Darum steigt die Zahl
der Quallen in den Meeren

Biologen warnen vor einer Ausbreitung von gefährlichen Arten

von Mehrere Quallen schweben im Meer. © Bild: Istockphoto.com/leru

Welche Ursachen zur explosionsartigen Vermehrung der Quallen beitragen und wie die Überlebenstricks der gefährlichen Schönheiten des Meeres aussehen:

1. Kein neues Phänomen

Fest steht, dass Quallenplagen an europäischen Stränden nichts Neues sind. Abhängig vom Fortpflanzungszyklus der Nesseltiere, vom Strömungsaufkommen und von der Wassertemperatur, werden besonders in Sommermonaten immer wieder Tausende Tiere an Land gespült. Da Quallen zur Gruppe des Planktons gehören und von der Wasserströmung getragen werden, sind die Tiere nicht in der Lage, ihre Reiseroute durch die Meere selbst zu bestimmen.

2. Die Verantwortung der Menschen

Quallenplagen sind stark vom Eingriff des Menschen in den maritimen Lebensraum mitbestimmt. Die weltweite Überfischung und der dadurch verursachte Rückgang natürlicher Feinde sind ebenso mitbestimmend wie die Erderwärmung, die zu einer explosionsartigen Vermehrung bestimmter, besonders robuster Arten geführt hat. Denn Quallen sind Überlebenskünstler, die sich auch an widrigste Lebensumstände anpassen können. Seit 600 Millionen Jahren treiben die durchsichtigen Nesseltiere, die zu 98 Prozent aus Wasser bestehen, durch unsere Weltmeere - in nahezu unveränderter Form.

Durch die Überfischung fehlen den Quallen oftmals die natürlichen Feinde. Der Klimawandel begünstigt laut Experten zusätzlich den Vormarsch giftiger Arten Richtung Norden. Viele Tiere gelangen über den vor kurzem verbreiterten Suezkanl dorthin.

3. Giftige Jagd

Die Jagdtechniken sind es, die vielen Menschen Angst vor Quallen machen. Denn die wenige Millimeter bis zu mehrere Meter großen Tiere jagen ihre Beute - Fische und Plankton - zumeist mittels ihrer Gifttentakel. Gift, das auch für den Menschen bedrohlich werden kann. Während die im Mittelmeer lebenden Quallenarten bisher selten mehr als brennende und juckende Nesselausschläge verursachen, können andere Medusenarten mitunter zu tödlichen Schönheiten werden. Vor den Küsten Australiens etwa lebt das giftigste Meerestier der Erde - die Seewespe. Mit ihren 60, bis zu zwei Meter langen Tentakeln brennt die feingliedrige und nahezu durchsichtige Qualle ihr Gift in die Haut ihrer Beute. Die Folge: Innerhalb weniger Minuten werden Skelett-und Herzmuskulatur sowie Atmung gelähmt. Das Gift der Seewespe ist so aggressiv, dass jährlich mehr Menschen daran sterben als durch Haiattacken.

Hilft bei Kontakt mit der Seewespe einzig ein rasch verabreichtes Gegengift, genügen bei herkömmlichen Quallenarten einfachere Maßnahmen. So empfehlen Experten, nach dem unfreiwilligen Kontakt mit einer Qualle eventuell noch festsitzende Tentakel mit Essig zu lösen, die betroffenen Hautstellen mit Sand abzureiben und danach mit kalten Umschlägen oder Eiswürfeln zu kühlen.

4. Ewiges Leben.

Dass das einfache, aber Millionen Jahre lang bewährte und höchst erfolgreiche Bauprinzip der Medusen steigerbar ist, belegen die Forschungserkenntnisse eines italienischen Meeresbiologen. Ferdinand Boero von der Universität Lecce entdeckte bereits vor Jahren im Mittelmeer eine neue Quallenart. Die Besonderheit von Turritopsos nutricula: ewiges Leben. Werden die Körperzellen der kleinen Qualle im Lauf ihres Lebens älter und sterben ab, so lässt sich das Tier auf den Meeresboden sinken. Dort verlieren sämtliche Nerven-und Nesselzellen ihre Funktion, und aus der Qualle bildet sich ein neues, junges Tier. Der in der Tierwelt einzigartige Vorgang wiederholt sich immer, sobald der Organismus der Qualle alt wird - bis in alle Ewigkeit.

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