Bordeaux: Genuss
und Gelassenheit

Bordeaux begeistert nicht nur Weinliebhaber. Die südfranzösische Stadt entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einem modernen und lebenswerten Ort

von Reise-Tipp - Bordeaux: Genuss
und Gelassenheit © Bild: Shutterstock

Bordeaux. Fällt der Name, denkt wohl fast jeder zunächst an schweren, südfranzösischen Rotwein. Doch Bordeaux ist mehr - nämlich Frankreichs neuntgrößte Stadt und vor allem jene, in der 38 Prozent der Franzosen am liebsten leben würden.

Das war allerdings nicht immer so. Die heute 250.000 Einwohner zählende Stadt hat eine lange Geschichte mit vielen Höheund Tiefpunkten. Für die Weinmetropole Burdigala kam durch den Handel mit dem alkoholischen Getränk in der Römerzeit der Reichtum. Denn die Lage - direkt an der Garonne, die 76 Kilometer weiter nordwestlich in den Atlantik mündet - war als Umschlagplatz perfekt. Auch heute noch ist diese Nähe zum Atlantik an heißen Sommertagen für Einwohner und Gäste eine Wohltat. Nicht einmal eine Autostunde entfernt liegen wunderschöne Sandstrände und bei Arcachon erhebt sich mit 108 Metern die höchste Düne Europas, die Dune du Pilat.

Einen zweiten Aufschwung erlebte die Stadt im Mittelalter, bevor 1337 mit dem hundertjährigen Krieg ihr Niedergang begann. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten waren die Fassaden von der Luftverschmutzung schwarz verfärbt, die Straßen in der Altstadt voller Autos und die alten, unansehnlichen Warenhäuser am Hafen verunmöglichten einen Spaziergang entlang des Flussufers.

Am Ufer der Garonne

Bordeaux hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Die Innenstadthäuser wurden vom Schmutz befreit und die Altstadt ist seit 2007 Unesco-Weltkulturerbe. Die Gebäude entlang der Garonne wurden abgerissen. Heute tummeln sich am revitalisierten Quai Familien mit kleinen Kindern, Spaziergänger, Jogger und Radfahrer. Der Fluss selbst ist zwar nach wie vor nicht blau, sondern braun. Das sei aber keine Verschmutzung, sondern komme von den Sedimenten, die durch die starken Gezeiten aufgewirbelt werden, betont Stadtführerin Aurélie Chopy.

Zunächst führt die Quai-Promenade am Rand der Altstadt entlang, vorbei am Place des Quinconces mit einer Fläche von 126.000 Quadratmeter. Weiter geht es zu Les Halles de Bacalan. Die alten Lagerhallen wurden zum modernen, im Jahr 2017 eröffneten Marktareal. Das Motto: regionale Spezialitäten. Hier sind Trüffeln, Austern, frischer Fisch, Obst und Gemüse erhältlich. Es kann aber nicht nur gekauft, sondern auch gegessen werden. Ein Stückchen weiter dem Ufer entlang befindet sich die Cité du Vin. Die Kosten des imposanten Bauwerks: 81 Millionen Euro. Das moderne Wahrzeichen von Bordeaux will nicht ausschließlich Museum sein, vielmehr sollen die Besucher auf acht Etagen interaktiv alles über den Wein erfahren. Es geht um die Geschichte des Getränks und um dessen Gerüche. Es werden Workshops wie "Wine and Cheese" angeboten und in der Weinbar im obersten Stockwerk mit Blick über die Stadt können einige der edlen Tropfen gleich verkostet werden.

Treffpunkt Wasserspiegel

Ein beliebter Treffpunkt an der Garonne ist der Miroir d'eau, der Wasserspiegel. Das Wasser des flachen Brunnens verändert sich ständig. Zunächst füllt sich das 3.450 Quadratmeter große Becken. In der Wasseroberfläche spiegeln sich dann die eindrucksvollen Fassaden der Börse, es entsteht für kurze Zeit eines der begehrtesten Fotomotive der Stadt. Wenige Zeit später wird das Wasser abgepumpt und in feinen Sprühnebel verwandelt. Eine angenehme Erfrischung und ein beliebter Spielplatz für Kinder im Sommer.

