"Meine Karriere
fängt jetzt erst richtig an"

Der ehemalige Weltcup-Clown Rainer Schönfelder ist jetzt seriöser Geschäftsmann

Der ehemalige Slalomstar und Weltcup-Clown Rainer Schönfelder ist jetzt seriöser Geschäftsmann und investiert mit Hermann Maier in eine Hotelkette. Im Skisport, sagt er, sind die goldenen Jahre vorbei

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fängt jetzt erst richtig an"

Bei der Ski-WM in Vail waren Sie für den Bayerischen Rundfunk als Co-Kommentator im Einsatz. Wie war das?
Lustig. Speziell, weil die Deutschen natürlich das Thema Hirscher gegen Neureuther, Ösi gegen Deutschen hochgekocht haben. Da musste ich viele Dialektausdrücke erklären. Die Deutschen wissen halt nicht, was es bedeutet, wenn der Marcel den Felix paniert.

Man muss als Co-Kommentator aber auch skitechnisch einiges erklären, oder?
Der Sport ist sehr komplex, ja. Es gibt da vieles, was enormen Einfluss auf die Performance des Läufers hat, wovon die Leute aber nichts wissen.

Sie reden vom Material?
Ja, das ist ganz wild. Ich behaupte, im Skisport wird nicht weniger getüftelt als in der Formel 1. Es kann sich niemand vorstellen, in welchen Dimensionen sich das bewegt.

Man muss sich als Rennläufer also auch mit dem Material gut auskennen.
Oder man hat einen Vater wie der Marcel Hirscher. Der sieht seinen Buben fahren und weiß mit freiem Auge, wo er schrauben muss.

Wie groß ist der Anteil des Materials am Erfolg?
Größer, als viele glauben. Es geht nicht um das Material als solches. Aber das Zusammenspiel zwischen Material und Sportler ist das Wichtigste überhaupt, das macht mehr als 50 Prozent aus.

Sie meinen die berühmte "Abstimmung", von der immer wieder die Rede ist?
Genau. Wenn du im Slalom am Start stehst, musst du wissen: Ich kann voll riskieren, und mich wird's trotzdem nicht gleich raushauen. Wenn du das Material nur zu 90 Prozent abgestimmt hast, weißt du am Start: Ich muss aufpassen. So kann man aber nicht Rennen fahren. Und der Marcel ist diesbezüglich aktuell der am besten ausgestattete Läufer. Das hat weniger mit der Firma Atomic zu tun als mit der individuellen Abstimmung. Die ist meiner Meinung nach der Hauptgrund für seine Dominanz.

Ist er nicht auch ein extrem fanatischer Trainierer?
Schon, aber die anderen sind genauso fanatisch.

Im Slalom und Riesenslalom ist Hirscher derzeit der einzige ÖSV-Läufer in der ersten Startgruppe. Wie gibt's das?
Es ist eine andere Zeit als vor zehn, 15 Jahren, Skifahren ist auch in Österreich heute nicht mehr das Einzige, was zählt. Man muss die Kinder und Jugendlichen heute behutsam begleiten, sonst verliert man sie. Wir verlieren viel zu viele Talente! Das ist Sache des Skiverbands, das muss gelöst werden. Da wird der Hebel falsch angesetzt -nämlich ganz oben, bei der wissenschaftlichen Betreuung und den perfekten Trainingsbedingungen. Das bringt alles nichts, wenn man die Läufer nicht hat, die das ausnützen können.

Bewegt sich da was?
Bisher nur oberflächlich. Der Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident, Anm.) hätte es schon in der Hand, aber das System ist viel zu unbeweglich. Solange das so ist, wird sich auch nichts ändern. Die Situation ist dramatisch. Der Hirscher hat jahrelang alles gedeckelt, und wenn einmal wer gesagt hat: "Schauts doch einmal, wie es dahinter ausschaut", hat's geheißen: "Wurscht, wir haben eh den Besten." Ich sehe es schon kommen: Wenn der Marcel in dieser Saison einmal nicht ins Ziel kommt, kann es passieren, dass wir keinen Österreicher unter den ersten 30 haben.

