Putin empfängt Kurz in Moskau

Bundeskanzleramt: "Wir brauchen ein Ende des Blockdenkens"

Bundeskanzler Sebastian Kurz wird am heutigen Mittwoch vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml empfangen. Themen des Arbeitsgesprächs sind die bilateralen Beziehungen, das Verhältnis zwischen Russland und der EU, die Ukraine und Syrien.

von Russland - Putin empfängt Kurz in Moskau © Bild: News/Ricardo Herrgott

Kurz werde in Moskau die entsprechenden EU-Positionen vertreten, auch, was die EU-Sanktionen betrifft, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. "Zugleich brauchen wir aber ein Ende des Blockdenkens und eine Trendumkehr in unseren Beziehungen mit Russland." Wichtiges Ziel dieser Reise sei daher auch, auf einen Abbau von Spannungen hinzuwirken.

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Die Reise von Kurz nach Moskau ist die erste in seiner Funktion als Bundeskanzler, die ihn in ein Nicht-EU-Land führt. Sie soll auch der Vorbereitung des österreichischen EU-Ratsvorsitzes ab Juli dieses Jahres dienen. Der Besuch findet mitten im russischen Wahlkampf statt: Bei der Präsidentschaftswahl am 18. März erwarten Beobachter einen deutlichen Sieg Putins, der die Geschicke des Landes seit dem Jahr 2000 lenkt.

Kurz will mit Putin Syrien-Frage besprechen

Kurz will angesichts der dramatischen Lage in Syrien Russland zur Verantwortung ziehen. "Es ist eine furchtbare Situation, Russland hat eine Verantwortung mitzuwirken, dass das Blutvergießen dort beendet wird", betonte Kurz vor einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor Journalisten am Mittwoch in Moskau.

»Es ist eine furchtbare Situation, Russland hat eine Verantwortung mitzuwirken, dass das Blutvergießen dort beendet wird«

Er habe diesbezüglich in den letzten Tagen Kontakt mit europäischen Partnern, mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen gehabt. "Wir haben seitens der Europäischen Union die klare Erwartungshaltung, dass Russland hier seiner Verantwortung nachkommt und einen Beitrag leistet, das Blutvergießen zu beenden. Das wird heute auch Thema sein und ich werde das nicht nur im österreichischen Namen, sondern auch im Namen vieler europäischer Partner einfordern."

Österreich bereit für Verantwortung in UN-Mission

Kurz hat sich vor einem Gespräch mit Putin für eine Beteiligung an einer möglichen UNO-Mission in der Ostukraine bereit gezeigt. "Es kann sein, dass auf Österreich hier eine besondere Verantwortung zukommt, sollte es diese Mission geben", sagte Kurz vor österreichischen Journalisten in Moskau.

»Neutrale Staaten wie Österreich haben eine besondere Glaubwürdigkeit bei beiden Seiten«

"Wir stehen grundsätzlich bereit und haben das auch schon in der Bundesregierung besprochen", erklärte er weiter. "Neutrale Staaten wie Österreich haben eine besondere Glaubwürdigkeit bei beiden Seiten." Die österreichische Bereitschaft, einen Beitrag zu leisten, begründete Kurz so: "Einerseits haben wir ein Interesse, das Leid der Menschen zu lindern, auf der anderen Seite ist auch unsere Sicherheit und Stabilität in Österreich abhängig von der Stabilität in der weiteren Nachbarschaft, und da gehört die Ukraine definitiv dazu."

Ob und wann diese Mission im Donbass zum Einsatz kommt, ist noch ungewiss. In Moskau und in Kiew gibt es auch unterschiedliche Ansichten, was das Mandat betrifft. So will Russland, dass UNO-Blauhelme die OSZE-Beobachter schützen, während die Ukraine vor allem auch die Grenze zu Russland kontrolliert wissen will.

Die Reise nach Russland sei "eine Fortsetzung des österreichischen OSZE-Vorsitzes", erklärte Kurz weiter. Er wolle mit Putin aber auch bilaterale und EU-Themen besprechen. "Russland ist ein großer internationaler Player." Ein guter Kontakt zum Westen sei ebenso wichtig wie zum Osten, so Kurz. Österreich habe aufgrund seiner Geschichte "immer gute Zugänge" zu Russland gehabt. Kurz verwies auch darauf, dass bereits seit 500 Jahren diplomatische Beziehungen bestünden und heuer 50 Jahre russische Gas-Lieferabkommen gefeiert würden.

EU-Sanktionen: Kurz will Spannungen abbauen

Zur Frage der EU-Sanktionen gegen Russland sagte der Bundeskanzler: "Wir gestalten die europäische Politik mit, und wir tragen sie dann auch mit." Sanktionen seien "kein Selbstzweck". Das Ziel müsse sein, Spannungen abzubauen. Entscheidungen über Sanktionen müssten in Brüssel getroffen werden.

