"Wegen Corona befinden
wir uns im Dauerstess"

Ein hartnäckiger Virus, Ausgangsbeschränkungen, keine sozialen Kontakte, ein neuer Alltag, ein zermürbender Tagesablauf. Das kostet Energie und verursacht Dauerstress. Aber was ist Stress eigentlich genau und wie kann man ihn überwinden?

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Ratgeber - "Wegen Corona befinden
wir uns im Dauerstess" © Bild: Geber86

1. Stress verstehen

Stress ist eine individuelle Reaktion. "Ist eine Anpassungsreaktion auf eine Forderung, sowohl von Körper als auch vom Geist, sagt Bettina Klaninger, Klinische- und Gesundheitspsychologin beim Stressmanagement Institut in Wien.

»Wie soll ich das bloß alles schaffen?«

Wie jemand reagiere, hänge von den Fähigkeiten ab, sich auszubalancieren, sich Herausforderungen zu stellen und natürlich von der Gesundheit. Während manche Menschen im Stress über sich hinauswachsen und denken: "Wow, diese neue Herausforderung, passt gut zu meinen Fähigkeiten", sind andere verzweifelt und haben nur eines im Kopf: "Wie soll ich das bloß hinkriegen?".

2. Wie äußert sich Stress

Stress kann sich psychosomatisch äußern und somit einige körperliche Symptome mit sich bringen. Wichtig in Zeiten von Corona: Stress begünstigt Krankheiten, weil das Immunsystem dadurch geschwächt wird. Achten Sie auf:

  • Schlafstörungen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Konzentrationsstörungen
  • Verspannungen
  • Angstgefühle
  • Aggressives Verhalten
  • Gefühl der Unruhe
  • Unzufriedenheit

3. Unterschiedliche Arten von Stress

Während Stresssituationen normalerweise nach kurzer Zeit abklingen, sind die Menschen in der Corona-Krise dauerhaft Stress ausgesetzt. "Alle unsere gewohnten Wege werden völlig durcheinander geworfen. Es ist wie ein Tsunami", beschreibt Psychologin Klaninger die Lage.

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Um Dauerstress zu verhindern müsse eine riesige Anpassungsleistung erbracht werden. "Wir müssen alles tun, um Dauerstress zu verhindern. Wir brauchen Entspannung und Beruhigung. Das stärkt unsere Psyche und unsere Abwehrkräfte", sagt auch der Wiener Psychiater und ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts, Michael Musalek gegenüber der APA.

4. Vom Distress zum Eustress

Aber wie soll das nun funktionieren, wo so viele Veränderungen und Anforderungen gleichzeitig auf uns herab prasseln? Und vor allem kein Ende in Sicht zu sein scheint. Bevor Maßnahmen zum Stressmanagement und zur Selbstberuhigung gesetzt werden, sei es wichtig folgende Unterscheidung zu verstehen:

Eustress: ist positiver Stress. Dazu gehören zum Beispiel die aufgeregte Anspannung eines Sportlers vor einem wichtigen Wettkampf oder die Glücksgefühle vor einem Ereignis wie Heirat oder Geburt. Dadurch, dass man auf ein Ziel hinarbeitet und das Ende der Stressphase in Sicht ist, wirkt es, als ob man aktiv auf die Entspannungsphase hinarbeitet. Diese Form des Stresses ist sogar positiv und kann zu Höchstleistungen antreiben.

Distress: ist negativer Stress. Es gehören alle Anforderungen und Situationen, die man als negativ empfindet (= die aktuelle Krisensituation). Oft kann man die Aufgaben nicht zur eigenen Zufriedenheit bewältigen. Die Folge: Man fühlt sich überbeansprucht und aufgezehrt.

5. Persönliche Stressverstärker erkennen

Wer also "Stress" positiv nützen möchte, muss anfangen umzudenken. "So schwer die Situation durch Corona auch sein mag, die Krise bietet die Möglichkeit über sein Leben zu reflektieren und Veränderungen für immer zu schaffen", sagt Psychologin Klaninger.