Sie gehörten der goldenen ÖSV-Generation der Jahrtausendwende an. War das ein Glück oder ein Handicap?
Ich sehe es eher als Glücksfall. Natürlich war es damals nicht so einfach, sich seinen Platz im Team zu erkämpfen. Aber dafür war die Aufmerksamkeit so groß -ich weiß nicht, ob wir das noch einmal erleben werden. Auf der anderen Seite muss man sagen: Es waren auch wirtschaftlich goldene Jahre. Das ist jetzt nicht mehr so. Die Läufer tun sich heute schwer, Sponsoren zu finden. Die besten Zeiten des Geldverdienens im Skisport sind vorbei.

Spitzenleute wie Hirscher verdienen noch ganz gut.
Die können das Niveau einigermaßen halten, ja. Aber auch für die ist es schwerer geworden.

Der Trainingssturz von Anna Fenninger in Sölden hat jetzt aber wieder einmal gezeigt, dass Skirennläufer für ihr Geld auch viel riskieren. Muss man das Risiko bis zu einem gewissen Grad ausblenden, um schnell zu sein?
Ja, in dem Moment, wenn du an die Möglichkeit einer Verletzung denkst, ist es besser, die Ski in die Ecke zu stellen. Das Einzige, was für den Rennläufer zählt, ist: Wie werde ich schneller und schneller? Um die Verletzung kann er sich dann kümmern, wenn's soweit ist!

Für Fenninger muss das nach dem ÖSV-Streit besonders bitter sein. Können Sie nachfühlen, wie es ihr geht?
Ich denke, es geht jetzt nicht mehr um diese Auseinandersetzung, jetzt beginnt für Anna ein ganz neuer Weg. Eine Sportlerin wie sie wird auch diese Situation meistern, sonst wäre sie nicht da, wo sie ist. Aber aktuell liege ich sicher nicht falsch, wenn ich sage, dass es ihr besch... geht. Ich wünsche ihr jedenfalls alles Gute.

Ein Wort zum "Fall Fenninger": Haben Sie sie verstanden?
Ich habe sie verstanden, ja. Ich finde es auch tragisch, dass sie letztlich als Verliererin dastand, obwohl sie nur etwas verlangt hat, was ihr als Nummer eins der Welt zusteht. Beim Marcel war es ein Jahr vorher das Gleiche. Aber er hat den einfacheren Weg gewählt und gesagt: "Okay, ich gebe meinen medialen Betreuer auf, ich mache das, was du willst, Schröcksi - dafür gibst du mir das, was ich will: ein eigenes Betreuerteam, einen Audi-Deal und so weiter."

Ist das bei Schröcksnadel so ein Macho-Ding?
Ja.

Hatten Sie auch Schwierigkeiten mit dem ÖSV?
Natürlich. Aber eines muss ich schon sagen: Mit mir hätte der Schröcksi das nicht gemacht.

Hatten Sie auch Ihre Leute?
Ich habe viel selbst gemacht, aber ich hatte auch meine Leute um mich: Kommunikationsberater, Manager. Das war dem ÖSV eh ein Dorn im Auge, aber es ist nie so weit gekommen, dass sie gesagt haben: "Weg mit denen, sonst " Ich hätte das auch ganz anders kommuniziert als die Anna. Worauf sie da bestanden hat, ist ein Grundrecht. Dass sie dann den Deal mit Mercedes gemacht hat, war allerdings ein Fehler, da muss man den Verband verstehen. Das hätte ich anders gelöst.

Ist es ein Problem, wenn man im ÖSV kein Tiroler ist?
Es ist nicht mehr so schlimm wie früher, aber man merkt schon noch, dass es Unterschiede gibt. Für die ältere Generation von Funktionären gilt immer noch: "Ein richtiger Skifahrer ist Tiroler." Besonders in den unteren Kadern jammern sie, da zählen manche Bundesländer einfach mehr als andere.

Wo steht Ihre Heimat Kärnten in der ÖSV-Hackordnung?
Nicht gut, definitiv nicht gut. Aber noch vor dem Burgenland, glaube ich.

