Raus aus
der Schuldenfalle

Trennung, Unterhalt, Kredite: In Österreich leben 748.000 Menschen in überschuldeten Haushalten. Doch wie kann man der Schuldenfalle entgehen?

von Finanzen - Raus aus
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Sie sind schneller angehäuft, als man glaubt. Trotz Arbeit. Trotz regelmäßigen Einkommens. Da ein Urlaub, den man sich eigentlich nicht wirklich leisten kann, dort eine kaputte Waschmaschine, die Tierarztrechnung, das häufige Essen gehen. Das Konto leuchtet Rot: Schulden.

In Österreich leben derzeit 748.000 Menschen in überschuldeten Haushalten – Tendenz steigend. Von ihnen haben im Jahr 2016 58.991 Personen Unterstützung in einer der zehn staatlich anerkannten Schuldenberatungen im Land gesucht. Davon waren wiederum 36 % arbeitslos oder von Einkommensverschlechterung betroffen. Wenn auch der häufigste, ist Arbeitslosigkeit damit bei weitem nicht der einzige Grund für ein Minus am Konto. Schon Einkommensverschlechterung, die mit der Geburt eines weiteren Kindes entsteht, kann ausschlaggebend sein.

Schulden sind nicht gleich Schulden

„Zu unterscheiden ist zwischen Verschuldung und Überschuldung“, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer des Dachverbandes für Schuldnerberatungen. Verschuldung wäre beispielsweise der Kredit für das Eigenheim, unter Überschuldung versteht man dann bereits die Zahlungsunfähigkeit. Mitterlehner stellt klar: „Wir sind nicht per se gegen Schulden, sie sollen nur nicht unüberlegt getätigt werden. Der entsprechende Gegenwert muss gegeben sein.“

Mitterlehner spricht damit die sogenannten Konsumkredite an: Noch vor 15 Jahren wäre es undenkbar gewesen, sich einen Urlaub oder den neuen Computer auf Raten zu kaufen. Der Trend zur Investition auf Pump sei problematisch: „Diese Angebote richten sich genau an jene Menschen, die es sich eigentlich nicht leisten können.“ Schon kleine Schwankungen im Einkommen können in weiterer Folge zur Überschuldung führen. Der Teufelskreis beginnt.

»Der Dispo ist die Einstiegsdroge für ernsthafte Schulden!«

Der Schuldenberater nennt den Kontoüberzug die Einstiegsdroge für ernsthafte Schulden: „Der Dispo ist ein schleichendes Problem und fällt einem erst gar nicht so recht auf – man hat ja noch Geld und kann normal weiterleben.“ Es passiert erst mal nichts. Gibt man aber kontinuierlich mehr aus als man hat, kippt das System irgendwann – der Kontorahmen ist erschöpft, es wird von der Bank ein Umschuldungskredit angeboten, man lebt weiter über seine Verhältnisse und steht früher oder später vor der nächsten Zahlungsunfähigkeit.

Darüber geredet wird allerdings nur selten, ein Problem unserer Konsumgesellschaft. Ein leeres Geldbörserl gestehen sich nur die Wenigsten ein. Die Angst vor sozialer Ausgrenzung ist allgegenwärtig. Dabei wäre der erste wichtige Schritt bei finanziellen Problemen der Weg zur Schuldenberatung. Denn viele kleine falsche Entscheidungen machen das Kraut auf Dauer erst richtig fett: Das reicht vom zu teuren Mobilfunkvertrag, bis zum täglichen To-Go Kaffee, die das Monatsbudget zum Kippen bringen.

Schulden machen krank

Aber Schulden beschämen nicht nur – sie machen auch krank. Ein überzogenes Konto führt früher oder später zu chronischem Stress, der Körper und Psyche belastet. Die Symptome reichen von Kopf- und Rückenschmerzen bis hin zu Schlafproblemen und Depressionen, von Magen- Darmproblemen bis zur Flucht in Suchtmitteln.

Vor allem junge Menschen sollten laut Mitterlehner deswegen schon früh an die Wirtschaft herangeführt werden: „Neben der Schule trägt da auch das Elternhaus eine wichtige Verantwortung. Man sollte sich mit den Kindern auseinandersetzen und auch ruhig mal klar sagen: ‚Das können wir uns jetzt nicht leisten!‘“.

Um seine Finanzen in den Griff zu bekommen, braucht es aber nicht unbedingt das oft mühsame Haushaltsbuch, bei dem alle Ausgaben akribisch aufgeführt werden:

6 Tipps um der Schuldenfalle zu entgehen

Geben Sie nicht mehr Geld aus, als Sie haben

So banal, wie schwer: Geben Sie nicht mehr Geld aus, als Sie zur Verfügung haben. Schaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Finanzen: Was kommt am Anfang des Monats rein, was sind die Fixkosten? Zeichnet sich hier schon ein dunkles Bild, sollte gehandelt werden. Kann bei Auto oder Wohnung gespart werden? Gibt es einen günstigeren Telefonanbieter? Ist es möglich, bezahlte Überstunden zu machen, um das Minus auszugleichen?

Wer den Groschen nicht ehrt...

Ist man bereits in einer etwas prekären Lage, zählt jeder Euro. Laut Mitterlehner sind es vor allem die vielen kleinen Ausgaben, die man nebenbei tätigt, die einen weiter in die Misere schlittern lassen. Auch (unnötige) Abonnements die monatlich vom Konto abgezogen werden, kalkulieren wir oft gar nicht in unsere Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit ein.

Keine Konsumkredite

Das Motto „Was ich mir nicht leisten kann, kaufe ich mir auch nicht“ sollte eingehalten werden. Investitionen wie die Eigentumswohnung, bei denen der Gegenwert stimmt, können natürlich Sinn machen, extra für das neueste Smartphone einen Mobilfunkvertrag um 90 Euro im Monat abzuschließen, sollte man aber ernsthaft hinterfragen.

Auf Plastikgeld verzichten

Vielen würde es auch helfen, sich das Geld – ähnlich wie Taschengeld – wöchentlich einzuteilen. Einen gewissen Betrag am Anfang der Woche abheben und nur bar zu bezahlen, bringt das Gefühl für die kleinen Ausgaben zurück.

Prioritäten setzen

Der Hausverstand sagt es schon – die Miete ist wichtiger, als der neue Mantel. Setzen Sie sich eine Prioritätenliste: Welche Ausgaben müssen unbedingt getätigt werden, um weiteren Kosten zu entgehen? Bei Mietverzug droht im schlimmsten Fall Delogierung. Sprechen Sie notfalls mit den Gläubigern.

Hilfe holen

Stehen Veränderungen in der beruflichen oder familiären Situation an, kann es hilfreich sein, sich von Experten beraten zu lassen. Was viele nicht wissen: Die Schuldenberatungen bieten präventive Budgetberatungen an, bei denen Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt werden können, bevor es überhaupt zur Verschuldung kommt.