viele Bienen, denn das Gelände ist sehr steinig, und es gibt nicht so viel Nahrung für sie", erklärt Wimmer.

Der Bienenhof, das Zentrum des Familienbetriebs mit Shop und kleinem Café, in dem der Honig abgefüllt und etikettiert wird, liegt in Strass. Der kleine Ort mit seinen rund 850 Einwohnern ist das Tor zum Zillertal. Hier, nicht weit vom Bienenhof entfernt, mündet der Ziller, der auf 2.270 Metern Höhe im Zillergrund entspringt und sich 56 Kilometer durch das Tal schlänget, in den Inn.

"Die Natur des Zillertals ist wunderschön und einzigartig", sagt Wimmer. Die Zillertaler selbst sind für sie ein "ganz eigener Schlag":"herzlich, musikalisch und sehr fleißig".

Und sportlich. Das wird spätestens rund 20 Kilometer taleinwärts deutlich. In Zell am Ziller liegt die Zentrale von Nox Cycles. Nox steht übrigens für "no more excuses", also "keine Ausreden mehr", sämtliche Fahrräder hier sind E-Bikes.

© Florian Lechner Innsbruck Carsten Sommer, Geschäftsführer von Nox Cycles, verlegte die Fertigung der Räder ins Zillertal

2017 verlegte der Berliner Unternehmer Carsten Sommer die Fertigung der Räder ins Tiroler Tal und übersiedelte gleich mit. "Wir wurden mit offenen Armen empfangen", sagt der Deutsche, der die Region während seiner Urlaube kennen-und lieben lernte. "Zu Beginn waren die Einheimischen zwar skeptisch, aber nun sind alle überrascht, dass es so gut funktioniert."

Zwölf neue Räder täglich

Zehn bis zwölf Räder werden derzeit Tag für Tag hier zusammengebaut. Die Auftragsbücher sind voll, die Wartezeiten auf ein Bike betragen je nach Modell zwischen acht Wochen und einem halben Jahr.

Die Nox-Mitarbeiter kommen nicht nur aus Österreich und Deutschland, sondern auch aus Spanien, den USA und Israel. "Uns alle eint die Liebe zum Outdoor-Sport", so Sommer. Wenig verwunderlich also, dass das Team in den Mittagspausen oft eine gemeinsame Biketour unternimmt.

In Zell am Ziller gibt es dann zwei Möglichkeiten: weiter Richtung Süden, tiefer ins Tal hinein, oder man nimmt die Serpentinen hinauf ins Bergdorf Gerlos, das auf über 1.200 Metern liegt.

Seit 13 Generationen

1635 wurde das Bauernhaus der Familie Geisler in Gerlos das erste Mal urkundlich erwähnt. Mittlerweile ist es schon seit 13 Generationen in Familienbesitz. Benedikt Geislers Uroma erkannte so wie viele Einwohner des Bergdorfs früh das touristische Potenzial dieser idyllischen Gegend und nahm erste Sommerfrischler auf. Mit den Jahren entwickelte sich das Seitental des Zillertals zum immer beliebteren Winter-, aber auch Sommerurlaubsort. Die Zillertal Arena mit sechs Bergbahnen und 150 Pistenkilometern entstand. Es gibt Wanderwege, einen Hochseilklettergarten und Mountainbike-Routen. Auf die gut 800 Einwohner in Gerlos kommen mittlerweile mehr als 4.100 Gästebetten.

Auch die Geislers bauten ihren Hof immer wieder aus. Zunächst entstanden Zimmer mit Dusche am Gang, später Appartements. Seit vergangenem Jahr stehen zusätzlich acht Chalets für Urlauber zur Verfügung.

Regionale Produkte

Für Benedikt Geisler ist das Gerlostal etwas ganz Besonderes. "Ein Seitental, das nochmals fünf Seitentäler hat, ist einzigartig", sagt er. Eines davon ist das Wildgerlostal. Eine Wanderung macht deutlich, was Benedikt Geisler meint: eine romantische Klamm, eine Alm wie aus dem Bilderbuch und die schneebedeckten 3.000er im Blick.

Die Zillertaler schätzt Geisler als "geschäftstüchtig und gleichzeitig auf dem Boden geblieben" ein. "Außerdem sind wir sehr heimatverbunden. Fast jeder ist beiden Schützen oder der Musikkapelle", sagt der Koch und Gastgeber. Ein weiterer Vorzug des Tals sei, dass sehr viele Produkteregional hergestellt werden. "Wir habeneine Brauerei, kleine Manufakturen und einige größere Lebensmittel verarbeitende Betriebe."

