Regierungskrise in Italien: Kritik im Senat an "Verräter" Andreotti und Pininfarina

Durch Stimmenthaltung Regierung "gestürzt"?

Laut politischen Beobachtern wollte sich Andreotti mit seiner Stimmenenthaltung auf die verfehlte Wahl zum Senatspräsidenten im vergangenen Mai rächen. Andreotti galt damals mit dem amtierenden Senatspräsidenten Franco Marini als aussichtsreichster Kandidat. Er hatte um wenige Stimmen das Ziel verfehlt, weil ihm die notwendige Unterstützung aus dem Mitte-Links-Lager fehlte.

"Verräter"-Rufe im Senat
Auch der Senator auf Lebenszeit Sergio Pininfarina, der sich bei der Abstimmung im Senat der Stimme enthalten hatte, wurde von der Prodi-Koalition scharf angegriffen. Der bekannte Industrielle wurde beschuldigt, von der Mitte-Rechts-Opposition um Silvio Berlusconi manipuliert worden zu sein. "Verräter!", riefen ihm einige Senatoren nach der Abstimmung zu. Scharfe Angriffe mussten auch die kommunistischen Senatoren Fernando Rossi und Franco Turigliatto hinnehmen, die gegen die Regierung stimmten, was zur eklatanten Niederlage führte. Die kommunistischen Parteien hatten zuletzt scharfe Kritik an den Plänen der Regierung Prodi zur Neufinanzierung der Afghanistan-Mission geübt. Auch der von der Regierung genehmigte Ausbau des US-Stützpunktes in Vicenza hatte die Kommunisten verärgert.

In politischen Kreisen spricht man auch von einer vom Vatikan manipulierten Lobby christdemokratischer Parlamentarier, die sich aktiv für den Sturz der Regierung Prodi eingesetzt habe. Ihr Ziel sei, das umstrittene Gesetz zur Legalisierung der homo- und heterosexuellen Lebenspartnerschaften (PACS) zu stoppen, gegen das sich der Vatikan vehement stemmt. Der Lobby soll auch der Senator auf Lebenszeit und Ex-Staatschef Oscar Luigi Scalfaro angehören, der gestern angeblich aus Gesundheitsgründen an der Abstimmung im Senat nicht teilgenommen hat.

(apa/red)