ÖVP-Grüne:
Erste Inhalte bekannt

Vorerst keine CO2-Steuern, Kopftuchverbot bis 14 Jahre. Präsentation heute.

ÖVP und Grüne einigen sich auf gemeinsames Regierungsprogramm. Die Inhalte werden heute Nachmittag präsentiert, erste Details sind bereits durchgesickert.

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Vor der Präsentation des türkis-grünen Regierungsprogramms durch die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) sind am Donnerstagvormittags erste Inhalte der geplanten Vorhaben durchgesickert. So soll etwa die umstrittene Sicherungshaft, die schon unter Türkis-Blau geplant war, in einer verfassungskonformen Variante umgesetzt werden.

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Betreuungsagentur für Asylwerber, Schaffung von Rückkehrzentren

An Schulen ist dem Vernehmen nach eine Ausweitung des in Kindergärten und an Volksschulen bereits geltenden Kopftuchverbots für Kinder bis 14 Jahre geplant. Weiters soll es im Asylbereich zur Umsetzung der Bundesbetreuungsagentur für Asylwerber sowie zur Schaffung von Rückkehrzentren kommen, um die freiwillige und sichere Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer oder Drittstaaten besser unterstützen zu können.

Task Force soll ökologische Steuerreform erarbeiten - Fliegen wird wohl teurer

Im Umweltbereich sind vorerst keine CO2-Steuern vorgesehen. Eine Task Force soll allerdings eine ökologische Steuerreform erarbeiten. Fliegen wird wohl teurer werden. Das türkis-grüne Regierungsabkommen sieht demnach eine Neuregelung der Flugticketabgabe vor. Eine Ökologisierung ist auch bei der Lkw-Maut geplant. Besonders stinkende Brummer sollen künftig eine höhere Maut zahlen als emissionsarme Lastkraftwagen.

Programm wird heute präsentiert

Im Detail wird das türkis-grüne Regierungsprogramm, das noch vom Grünen Bundeskongress abgesegnet werden muss, heute Nachmittag präsentiert. Der Bundespräsident Alexander Van der Bellen kennt es wohl schon - zumindest in Grundzügen. Er empfing am heute Mittag die Parteichefs in der Hofburg. Sebastian Kurz und Werner Kogler berichteten dem Staatsoberhaupt persönlich von der türkis-grünen Einigung und legten ihm in dem gemeinsamen Gespräch die Pläne der Regierung dar. Die Präsentation des Programms für die Öffentlichkeit (ab 15.55 Uhr) können Sie hier LIVE mitverfolgen:

Angelobung am Dienstag

Die Angelobung der neuen Regierungsmannschaft ist für Dienstag kommender Woche (7. Jänner) geplant. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Bundeskongress der Grünen dem türkis-grünen Pakt am Samstag (4. Jänner) seine Zustimmung erteilt. In den Tagen vor der Angelobung wird Van der Bellen die neuen Minister zu einem Kennenlernen - bzw. bei einigen zu einem Wiedersehen als Minister - in die Hofburg einladen. Einige dieser Gespräche werden bereits am Donnerstag geführt, hieß es aus der Präsidentschaftskanzlei.

"Das Beste aus beiden Welten vereint"

Kurz hat gestern Abend den Abschluss der Verhandlungen mit den Grünen als "exzellentes Ergebnis" präsentiert. Bei einem gemeinsamen Medienstatement mit Grünen-Bundessprecher Werner Kogler Mittwochabend betonte der VP-Chef, man habe sich nicht auf Minimalkompromisse herunterverhandelt : "Es ist gelungen, das Beste aus beiden Welten zu vereinen."

»Es ist möglich, das Klima und die Grenzen zu schützen«

Beide Parteien könnten ihre zentralen Wahlversprechen einhalten. Dabei hob Kurz für seine Partei eine Steuersenkung ebenso hervor wie eine konsequente Linie gegen illegale Migration und politischen Islam. Sinnbildlich für die Conclusio des ÖVP-Chefs steht der Satz: "Es ist möglich, das Klima und die Grenzen zu schützen."

»Eher ein gläserner Staat als ein gläserner Bürger«

Kogler würdigte, dass man sich im Klimaschutz weitergehend geeinigt habe, als man das vorher ahnen hätte können: "Österreich soll zum europäischen Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden." Mit der neuen Regierung werde der Einstieg in den Umstieg im Steuersystem gelingen. Ökologisierung und Steuerentlastung gingen zusammen. Dazu werde es das intensivste Transparenzpaket seit vielen Jahren und eine Informationsfreiheitsoffensive geben: "Eher ein gläserner Staat als ein gläserner Bürger." Zudem werde ein Schwerpunkt in die Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut gelegt.

Das Programm im Detail wird erst Donnerstagnachmittag vorgelegt. Kurz erklärte, die Teams würden über Nacht noch alle Feinheiten endabstimmen.

