Testament: So vererben
Sie in Österreich richtig

Außer an Allerheiligen denken die wenigsten Menschen über den Tod nach. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass die große Mehrheit aller Österreicher kein Testament hat. Dabei zählen Erbstreitigkeiten zu den emotionalsten und heftigsten Rechtskonflikten überhaupt. Was Sie beim Testament beachten müssen.

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1. Wann ist der richtige Zeitpunkt sich über das Testament Gedanken zu machen?

Mit zunehmendem Alter beginnen die Menschen, über ihr Erbe nachzusinnen – und erst dann entscheiden sich viele doch noch dafür, einen Plan zu entwerfen. Von allen Österreichern, die 60 Jahre oder älter sind haben gerade einmal ein Drittel ein Testament verfasst. Aber wann ist nun der richtige Zeitpunkt dafür?

2. In diesem Fall müssen auch junge Menschen ihr Testament regeln

"Unbedingt notwendig ist es, wenn man eine zweite Ehe eingeht", sagt Rechtsanwältin Susanna Perl. Einerseits um die Kinder aus erster Ehe abzusichern oder andererseits um den Ehepartner aus zweiter Ehe zu begünstigen. "Gerade Scheidungsverfahren dauern oft länger. Da kommt es schon vor, dass der betrogene Ehegatte ein Testament zu Gunsten der Kinder macht. Einfach damit der Ehegatte, von dem man enttäuscht wurde, aus dem Erbteil draußen ist und nur noch den Pflichtteil bekommen würde", weiß die Expertin.

Wichtig: Ehepartner schützen

Aber auch bei Ehepaaren mit Kinder, die glücklich sind, gibt es Situationen wo der Nachlass vorzeitig geregt sein sollte. Zum Beispiel wenn die beiden gemeinsam ein Haus gebaut haben. Verstirbt ein Ehepartner, müsste der Überlebende den gesetzlichen Erbteil an die Kinder auszahlen. Auch wenn diese noch minderjährig sind. In diesem Fall müsste das Geld mündlsicher veranlagt werden bis das Kind 18 Jahre alt ist. In den meisten Fällen ist das Geld aber nicht flüssig verfügbar. Die Folge: Das Haus muss verkauft werden. Wer schon vorher ein Testament gemacht hat, schützt den Ehepartner und das gemeinsame Lebenswerk.

3. Was versteht man unter gesetzlicher Erbfolge?

Ohne geregelten Nachlass (Testament) gilt in Österreich die gesetzliche Erbfolge. Dem Ehepartner steht ein Drittel des Erbes zu, die anderen zwei Drittel gehen an die Kinder. Seit 1. Jänner 2017 sind nur noch die Nachkommen und der Ehegatte oder der eingetragene Partner pflichtteils berechtigt. Eltern und weitere Vorfahren erhalten aufgrund der Erbrechtsreform keinen Pflichtteil mehr. Doch Vorsicht:Das Gesetz sagt nicht, wer was aus der Erbmasse erhalten soll.

4. Wer geht laut gesetzlicher Erbfolge leer aus?

Hinterbliebenen, die nach dem Gesetz leer ausgehen sind zum Beispiel geschiedene Ehepartner. Auch Stiefkinder sind niemals gesetzliche Erben. Das Gleiche gilt für Lebenspartner, die nicht mit dem Verstorbenen verheiratet waren und sich auch nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft befanden. Wer diesen Personen Vermögen hinterlassen möchte, der muss also ein Testament machen. Sehr wichtig ist ein Testament auch für kinderlose Ehepaare und in Lebenspartnerschaften, bei denen der überlebende Partner der einzige Erbe sein soll.

5. Kann man ein Testament zu Hause ganz allein verfassen?

"Ja, Sie können das handschriftlich schreiben. Wer es am Computer verfasst, braucht drei unabhängige Zeugen. Mit unabhängig ist gemeint, dass es nicht jene Personen sein dürfen, im Testament bedacht sind", erklärt Rechtsanwätin Susanna Perl.

6. Welche Formvorschriften gilt es beim Testament zu beachten?

Beim eigenhändigen Testament muss unbedingt ein Datumm, die Unterschrift und „Mein Letzter Wille“ draufstehen. Und natürlich wen man als Erben einsetzen möchte. "Wichtig ist es auch sich Gedanken zu machen, wo man das Dokument lagern möchte", sagt die Rechtsanwältin. Tipp: Immer eine Kopfie davon machen und extra aufbewahren.

7. Welche Vorteile hat es ein Testament beim Notar oder Anwalt zu machen?

Anwalt und Notar achten nicht nur auf die formale Richtigkeit des Testaments. Sie bieten auch die Hinterlegung und Registrierung des Dokuments im zentralen Testament -Register. Die Kosten für die Erstellung liegen - je nach Aufwand - etwa bei 500 €. Wichtig: Ein Testament ist übrigens jederzeit widerrufbar, es gilt immer das zuletzt verfasste.

