Raffinierter Phishing-Betrug aus Russland:
Hohes Gefahrenpotenzial bei Online-Banking

Wiener Strafprozess veranschaulichte Vorgehensart

Die Gefahren des Online-Banking zeigte nachdrücklich ein Prozess im Wiener Straflandesgericht auf. Eine international operierende, in der ehemaligen Sowjetunion beheimatete Bande hatte sich auf so genannten Phishing-Betrug spezialisiert. Die Tätergruppe spionierte übers Internet die Kontodaten ahnungsloser Bankkunden aus und zweigte immense Summen ab. Einer ihrer "Laufburschen" (Verteidiger Elmar Kresbach) konnte festgenommen und vor Gericht gestellt werden, als er ergaunerte Beträge einkassierte.

Raffinierter Phishing-Betrug aus Russland:
Hohes Gefahrenpotenzial bei Online-Banking

Die Herangehensweise der Betrüger "ist dazu getan, das Vertrauen der Kunden ins Online-Banking zu erschüttern", stellte Richterin Minou Factor fest. Zunächst wurden Computerviren - so genannte Trojaner - verbreitet, die von keinem gängigen Antivirenprogramm als Schädlinge erkannt wurden und sich so auf den Festplatten vieler Benutzer fest setzen konnten.

TAN-Codes unauffällig abgezweigt
Die Trojaner wurden zur ernsthaften Gefahr, sobald die von verseuchten Computern Betroffenen Online-Bankgeschäfte durchführten: Wenn die Kunden den erforderlichen TAN-Code eingaben, um die Transaktion abzuschließen, blockierte der Virus das Programm. Der TAN-Code und die dazu gehörigen Kundendaten wurden "abgesaugt", im Nu wurde eine Überweisung von bis zu 10.000 Euro auf ein fremdes Konto durchgeführt.

Raffinierte "Geldwäsche"
Dabei bedienten sich die Betrüger raffinierterweise nicht eigener Zielkonten, sondern griffen auf Personen zurück, die man ebenfalls via Internet ausfindig gemacht hatte. Per E-Mail erhielten willkürlich ausgesuchte User ein "verlockendes Angebot" einer angeblich seriösen Firma: Sie müssten nur ihr Girokonto zur Verfügung stellen und auf diesem aus redlichen Geschäften stammende Beträge
"zwischenparken". Ein "Finanzexperte" werde sich anschließend mit ihnen in Verbindung setzen, gaben die Betrüger vor.

Mehrere Personen in Wien und Niederösterreich gingen auf dieses Angebot ein, "obwohl eigentlich jedem klar sein müsste, dass man sich da zum Komplizen von Ganoven macht und Geldwäsche betreibt", wie ein Vertreter eines betroffenen Geldinstituts im Gespräch mit der APA darlegte. Der "Finanzexperte", der sich mit diesen Leuten traf und sie entweder aufforderte, das Geld über Western Union an ein unbekanntes Konto zu überweisen oder es gegen eine entsprechende Quittung selbst kassierte, war ein 34-jähriger Kraftfahrer aus Kasachstan, der daheim 250 Euro im Monat verdient.

80.000 Euro innerhalb weniger Wochen
"Mir wurde erst im Gefängnis bewusst, auf was ich mich da eingelassen habe", zeigte der Mann vor dem Schöffensenat Schuldeinsicht. Von Mitte Jänner bis 10. Februar 2006 hatte er sich mit mehreren "Geldwäschern" getroffen, um nicht weniger als 101.764 Euro einzustreifen. Als die Handschellen klickten, fand man in seinen Unterlagen eine penible Buchführung über seine Geschäfte zwischen Wien, Hamburg und Berlin. Er gab zu, innerhalb weniger Wochen 80.000 Euro persönlich kassiert und gegen eine Provision an die übergeordneten Hintermänner weiter geleitet zu haben, die - wie in derartigen Fällen üblich - für die Justiz nicht greifbar sind.

Er wurde wegen Beteiligung an schwerem gewerbsmäßigen Betrug zu zwei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt verurteilt. Die Strafe ist rechtskräftig. Die Kunden, deren Konten geplündert wurden, haben den Schaden von den jeweiligen Instituten ersetzt bekommen. Zumindest eine große Bank denkt allerdings laut darüber nach, sich an den anderen Kunden schadlos zu halten, die den Betrügern ihre Konten trotz des offensichtlich betrügerischen Hintergrunds zur Verfügung gestellt hatten. "In manchen Ländern würde man diese Leute sogar nach dem Strafgesetz belangen. In Italien ist das Geldwäsche", meinte ein Vertreter des Instituts. (apa/red)