Matthias Brändle gegen
die Zeit für die Ewigkeit

Vorarlberger will mit dem Stundenrekord seinen Platz in den Annalen des Radsports

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Radsport - Matthias Brändle gegen
die Zeit für die Ewigkeit

Der 43-jährige Jens Voigt hatte mit dieser Marke am 18. September ein Ausrufzeichen hinter seine Karriere gesetzt. So wie der Deutsche, ein großes Vorbild Brändles, ist auch der ÖRV-Meister im Zeitfahren sehr oft in Ausreißergruppen präsent, liebt es, mit den Verfolgern im Nacken um den Sieg zum kämpfen. Heuer wurde er gleich drei Mal belohnt: Der Fahrer des Schweizer IAM-Rennstalls feierte Siege bei der Berner Rundfahrt und bei zwei Etappen der Großbritannien-Tour.

Rekord wäre der "totale Wahnsinn"

Nun will sich Brändle auf der Rad-Bahn auch noch den Traum vom Eintrag in die Rekordliste erfüllen. Vier Wochen lang hat er sich systematisch vorbereitet und dabei ein Team von bis zu zehn Helfern zur Seite gehabt. Auf 52 Kilometer lautet das Ziel des groß gewachsenen Athleten, nach einem 40-minütigen Test in der Vorwoche ist Brändle optimistisch. "Das wäre der totale Wahnsinn, wenn ich den Rekord schaffe. Wenn man in die Liste schaut, da stehen viele große Namen."

Ab Donnerstagabend (Eurosport überträgt live) soll auch der Name des Hohenemsers dort aufscheinen. "Ich bin gut in Form und möchte die Chance nützen", erklärte Brändle. Die Idee war schon länger in seinem Kopf herumgegeistert, nach ersten Tests und dank der Unterstützung seines Teams und des Rad-Ausrüsters Scott nahm der Bahn-Neuling das Projekt in Angriff.

Unterschiede zum Voigt-Rekord

Die Entscheidung über den Schauplatz fiel zugunsten des Velodroms am UCI-Sitz in Aigle, das nahe des Team-Sitzes im französischsprachigen Teil der Schweiz liegt. Das Oval ist mit 200 Metern um 50 Meter kürzer als herkömmliche Bahnen und auch jene in Grenchen (SUI), auf der Voigt erfolgreich war. "Mir ist es aber in Aigle leichter gefallen als in Grenchen, auf der engsten Linie zu bleiben", erläuterte Brändle seine Wahl. Die Fliehkräfte sind freilich ungleich größer, Arme und Gesäß werden in den engeren Kurven stärker beansprucht.

Brändle und sein Team haben die Marschtabelle auf eine Marke von 52 Kilometer ausgelegt. Mit seiner Übersetzung von 55 bzw. 13 Zähnen auf den zwei Kränzen muss er mehr Kraft aufwenden als Voigt (54x14), ist bei gleicher Frequenz aber um rund 2 km/h schneller. Es wird jedenfalls eine Quälerei sondergleichen, eine Stunde mit 400 Watt zu fahren.

256 Runden auf dem Oval

"Ich werde mit 52 km/h losstarten und nach einer halben Stunde werden wir entscheiden, wie es weitergeht", sagte der zweifache Staatsmeister im Einzelzeitfahren. Er freut sich, dass aus seiner Heimat Fan-Busse ins Rhonetal fahren. "Das motiviert mich noch mehr. Die Zuschauer werden mich auch oft genug zu sehen bekommen", meinte Brändle lächelnd. Mindestens 256 Mal will er auf seiner rund 15.000 Euro teuren Zeitfahrmaschine mit den zwei Scheibenrädern die Holzbahn umrunden - das wären 51,2 Kilometer. Und der Rekord.

Brändle ist jedenfalls optimistisch, die Bestmarke gleich im ersten Anlauf zu knacken. "Ich gehe davon aus, dass es am Donnerstag klappt. Einen Plan B gibt es nicht", betonte der Vorarlberger selbstbewusst.

Neue Regel, neue Rekordjagd

Der Weltverband (UCI) hatte im heurigen Mai mit einer Regeländerung die Jagd nach dem seit 1893 geführten Stunden-Weltrekord neu eingeläutet. Nun sind Räder zugelassen, die dem Reglement für das Zeitfahren entsprechen müssen, während frühere Bestmarken mit Rädern mit dem technischen Stand von 1972 gefahren worden waren.

Die Rekorde aus dem Jahren 1984 bis 1996, die auf futuristisch anmutenden Spezialanfertigungen erreicht wurden - der Brite Chris Boardman kam 1996 auf 56,375 km - wurden nachträglich zu "Weltbestleistungen" abgestuft.

Brändle will die Gunst der Stunde nützen. Für 2015 bzw. 2016 haben bereits die ausgewiesenen Spezialisten Bradley Wiggins (GBR/Zeitfahr- und Bahn-Olympiasieger) und Tony Martin (GER/Zeitfahr-Weltmeister) Rekordversuche angekündigt.

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