IS-Hochburg Raqqa:
Gefangen im tödlichen Labyrinth

Amnesty-Bericht: Tausende Zivilisten schweben in umkämpfter Stadt in Todesgefahr

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht die verbliebenen Zivilisten in der umkämpften nordsyrischen Stadt Raqqa in Todesgefahr. Die Bewohner seien in einem "tödlichen Labyrinth" gefangen, warnte Amnesty-Vertreterin Dontella Rovera am Donnerstag. Tausende Zivilisten stünden in der bisherigen Hochburg der Jihadistenmiliz IS "unter Beschuss von allen Seiten".

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Syrien - IS-Hochburg Raqqa:
Gefangen im tödlichen Labyrinth

Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) kämpfen sich seit Wochen bei der Rückeroberung Raqqas vom IS voran. Das kurdisch-arabische Bündnis wird dabei von der US-geführten Anti-IS-Koalition unterstützt.

Das von dem IS kontrollierte Territorium - vor und nach den Kämpfen:

Raqqa-Karte
© Conflict Monitor by HIS Markit
»Verstöße des IS befreien die anderen Konfliktparteien nicht von internationalen rechtlichen Verpflichtungen, Zivilisten zu schützen«

Rovera forderte, die SDF und die US-Streitkräfte müssten ihre Bemühungen verstärken, um die Zivilisten vor "blinden und unverhältnismäßigen" Luftangriffen zu schützen und Fluchtwege zu schaffen. "Diejenigen, die in Rakka belagert werden, sind der schrecklichen Brutalität des IS ausgesetzt – daran besteht kein Zweifel. Doch die Verstöße des IS befreien die anderen Konfliktparteien nicht von internationalen rechtlichen Verpflichtungen, Zivilisten zu schützen", sagt Rovera.

Bisher haben die SDF-Einheiten rund 60 Prozent der Stadt erobert. Die Jihadisten hatten die Stadt am Euphrat Anfang 2014 eingenommen und zu ihrer informellen Hauptstadt in Syrien gemacht. Nach UN-Schätzungen sind noch bis zu 25.000 Zivilisten in der Stadt. Die Anti-IS-Koalition verstärkte zuletzt ihre Luftangriffe. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei seit dem 14. August fast 170 Zivilisten getötet.

Unabhängige Prüfung gefordert


Amnesty forderte eine unabhängige Prüfung von Berichten zu zivilen Opfern. Die Menschenrechtsorganisation kritisierte, dass die Anti-IS-Koalition selbst derartige Vorwürfe nicht vor Ort prüfe und keine Augenzeugen befrage. Die meisten Berichte würden als "unglaubwürdig" abgewiesen; die Koalition gebe an, dass Zivilisten nur 0,3 Prozent der Toten bei den Angriffen ausmachten.