In ihren Erstanalysen am Stress Institut wird bei Patienten immer der persönliche "Stresstag" analysiert und später ein "Erfolgstag" abgeleitet. Gemeinsam werde ein Überblick über folgende persönlichen Aspekte erarbeitet:

  • Stressfaktoren zb: Aufgaben in Job, Familie)
  • Stressverstärker zb: Perfektionismus, nichts abgeben können, die eigenen Bewertungen stehen uns im Weg...
  • Stressreaktion (Überforderung, Hilflosigkeit, Gereiztheit).

Denn was als Eustress oder Distress empfunden wird hänge immer von einem selbst ab.Ziel sei es bewusster mit den eigenen Ressourcen umzugehen

© istock images Der Begriff "Stress" wurde vor weniger als 100 Jahren in die Psychologie eingeführt.

6. Wege zur Stressbewältigung

Stress hat viel mit der Einstellung zur aktuellen Lage zu tun. "Es ist okay, dass wir im Moment durch den Wind sind. Wichtig ist, dass man aktiv wird und sich nicht zurückzieht", empfiehlt Klaninger.

  • Verhalten ändern Versuchen Sie ihr Verhalten mithilfe deiner positiven Einstellung zu verändern. Versuche positiver zu handeln und führe Sie sich Ihre Erfolge vor Augen. Dazu eignet sich ein Tagebuch.
  • Einstellung auflockernUm die negative Einstellung aufzulockern, können Sie versuchen, sie anders und positiver zu formulieren. Anstatt sich einzureden, dass sie keine Fehler machen dürfen, sagen Sie sich lieber, dass Fehler etwas ganz Natürliches sind und sie aus ihnen lernen können.
  • Gefühle akzeptieren: Rasch wechselnde Emotionen sind normal in Krisensituationen
  • Sich austauschen: Mit Freunden und Angehörigen die Sorgen zu teilen helfe in Krisensituationen. Mittels Telefon, Chats und Videotelefonie sollte man weiterhin regelmäßige soziale Kontakte pflegen.
  • Natur & Bewegung: Die Natur hat eine beruhigende Wirkung auf den Menschen. Versuchen Sie deshalb unter Einhaltung der Maßnahmen der Regierung ein wenig Zeit in der Natur zu verbringen.
  • Humor zulassen: Spaß ist ein starkes Mittel gegen Hoffnungslosigkeit sein, Lächeln und Lachen bringe oft Erleichterung.

Mit den Unischerheiten durch Corona klar zu kommen, ist ein individueller Weg. Es sei ein Prozess der Zeit braucht. Der Schlüssel zu weniger Stress sei grundsätzlich positiver an die Situation heranzutreten.

Stressmanagement.Institut Wien

Das Stressmanagement.Institute im Herzen der Wiener Altstadt wurde 2019 von Mag. Bettina Klaninger (46) und Mag. Oliver R. Schmitt (48) gegründet. Sie verfolgen den Ansatz der Präventionsmedizin. So bieten Sie gestressten Personen oder ganzen Teams in Unternehmen Unterstützung an, schon bevor Defizite - wie etwa ein Burnout - da sind. "Es geht uns darum die Gesundheit zu fördern, statt die Krankheit zu behandeln", so die beiden. Das angebotene verhaltenstherapeutisch-orientierten Stressmanagement-Programm haben sie in Anlehnung an die Erkenntnise von Prof. Kaluza aufgebaut.

© MARKUS SCHIEDER CREATIVEMARC.EU Oliver R. Schmitt und Bettina Klaninger


Bettina Klaninger: Klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Seit 2007 als Psychologin und Psychotherapeutin in der Gesundheitsförderung sowie Behandlung in unterschiedlichen Institutionen des österreichischen Gesundheitswesens und in eigener Praxis tätig.

Oliver R. Schmitt: Handelswissenschafter; langjährige Erfahrung in führenden Marketingpositionen unterschiedlicher Branchen. Seit 2000 Unternehmer in den Bereichen Consulting und Einzelhandel.