Sind Slalomfahrer bessere Skifahrer als Abfahrer?
Beiden wird im Weltcup viel abverlangt. Aber wenn du anfängst, gibt es zuerst ja noch keine Abfahrt. Und es werden oft diejenigen Abfahrer, die im Slalom und Riesenslalom kein Leiberl gehabt haben. Zumindest zu meiner Zeit war das noch so.

In den letzten fünf Jahren Ihrer Karriere hatten Sie mehr Verletzungen als Erfolge. Haben Sie zu spät aufgehört?
Nein. Ich bin auch deshalb so lang gefahren, weil ich den Skisport nicht im Frust verlassen wollte. Also habe ich gesagt: "Ich fahre, solange ich will, das kann mir keiner nehmen." Ich habe gewusst: Du musst das positiv beenden, damit du deinen Kollegen später noch in die Augen schauen und sagen kannst: "Es war eine schöne Zeit."

2012 belegten Sie im Slalom von Adelboden Rang 14, mit Bestzeit im zweiten Durchgang. War das das entscheidende Erfolgserlebnis, nach dem Sie sagen konnten: "Jetzt kann ich gehen"?
Ich bin dann zwar noch ein Jahr weitergefahren, aber das war für mich so ein Knackpunkt, ja. Ich habe ihnen noch einmal eine Bestzeit hingeknallt. Das war mir wichtig. Eigentlich hätte ich dem Rainer Pariasek (ORF-Sportreporter, Anm.) nachher gleich die Ski in die Hand drücken und sagen können: "Das war's."

Es haben damals sicher viele Leute gesagt: "Warum tust du dir das noch an? Warum hörst du nicht auf?"
Natürlich, das habe ich oft gehört. Aber das muss einem wurscht sein. Ich habe das gemacht, was ich für richtig gehalten habe. Und für die Zeit nach der Skikarriere habe ich in der Phase am meisten gelernt. Das hat mich sehr stark geprägt.

Sie haben verlieren gelernt?
Nein, das musst du sowieso können. So eine Karriere ist ja keine Einbahn.

Rainer Schönfelder
© ORF/Ali Schafler Bunter Hund: Kurz nach dem Ende seiner Skikarriere 2013 siegte Schönfelder wieder - diesmal bei "Dancing Stars"

Wie wurde aus dem Skifahrer der Investor Schönfelder?
Das rührt daher, dass ich mich schon lange mit Aktien beschäftige, das war neben dem Skifahren und der Musik immer schon meine große Leidenschaft. Und immer wieder haben Leute mich gefragt: "Wüsstest du nicht was?" Also habe ich mit einem Partner die Firma You Will Like It gegründet, mit der wir das jetzt auch für Dritte umsetzen können.

Stimmt es, dass Sie vor Ihrem Kitzbühel-Sieg 2002 an der Börse das Haus Ihrer Eltern verzockt haben - und das Minus dann mit dem Preisgeld wieder ausgeglichen haben?
Ja, nach dieser Saison musste ich, was meine Finanzen angeht, noch einmal neu anfangen. Ich hatte damals den Fehler gemacht, dass ich aufs Elternhaus einen Kredit aufgenommen und den in den Aktienmarkt gepumpt habe. Dann kam die 2000er-Wende, und alles war weg.

Was haben Ihre Eltern gesagt?
Denen habe ich das natürlich erst nachher gesagt. Meine Mutter glaubt es bis heute nicht.

Spekulieren ist moralisch ja nicht immer eine einwandfreie Sache. Wie sehen Sie das?
Wenn du eine Aktie kaufst, hat das nichts mit Spekulieren zu tun. Damit investierst du in eine Firma, die Güter des Lebens herstellt und viele Arbeitsplätze schafft. Was ist da falsch daran?

Manche Firmen machen aber auf fragwürdige Weise Profit.
Sie meinen Nachhaltigkeit? Ich kann nicht kontrollieren, ob Apple irgendwo in China Kinder arbeiten lässt. Oder wenn, dann müsste ich mich nur noch damit beschäftigen. Manche sagen auch, der Markt ist an allem schuld. Ich sage: Wenn es den Markt nicht gäbe, würden wir noch blöder dreinschauen. Der Markt ist ganz wichtig, den hat es immer gegeben.

Ist es gerecht, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden?
Was ist gerecht? Der Reiche wird sagen: "Ich habe hart dafür gearbeitet."