Der Wasserspiegel ist auch ein perfekter Ausgangspunkt, um sich dem gelassenen Treiben in der Altstadt anzuschließen. Gleich, ob links oder rechts der Börse, einfach eine der kleinen Gassen hinein ins Quartier Saint-Pierre nehmen. In dem Viertel reihen sich kleine Boutiquen an Ateliers, dazwischen laden Spezialitätengeschäfte zum Verkosten ein. Stets münden die engen Gassen in einen kleinen Platz mit schattenspendenden Bäumen, Cafés und Restaurants. Nirgendwo sonst in Frankreich ist das Verhältnis der Einwohner zu den Restaurants so hoch wie in Bordeaux, sagt Fremdenführerin Chopy.

Cannelés und Coworking

Beim Schlendern durch die Innenstadt landet jeder früher oder später auf der Rue Sainte-Catherine. Die Fußgängerzone ist die Haupteinkaufsstraße im Zentrum. Viele internationale Labels sind hier vertreten, auch französische Ketten und Feinkostläden. Vor dem La Toque Cuivrée bildet sich stets eine lange Schlange, in die man sich unbedingt einreihen sollte, um die Cannelés Bordelais zu probieren.

Diese typische Spezialität hat erst auf den zweiten Blick mit Wein zu tun. Früher wurde viel Eiweiß für den Wein benötigt, da es Trübstoffe bindet. Das Eigelb blieb immer übrig. "Die Frauen erfanden dann das Rezept für die Cannelés", erklärt Chopy. Zu den Eigelben kommen Mehl, Zucker, Rum und Vanille. Anschließend wird der Teig in kleinen Förmchen gebacken.

Biospeisen und Weinbau

Abseits der Altstadt entstehen laufend neue, angesagte Viertel, etwa das Darwin Ecosystème, ein Vorzeigeprojekt für grüne Wirtschaft. In einer ehemaligen Kaserne siedelten sich mehr als 135 Unternehmen an -alle mit nachhaltiger und sozialer Firmenphilosophie.

Auf dem Gelände befinden sich neben Coworking-Spaces auch ein Skate-Park, ein kleiner Strand und das Magasin Général, das größte Biorestaurant Frankreichs. Die Zutaten der Speisen stammen aus der Region und die Auswahl an vegetarischen und veganen Gerichten ist groß. Zudem gibt es eine eigene Brauerei, die Biobier herstellt. Mit rund einer Million Besucher jährlich zählt Darwin zu den meist frequentierten Plätzen der Stadt.

680 Millionen Flaschen Wein werden in den Anbaugebieten um Bordeaux jährlich produziert. Entsprechend eindrucksvoll sind die Weinbauregionen. Saint-Émilion, das für seine Spitzenweine bekannt ist, liegt etwa eine Autostunde westlich. 198 Stufen führen auf den Glockenturm mit herrlichem Ausblick auf die riesigen Weingärten (den Schlüssel zum Turm gibt es beim Tourismusbüro). Wer das Dorf im Sommer ohne Touristenmassen entdecken will, nimmt sich am besten ein Zimmer. Denn abends sind die steilen, gepflasterten Gassen fast menschenleer. Das sind magische Stunden.

Und dann, sobald die Sonne untergeht, ist es Zeit, mit einem Glas Bordeaux anzustoßen und den Moment zu genießen.

TIPPS

Von gemütlich bis trendig

  • Seit April fliegt Volotea zwei Mal wöchentlich direkt von Wien nach Bordeaux (www. volotea. com). Wer vorhat, Museen zu besuchen und öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden, nimmt sich dort angekommen am besten den Bordeaux Citypass (39 Euro für 48 Stunden).
  • Übernachten. Mitten in der Stadt in einem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert befindet sich das Hôtel Majestic Bordeaux. www.hotel-majestic.com In Saint-Émilion liegt die Auberge de la Commanderie perfekt. www.aubergedelacommanderie.com
  • Essen. In den ehemaligen Schlachthöfen eröffnete 2018 La Boca (Foto unten), der größte Foodcourt Frankreichs. 14 unterschiedliche Restaurants aus Bordeaux bieten hier Speisen an. Jeder holt sich, was er möchte, gegessen wird gemeinsam an einem langen Tisch in der Mitte der Halle. Einziger Nachteil: Sind viele Menschen hier, wird es relativ laut. labocafoodcourt.eu
  • Äußerst gemütlich ist das Restaurant Chai Pascal in Saint-Émilion. Unbedingt vorab reservieren. chai-pascal. com
  • Nützliche Links. Eine gute Übersicht über mögliche Aktivitäten und aktuelle Veranstaltungen bieten: www.bordeaux-tourismus.de, www. gironde-tourisme.fr, www.saint-emilion-tourisme.com Allgemeine Informationen zu Frankreich bietet Atout France. https://at.france.fr

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Printausgabe Nr. 24+25/19

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