»Erbstreitigkeiten sind oft eine Fortführung emotionaler Konflikte«

8. Wie sollte man am besten in der Familie vorgehen?

Grundsätzlich sollte man eine Bewertung seiner Vermögenswerten vornehmen und nachdenken, was zu wem in der Familie passen könnte. Das Gesetz sagt nämlich nicht, wer was genau aus der Erbmasse erhalten soll. Eine gerechte Aufteilung sei aber immer möglich. Tipp: Ein gemeinsames Gespräch in versammelter Runde, wäre ein guter erster Schritt. "Erbstreitigkeiten sind oft eine Fortführung emotionaler Konflikte ("Du hast meinen Bruder schon immer lieber gehabt". Diese Probleme sollten schon vorher geklärt werden", rät Anwältin Perl.

9. In welcher Situation sind Erbrechtsstreitigkeiten vorprogrammiert?

Zu Erbschaftsstreitigkeiten kommt es meistens dann, wenn sich einer aus der Familie benachteiligt fühlt. Eine Schenkung zu Lebzeiten, kann in der Familie für Unmut sorgen. Wenn zb.: ein Kind etwas bekommt um sich eine Wohnung zu finanzieren, dann verkürzt sich der Erbteil verkürzt und zum Schluss ist für alle viel weniger da. "Hier wäre es wichtig, dass man die restlichen Kinder miteinbezieht und sagt: 'Dafür wirst du im Testament entsprechend bedacht', sagt die Expertin. Auch schwierig: Wenn der Familienvater eine neue Frau heiratet und die Kinder aus erster Ehe zu ihren Gunsten benachteiligt.

10. Was sind die Häufigsten Irrtümer beim Erbrecht?

Rund ums Thema erben kursieren viele Halb- und Unwahrheiten. Rechtsanwältin Susanna Perl berichtet von einem klassischen Trugschluss: "Gerade von unverheirateten Paaren höre ich oft den Satz: 'Ja, wir wohnen eh schon lange zusammen, er/sie wird dann ja eh automatisch erben.' Das ist nicht der Fall!"Es muss über das Testament geregelt werden. Gleiches gilt für: "Ich schreibe am Computer mein Testament und dann ist es gültig." Falsch! Die Zeugen fehlen. "Wenn ich einmal im Testament eingesetzt bin, dann bleibt das so." Falsch! Gerade bei Scheidungsfällen können Ehepartnern das noch am letzten Tag ändern)Tipp: Ein Testament sollte alle paar Jahre, wenn sich die Lebenssituation von Erblassern und Erben geändert haben, aktualisiert werden.

11. Wie kann ich jemanden enterben?

Das ist gar nicht so einfach. Mit dem Pflichtteil gehe das praktisch nicht - diesen muss jedes Kind bzw. die Ehefrau bekommen. Ein Beispiel: Ein Vater möchte, den seiner Meinung nach, missratenen Sohn enterben und alles an Ehefrau und Tochter weitergeben. Egal, was er nun ins Testament schreibt: Der Pflichtteil bleibt dem Sohn erhalten. Nach der gesetzlichen Erbfolge (also ohne Testament) würde der Sohn bei dieser Konstellation ein Viertel des Erbes bekommen. Sein Pflichtteil beträgt folglich ein Achtel. Zur Erklärung: In Österreich erben Kinder zwei Drittel, Ehepartner ein Drittel. Der Pflichtteil ist die Hälfte dieses gesetzlichen Erbteils. Ist man also mit einem seiner Kinder im Streit und möchte dieses komplett enterben, ist das ein schwieriges Unterfangen. "Beim Pflichtteil sind die Enterbungsgründe sehr streng zu prüfen", sagt Perl. Einzig grobe Verletzungen des Kindes gegen die Eltern - die Rede ist von strafbaren Handlungen - würden Spielraum geben, den Pflichtteil auszuhebeln.

12. Kann ich auch Schulden erben?

Ja, denn zum Nachlass gehört nicht nur das Vermögen, er umfasst auch alle Schulden. Wie sollte man hier vorgehen? Nie eine unbedingte Erbantrittserklärung angeben. Denn sonst haftet man als Erbe auch mit dem Privatvermögen. Wichtig: Man kann eine Erbschaft immer ausschlagen!

© Gaerner Perl_diema communications _Walter J Sieberer

Zur Person:
Mag. Susanna Perl hat das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien und eine anschließende Ausbildung zur Mediatorin absolviert. Seit 10 Jahren ist sie eingetragene Rechtsanwältin und auf Ehe- und Familienrecht spezialisiert. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Clemens Gärner betreibt sie eine Kanzlei im 1. Bezirk in Wien. Neben ihrer Vortragstätigkeit ist sie auch Fachbuchautorin zum Thema Unterhalts- und Ehegüterrecht. Darüber hinaus ist sie Prüfungskommissärin für die Rechtsanwaltsprüfung