Rädertierchen überleben bis heute sexlos:
Asexuelle Fortpflanzung sexueller überlegen

Genetische Variabilität ist einziger Nachteil bei Zölibat Verschwindend wenige Organismen leben ohne Sex

Seit 100 Millionen Jahren vermehren sie sich ohne Sex und sind doch sehr anpassungsfähig. Durch Untersuchungen der mikroskopisch kleinen Rädertierchen (Adineta ricciae) hat ein internationales Forscherteam jetzt erstmals belegt, dass dies tatsächlich möglich ist.

Diese in Lacken und Kleinstgewässern lebenden Tierchen "haben trotz ihrer asexuellen Vermehrung 400 verschiedene Arten gebildet, die sich unterschiedlichen Umweltbedingungen anpassen können", sagte Arbeitsgruppenleiter Dirk Hincha vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam. Die gemeinsam mit Forschern aus Cambridge und Angers entwickelten Ergebnisse sind im US-Fachjournal "Science" (Bd. 318, S. 268) von diesem Freitag nachzulesen.

Asexualität hat auch Nachteile
Ginge es nur um reine Zahlen, wäre Sex schon längst von der Bildfläche verschwunden oder im Verlauf der Evolution erst gar nicht entstanden, berichten die Forscher. Denn gemessen am zahlenmäßigen Reproduktionserfolg ist sexuelle Fortpflanzung der asexuellen weit unterlegen. Doch der entscheidende Nachteil einer Vermehrung ohne Sex: Normalerweise erzeugt sie zu wenig genetische Variabilität, die Nachkommen sind Klone ihrer Mutter. Dadurch können sie sich eigentlich veränderten Umweltbedingungen kaum anpassen.

Clevere Rädertierchen
Doch bei den Rädertierchen zeigte sich laut Hincha, dass bei asexueller Fortpflanzung Varianten eines Gens unterschiedliche Entwicklungswege einschlagen und schließlich zu Proteinen mit unterschiedlicher Funktion führen können. Damit lasse sich auch erklären, warum diese Tierchen auch dann überleben, wenn ihre Pfützen austrocknen. Nach den Worten Hinchas gehört das Rädertierchen Adineta ricciae zu den wenigen bekannten Organismen, die sich ausschließlich asexuell vermehren. Wasserflöhe hingegen pflanzen sich unter optimalen Bedingungen ohne und unter schlechten Umweltbedingungen mit Sex fort. (APA/red)