Manche Ökonomen behaupten, dass man mit Arbeit nicht mehr reich werden kann.
Das stimmt nicht! Das zu glauben wäre ganz schlimm. Und die Reichen sind heute nur deswegen reicher, weil mehr da ist. Früher war man mit 100 Millionen reich, heute ist man es mit einer Milliarde.

Gemeinsam mit Hermann Maier gehen Sie jetzt auch unter die Hoteliers. Die Adeo Alpin Hotels sollen den Skiurlaub wieder erschwinglicher machen. Was ist das Konzept?
Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen. Das Konzept ist ähnlich wie bei einem Budgethotel, nur alpiner - und die Hotels stehen in der Regel neben dem Lift, in den besten Skigebieten. Uns geht es um das Einsteigersegment, es müssen wieder mehr Leute Skifahren.

Die ersten beiden Hotels werden Anfang 2016 in St. Johann in Tirol und in Zederhaus im Lungau eröffnet. Wie viele sind insgesamt geplant?
Die Vision ist: zwei Standorte pro Bundesland, ausgenommen Wien und Burgenland.

Welche Rolle spielen Sie und Hermann Maier dabei?
Ich bin in alle Bereiche des Projekts stark eingebunden. Ich habe die Standorte mit ausgesucht, habe mich mit Bürgermeistern getroffen, und den besten Preis für die Fernseher verhandle ich auch. Der Hermann engagiert sich im Marketing, und er bringt sich als ehemaliger Maurer natürlich auch am Bau mit Ideen ein. Und beide sind wir Investoren.

Wie war als Aktiver Ihr Verhältnis zu Hermann Maier?
Wir sind 1996 fast gleichzeitig in den Weltcup gekommen und haben uns immer gut verstanden. Während er am Ergometer gesessen ist, habe ich am Laptop halt Aktienkurse gecheckt. Ich lerne ihn im Zuge unseres Projekts jetzt noch besser kennen. Er sieht die Dinge ähnlich wie ich, es macht Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Sie waren ein bunter Hund, haben im Zielraum Luftgitarre gespielt, sind nackt Skigefahren. Haben Sie mit solchen Aktionen schon an der Marke Schönfelder gearbeitet?
Sagen wir so: Ich habe gemerkt, dass es funktioniert, wenn ich einfach meinen Wahnsinn rauslasse. Aber es war nicht alles kalkuliert. Manche behaupten noch heute felsenfest, dass die Nacktfahraktion damals inszeniert war. Dabei hatte ich nur eine Wette verloren. Der Fotograf, der das dokumentiert hat, kann bestätigen, dass ich ihn nicht bestellt habe.

Dass damals "zufällig" ein Fotograf dabei war, war tatsächlich verdächtig.
Das glaubt einem natürlich keiner, ich weiß.

Sind Sie mit Ihrer Karriere zufrieden?
Ich habe das Gefühl, meine Karriere fängt jetzt erst richtig an. Ich habe immer gewusst: Skifahren wird nur ein Teil meiner Karriere sein. Ich werde viel zu jung aufhören, um sagen zu können: Danach brauche ich nichts mehr zu tun. Und so wie ich mit 20 wie ein Wahnsinniger am Skifahrer Schönfelder gearbeitet habe, bin ich jetzt an der nächsten Sache dran.

Das unterscheidet Sie von vielen anderen Sportlern, die keinen Plan B haben.
Selber schuld! Da muss man sich rechtzeitig darum kümmern, beim Karriereende ist es zu spät. Da merkst du relativ schnell, dass dich keiner mehr so richtig braucht. Die Leute sind so schnell weg, das kann man sich gar nicht vorstellen. Und es hat nicht jeder Raiffeisen oder Uniqa hinter sich. Ich wollte nach dem Skifahren etwas Neues machen, aber das tut fast keiner, und es wird ja auch allen eingetrichtert: "Konzentrier dich auf den Sport, mach ja nix anderes!" Blödsinn. Man kann doch nicht 24 Stunden am Tag nur Skifahren, da wirst du ja deppert.

Kommentare

Wenn der Angeber im Geschäftlichen so viel reißt wie beim Schifahrn , na dann gute Nacht !!

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