Fix scheint indes das Regierungsteam. Offen war bis zuletzt nur, wer den Staatssekretariatsposten bei den Grünen übernimmt. Hier dürfte die Wahl auf die ehemals glücklose Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek gefallen sein. Die Frauenagenden gehen an die ÖVP und werden wahrscheinlich Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher überantwortet.

Nicht müde wurden die Chefverhandler, Mittwochabend sich beim jeweiligen Gesprächspartner zu bedanken. Auch bei der Bevölkerung wurde um Verständnis geworben, dass es mit den Verhandlungen recht lange gedauert hat. Kurz meinte dazu: "Diese Regierungsverhandlungen waren - so ehrlich muss man sein - nicht einfach." Denn die beiden Parteien seien in ihrer inhaltlichen Ausrichtungen eben sehr unterschiedlich. Kogler befand: "Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir sind aber auch nicht dafür gewählt worden, es uns leicht zu machen sondern um Verantwortung zu übernehmen."

Neue türkis-grüne Regierung fast komplett

Die Zusammensetzung der ersten türkis-grünen Regierung ist fix. Noch nicht bekannt ist bisher, wer bei den Grünen den Staatssekretärsposten mit welchen Agenden übernimmt und wofür Vizekanzler Werner Kogler als Minister zuständig sein wird. Insgesamt werden der neuen Regierung neben Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Kogler (Grüne) 13 Minister und zwei Staatssekretäre angehören.

Die ÖVP, die bei der Nationalratswahl 37,46 Prozent und 71 Mandate holte, wird den Bundeskanzler, zehn Minister und einen Staatssekretär stellen. Die Grünen - sie kamen bei der Wahl auf 13,90 Prozent und 26 Mandate - dürfen vier Regierungsvertreter (inklusive Vizekanzler) und einen Staatssekretär nominieren.

Ein guter Teil der ÖVP-Mannschaft gehörte schon der vorigen Regierung an. Kurz geht in seine zweite Periode als Kanzler - und kam schon 2011 als Staatssekretär für Integration in die SPÖ-ÖVP-Regierung, ab 2013 war er Außenminister, von Dezember 2017 bis Mai 2019 schon Kanzler. Als solcher holte er Gernot Blümel (als Kanzleramtsminister), Heinz Faßmann (Bildung), Elisabeth Köstinger (Landwirtschaft/Umwelt) und Margarete Schramböck (Wirtschaft) in seine zuvor türkis-blaue Regierung. Blümel steigt jetzt zum Finanzminister auf, die übrigen drei übernehmen wieder die alten Aufgabenbereiche.

Ebenfalls schon Regierungserfahrung gesammelt hat Alexander Schallenberg. Er bekam in der im Juni nach der Ibiza-Affäre eingesetzten Beamtenregierung den Bereich Äußeres übertragen - und wird nun auch von der ÖVP als Außenminister nominiert.

Wesentlich größer geworden ist der Frauenanteil in der Regierung: Sechs der zwölf ÖVP-Regierungsposten werden mit Frauen besetzt, ebenso zwei der vier Grünen Ministerien - womit die Quote 50 Prozent beträgt. Ob der Grüne Staatssekretärs-Posten ebenfalls weiblich besetzt wird, ist noch offen. Zuletzt war Ulrike Lunacek dafür im Gespräch.

ÖVP installiert wieder Generalsekretäre

Die unter Türkis-Blau eingeführten Generalsekretäre werden unter Türkis-Grün wieder installiert. Die ÖVP hat bereits erste Namen - gegenüber "Presse" und "Tiroler Tageszeitung" - verraten. Ex-Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal wird Generalsekretär im Außenministerium, Kanzler Sebastian Kurz holt sich seinen früheren Kabinettschef Bernd Brünner ins Kanzleramt.

Dieter Kandlhofer, der bis zur Abberufung der ÖVP-Regierung im Juni im Kanzleramt Generalsekretär war, wechselt jetzt ins Verteidigungsressort. Und der am 1. April 2019 berufene Dieter Schuster wird - nach kurzer "Ibizagate"-Pause - weiterhin im Finanzministerium der "oberste Beamte", wurde der APA seitens der ÖVP bestätigt.

Formal eingeführt und im Bundesministeriengesetz verankert hatte die mächtigen Generalsekretäre die türkis-blaue Regierung im Jahr 2017. Demnach ist ein - ohne Ausschreibung ernennbarer - Generalsekretär der "unmittelbare Vorgesetzte aller Sektionsleiter im Bundesministerium sowie Vorgesetzter aller dem Bundesministerium nachgeordneter Dienststellen". Die Beamtenregierung hatte auf die Generalsekretäre verzichtet. Ob die Grünen welche ernennen werden, ist noch nicht bekannt.

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