Einer davon ist die Erlebnissennerei Zillertal in Mayrhofen. 21 Millionen Liter Milch von 350 Bergbauern der Region werden jährlich hier angeliefert. "Wir sind ein Familienbetrieb und tragen auch Verantwortung für die Bergbauern", sagt Seniorchef Heinz Kröll, der gemeinsam mit seinen Söhnen Christian und Heinrich die Sennerei leitet. Dabei setzten sie ausschließlich auf Heumilch und bringen immer wieder neue Produkte wie etwa die Honigmilch auf den Markt. Vor 20 Jahren errichteten sie die Erlebnissennerei, die zu einem beliebten Ausflugsziel geworden ist. Hier können Interessierte die Käseproduktion mitverfolgen und mehr über die Tiere am Schaubauernhof erfahren.

Hängebrücke und Gletscherwelt

Bereits in der Nachkriegszeit erkannten die Zillertaler das touristische Potenzial ihres Tals und nutzen es. "Irgendwann in den 70ern ist die Zahl der Touristen dann für einige Zeit explodiert", erinnert sich Kröll zurück. "Mittlerweile sind wir an einem Punkt, an dem mehr auf Qualität statt auf Quantität gesetzt wird."

© Andreas Lackner Der neu angelegte Wasserfallweg startet beim Stillupspeicher, einem der Stauseen im Zillertal

Dazu gehört auch eine Vielzahl außergewöhnlicher Erlebnisse, die den Touristen geboten werden, etwa die Hängebrücke in der Nähe der Olperer Hütte auf über 2.300 Metern. Denn aus der richtigen Perspektive fotografiert, erscheint es so, als würde es Hunderte Meter weit bergab gehen. Und auch wenn man sich für ein Fotoanstellen muss, lohnt sich der Aufstieg, schon wegen des Ausblicks und des Essensauf der Olperer Hütte.

Ganz hinten im Zillertal wartet ein weiteres Highlight. In Hintertux, dort, wo die Straße endet, geht es zunächst mit drei Seilbahnen auf 3.250 Metern Höhe. Denn unter dem Gletscher liegt der "Natur Eis Palast" mit gefrorenen Wasserfällen und einem Gletschersee. Mutige können hier sogar eisschwimmen. Ein spektakulärer Abschlusseiner Reise durchs Zillertal.

TIPPS

Übernachten

Hühner, Hasen, Kühe, Schweine und Ponys: Das Zentrum des Farm Resort Geislerhof in Gerlos ist die Landwirtschaft, um die sich Vater Walter Geisler (am Foto links) kümmert. Kinder können beim Füttern und Striegeln jederzeit helfen und jeden Morgen gleich nach dem Aufstehen in den Hühnerstall laufen, um nachzusehen, ob die Hennen Eier gelegt haben. Seit Generationen heißen die Geislers Gäste in Appartements willkommen. Im Juni des vergangenen Jahres wurden zusätzlich acht Chalets mit je 125 Quadratmeter eröffnet. Sie verfügen über eine private Sauna mit Ausblick auf die Berge. Jeden Morgen wird ein Frühstückskorb geliefert. Wer nicht selber kochen will, kann im Restaurant Erbhofa einkehren, in dem Benedikt Geisler regionale Produkte zu köstlichen Gerichten verarbeitet. Die Atmosphäre im Farm Resort ist leger. "Wir lassen für den Gast offen, wie er den Urlaub verbringen will. Es ist egal, ob jemand lieber mit Highheels oder mit Gummistiefel bei uns herumläuft", sagt Benedikt Geisler. www.farmresort.at

Outdoor-Sport

Die Möglichkeiten im Zillertal sind vielfältig. So stehen 1.483 Kilometer Wanderwege vom einfachen Themenweg bis zu hochalpinen Touren auf die 3.000er zur Auswahl. Dazu kommen 15 Klettersteige, einige Klettergebiete und markierte Bikestrecken unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade. Zudem gibt es einige Anbieter für Abenteuersportarten: So befindet sich die Flugschule Zillertal in Mayrhofen. Im Angebot sind Tandemsprünge genauso wie Paragleiter-Ausbildungen. www.zillertaler-flugschule.com Canyoning, Rafting, Grasskikurse und ebenfalls Tandemflüge bietet das Aktivzentrum Zillertal an. www.aktivzentrum-zillertal.at

Ausflugstipps

Wer auf der Suche nach einem regionalen Mitbringsel ist, ist im Bienenhof in Strass richtig. Neben unterschiedlichen Honigspezialitäten sind Kosmetika erhältlich. Im Bienenhof befindet sich ein kleines Café. www.bienenhof.shop Die Erlebnissennerei Zillertal liegt in Mayrhofen. Auf einem Rundgang können die Produktionsschritte erlebt werden. Gleich nebenan befindet sich ein Schaubauernhof. Außerdem verfügt die Erlebnissennerei über einen großen Shop und ein Restaurant. www.erlebnissennerei-zillertal.at

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