Mindestsicherung:
Übrig bleiben die Kinder

Die Regierung legt einen Entwurf für die Mindestsicherung neu vor. Es gibt strikte Vorgaben und jedes weitere Kind ist weniger wert als das vorhergehende. Soziale Konflikte scheinen damit unausweichlich.

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Regierungsklausur - Mindestsicherung:
Übrig bleiben die Kinder

Es ist ein unangenehmes Thema. Die Sozialhilfe (nun Mindestsicherung genannt) kostet im Jahr rund eine Milliarde Euro. Viel Geld, das die Regierung glaubt, an anderer Stelle vernünftiger einsetzen zu können. Noch dazu, wo ein Teil dieses Geldes Asylberechtigten zugute kommt – einer Gruppe also, die schon im Wahlkampf eher nicht in der Gunst der beiden Koalitionspartner ÖVP und FPÖ gestanden ist.

Ein Abschaffen der Leistung ist trotzdem nicht drinnen. Denn auch wenn viele der Bezieher „Nicht-Österreicher“ sind, wie Sozialministerin Beate Hartinger-Klein es formuliert, bleiben genug Einheimische über, denen dieses Geld – so wenig es auch ist - schlicht und einfach fehlen würde. Ganz abgesehen davon, dass Österreich den Beinamen „Sozialstaat“ in diesem Fall nicht mehr verdienen würde.

Die Fehler anderer

Die Regierung glaubt jedenfalls aus den Fehlern anderer Politiker gelernt zu haben. Nachdem die in Niederösterreich eingeführte Deckelung vom Verfassungsgerichtshof gekippt wurde, will es Bundeskanzler Sebastian Kurz nun auf andere Weise probieren.

Seine Regierung will noch vor der Sommerpause ein Grundsatzgesetz vorlegen. Geld gibt es nur dann, wenn fünf Jahre (EU-Staatsbürger: drei Monate) lang hier gearbeitet wurde und entsprechende Deutschkenntnisse vorliegen. Außerdem ist jedes zusätzliche Kind weniger wert als das vorhergehende. Alleinerzieherinnen – hier hat die Regierung aus den Diskussionen rund um den Familienbonus gelernt – bekommen eine Extrazahlung, für das erste Kind ebenfalls mehr als für alle folgenden, hier ist man stringent.

Schaden und Spott

Umsetzen dürfen das Ganze allerdings die jeweiligen Landesregierungen – und dürften damit neben dem Schaden auch noch den Spott abkriegen. Das Gesetz ist nicht unter ihrer Ägide entstanden, wie sie in das reale Leben einfügen, bleibt dennoch an ihnen hängen. Allerdings bleibt ihnen zumindest ein finanzielles Schlupfloch: Alle Prozentsätze sind als Maximalvarianten zu verstehen, die Länder können diese Zusätze bei Geldmangel also auch streichen.

In Wien hofft man indes inständig, mit dieser regressiven Staffelung der Mindestsicherung diesmal beim Verfassungsgerichtshof durchzukommen.

Was bereits sicher ist, ist, dass die Gesamtsumme von einer Milliarde Euro für die Mindestsicherung deutlich kleiner werden wird. Viele Asylberechtigte dürften nämlich weniger an ihren Deutschkenntnissen scheitern als an der Möglichkeit, überhaupt eine entsprechende Ausbildung machen zu können. Die Regierung hat zwar eine neue Hürde eingeführt, aber keine neuen Mittel dafür freigemacht.

Ungestört

Für Kurz und seinen Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist die Mindestsicherung neu trotzdem ein Sieg: Sie sparen Geld ein und zwar genau dort, wo sie glauben, dass es eh niemanden stört. Im besten Fall minimiert die neue Regelung sogar die weitere Zuwanderung.

Integrationsexperten sehen das zweifellos anders: Die Menschen, die bereits hier sind, werden kaum wieder weggehen. Nur haben sie jetzt noch weniger Geld als zuvor, was fast zwangsläufig zu weiteren sozialen Problemen führen wird. Das trifft in erster Linie die Kinder.