Kärntens edle Tropfen

Berge und Badeseen machen Kärnten zu einem beliebten Urlaubsort. Es gibt aber noch einen Grund für einen Besuch: den Kärntner Wein. In den vergangenen Jahren eröffneten die erste Weinbuschenschank und Weingüter mit Hotels und Heurigen. Weitere Attraktionen sind im Entstehen

von Reise - Kärntens edle Tropfen © Bild: Privat

Sanfte Südhänge voller Reben, Heurige, Buschenschanken und preisgekrönter Wein. Die Rede ist nicht von der Steiermark oder dem Burgenland, sondern von Kärnten. Denn im Lavanttal, rund um St. Veit an der Glan und in der Region Feldkirchen haben sich in den vergangenen Jahren zwar (noch) eher kleine, dafür aber feine Weinbaugebiete entwickelt.

Schon im Mittelalter wurde in Österreichs südlichstem Bundesland Weinbau betrieben. Schädlinge wie die Reblaus und der Falsche Mehltau zerstörten die Pflanzen allerdings. Es vergingen Hunderte ­Jahre, bis schließlich Herbert Gartner 1972 wieder Reben einsetzte. „Mein Vater, der aus dem Burgenland stammt, war Weinbaulehrer in Klosterneuburg und wollte die Tradition unbedingt wiederbeleben. Zunächst wurde er ausgelacht, aber die Pflanzen wuchsen, und der Wein schmeckte. Mittlerweile lacht niemand mehr, und die Zahl der Weinbauern steigt von Jahr zu Jahr“, sagt sein Sohn Erwin Gartner, der auch Sprecher des Arbeitskreises Wein aus Kärnten ist. Weinbau in Kärnten ist allerdings nicht ganz einfach: „Unser Bundesland ist von Bergen umgeben. Tagsüber kann es sehr heiß werden, in der Nacht kühlt es aber stärker ab als in anderen Regionen. Die extremen Schwankungen sind für die Rebe grenzwertig, die daraus resultierende Aromatik ist dafür aber einzig­artig“, erklärt Gartner.

Hochzeit zwischen Reben

Zu den größten Kärntner Weingütern zählt Taggenbrunn in St. Veit an der Glan. Im Jahr 2011 kauften Andrea und Alfred Riedl das Areal rund um die Burg und investierten seither 35 Millionen Euro. Mittlerweile erstrecken sich die Weingärten über eine Fläche von 45 Hektar, weitere 25 Hektar sollen demnächst dazukommen.

Taggenbrunn besteht aber nicht nur aus Weinbergen: Der Heurige mit dem Steingewölbe aus dem Jahr 1803 und das 92-­Betten-Hotel sind beliebte Locations für Feste. „Heuer werden 49 Hochzeiten bei uns stattfinden. Für kommendes Jahr haben wir bereits 25 Reservierungen. ­Unsere Gastronomie ist für Großveran­staltungen bis 500 Leute bestens gerüstet. Wir haben aber auch schon 1.200 Gäste bewirtet“, sagt Alfred Riedl.

© © Franz GERDL, 2016, all rights reserved Herbert Gartner Vater setzte im Jahr 1972 Reben. Sein Sohn Erwin (im Bild) übernahm den Weingarten und bewirtschaftet mittlerweile sechs Hektar

Zeitgöttin und Museum

Da Alfred Riedl auch Chef der Kärntner Uhrenfirma Jacques Lemans ist, verwundert es nicht, dass auf Gut Taggenbrunn das Thema Zeit allgegenwärtig ist: Der Künstler André Heller schuf eine zwölf Meter hohe und von Efeu umrankte Zeitgöttin, die Burg und Weinberge beschützen soll. Zudem wird die Ruine auf dem Areal derzeit aufwendig zum Leben erweckt. Es entstehen ein Restaurant und ein von Heller gestaltetes Uhrenmuseum, in dem unter anderem die erste Jacques Lemans zu sehen sein wird. Die Eröffnung ist für 2019 geplant. Riedl rechnet mit mindestens 300.000 Besuchern jährlich.

„Die Zeit ist der Hauptfaktor im Leben. Es dreht sich heute alles darum. Jeder sollte sich Zeit für die Gesundheit und Zeit für den Urlaub nehmen. Aber auch der Wein braucht Zeit, zu reifen“, sagt Riedl. Diese Zeit wird dem Taggenbrunner Wein offensichtlich gegeben: Gleich mehrere Sorten des Guts wurden bereits ausgezeichnet. So erhielt etwa der Sauvignon blanc 2016 91, der Cuvée Jahrgang 2015 92 Falstaff-Punkte.

© Foto Emhofer Martina Lippitz (Mitte) beschloss, aus der elterlichen Mostbuschenschank zusätzlich einen Weinbaubetrieb zu machen. „Zunächst waren meine Eltern skeptisch, aber jetzt unterstützen sie mich voll“, sagt Lippitz

Erste Weinbuschenschank

Ein Stück weiter östlich, im Lavanttal, befindet sich die Buschenschank Lippitz – Kärntens erste Weinbuschenschank. „Meine Eltern betrieben seit 1993 eine Mostbuschenschank“, so Martina Lippitz, die den Betrieb mittlerweile übernommen hat. Lippitz hat in Klosterneuburg die HBLA für Obst- und Weinbau besucht. „Nach meiner Rückkehr habe ich etwas gesucht, wo mir niemand reinpfuschen kann, und daher habe ich beschlossen, Wein zu pflanzen“, sagt sie. „Meine Eltern waren zu Beginn skeptisch, aber jetzt unterstützen sie mich voll und ganz.“ Lippitz baut Grünen Veltliner, Sauvignon und Muskateller an.

Insgesamt produzieren die Bauern auf einer Fläche von 130 Hektar rund 250.000 Flaschen pro Jahr – und verhelfen so dem in Vergessenheit geratenen Kärntner Wein zu einem Comeback.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 20 2018