"Wir stehen zum Minsker Abkommen", betonte Kurz angesprochen auf das in Russland umstrittene ukrainische Gesetz zur "Beendigung der Okkupation" des Donbass. "Es braucht einen Fortschritt auf dem Verhandlungstisch, dazu gibt es keine Alternative." Allerdings sehe er eine "Problematik, was die Umsetzung von Minsk betrifft". Kurz zeigte sich als Anhänger des Zug-um-Zug-Prinzips, also dass es im Gegenzug zu Fortschritten im Friedensprozess auch ein stückweises Abbauen der Sanktionen geben sollte.

»Russland ist ein Markt mit viel Potenzial für die österreichische Wirtschaft«

"Russland ist ein Markt mit viel Potenzial für die österreichische Wirtschaft", sagte Kurz, der auf die positive Wirtschaftsentwicklung im vergangenen Jahr verwies. Demnach stiegen die österreichischen Importe aus Russland um 14 Prozent, und die österreichischen Exporte wuchsen im ersten Halbjahr 2017 um 16,5 Prozent auf rund zwei Milliarden. Im Tourismus habe es 2017 25 Prozent mehr Ankünfte gegeben, "allerdings von einem sehr niedrigen Niveau".

In Moskau trifft Kurz nicht nur Putin, sondern wird im Kreml auch dem russischen Wirtschaftsentwicklungsminister, dem Energieminister und Gazprom-Chef begegnen. Außerdem war in der österreichischen Botschaft ein Treffen mit Vertretern des Sacharow-Zentrums, der Menschenrechtsorganisation Memorial, des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum sowie der auf Wahlbeobachtung spezialisierten Organisation Golos geplant. Die letzten drei Organisationen sind vom russischen Justizministerium wegen einer zumindest teilweisen Finanzierung aus dem Ausland als "ausländischer Agent" gebrandmarkt worden.

Kurz und Putin unterstützen Nord Stream

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der russische Präsident Wladimir Putin haben am Mittwoch nach einem gemeinsamen Gespräch ihre Unterstützung für das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 betont. Es handle sich um kein politisches Projekt. "Das ist ein wirtschaftliches Projekt", sagte Putin vor Journalisten in Moskau.

Es gehe um eine Differenzierung der Routen und damit um eine Erhöhung der Energie-Sicherheit. Es gehe nicht um eine Alternative zur Ukraine. Russland werde mit der Ukraine zusammenarbeiten.

»Für uns ist es ein sehr positives Projekt«

Kurz betonte, dass die österreichische Regierung Nord Stream 2 unterstütze. Es seien noch Fragen zu klären, etwa welchen Einfluss das Projekt auf andere Staaten habe. "Für uns ist es ein sehr positives Projekt."

Russland habe bewiesen, dass es ein zuverlässiger Energielieferant sei, sagte Putin unter Verweis auf das Jubiläum von 50 Jahren russischer Gaslieferungen nach Österreich.

© GRIGORY DUKOR / POOL / AFP Bundeskanzler Sebastian Kurz zu Besuch bei Russlands Präsidenten Wladimir Putin

Langes Gespräch mit Kurz über Syrien

Der russische Präsident Wladimir Putin hat mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch in Moskau ausführlich über Syrien gesprochen. Das Gespräch sei "in kleiner und größerer Runde" erfolgt und habe "länger als eine Stunde gedauert", berichtete Putin im Anschluss vor Journalisten im Kreml. Die Situation sei "schwierig".

Kurz betonte, Russland sei ein "starker Player in der Region, ist eine Supermacht". Russland habe starken Einfluss auf den syrischen Machthaber Bashar al-Assad, erläuterte Kurz. Und das bedeute auch eine "Verantwortung", dazu beizutragen, dass das Blutvergießen beendet werde. Das Leid der Zivilbevölkerung sei "unerträglich". Es brauche politische Verhandlungen sowie humanitäre Korridore, damit das Leid zumindest akut etwas reduziert werde, so Kurz.

Auch Putin hatte sich für humanitäre Korridore für Kinder, Verletzte und Hilfsbedürftige ausgesprochen, damit diese die Konfliktregion Ost-Ghouta verlassen könnten. Ein Ende der Kampfhandlungen sagte er freilich nicht zu: Es gebe in der Region viele "extremistische Kräfte" und Vertreter "terroristischer Organisationen". "Von dort wird beständig geschossen, Minen fallen manchmal sogar auf das Territorium der russischen Botschaft. Werden wir das ewig tolerieren? Natürlich nicht", betonte Putin.

Putin erklärte, eine Regelung des Konflikts hänge von den Konfliktparteien ab. "Wir werden danach streben, den politischen Dialog zu verbessern, wir werden danach streben, den Verfassungsprozess zu befördern und auf dieser Basis zu einer völligen Normalisierung zu kommen. Wir werden danach streben, dass die Deeskalationszonen zu Zonen der Zusammenarbeit zwischen Damaskus und den Oppositionskräften werden", erklärte der russische Präsident.

Kommentare

gut gemacht herr kurz! weg mit diesen sinnlosen blockaden, die russland bloß weiter separieren. es geht NICHT ohne dieses land in europa! das sollten schön langsam ALLE kapieren!

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