Schlagstock als Souvenir

Küssel wieder vor Gericht - Anklagepunkt gegen Rechtsextremisten fallen gelassen

von Der Prozess gegen den Rechtsextremisten Gottfried Küssel ist fortgesetzt worden. © Bild: APA/Fohringer

Bei dem Gegenstand handelt es sich um einen sogenannten Belegnagel, einen abgerundeten und unten verjüngten Stab, der auf Segelschiffen verwendet wird, um an ihm Taue festzumachen. Das Mitbringsel sei ihm vor 30 Jahren von einem Bekannten aus dem Urlaub auf Fuerteventura mitgebracht worden, erklärte Küssel dem Schwurgericht (Vorsitz: Martina Krainz).

Dass die Herkunft in der Tat geklärt sein dürfte, belegt die Aufschrift "Fuerteventura" am Ende des Nagels, wobei darunter ein comichaft gezeichnetes Pärchen in einheimischer Tracht abgebildet ist.

Küssels Verteidiger Michael Dohr beantragte daraufhin die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Schifffahrtswesen, der in einem Gutachten feststellen möge, "dass der von der Anklage inkriminierte Gegenstand keine Waffe ist. Wenn das nämlich so wäre, wäre jeder Nudelwalker eine Waffe und jede Hausfrau eine Waffenträgerin".

Anklagepunkt fallen gelassen

Das Gericht schied allerdings nach kurzer Beratung diesen Anklagepunkt, der in dem Wiederbetätigungs-Prozess nur eine untergeordnete Rolle spielt, zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen aus dem laufenden Verfahren aus, wogegen Dohr heftig protestierte ("Das ist indizierte Willkür"). Demgegenüber wurde jedoch ein Strafantrag vom 4. Dezember 2012 gegen den Zweitangeklagten Felix B. wegen angeblich gefährlicher Drohung - er soll im Jahr 2008 in einem Internet-Forum wörtlich die "Stilllegung" von Antifaschisten mit einer Giftspritze empfohlen haben - in die Verhandlung einbezogen.

Weiters standen die Zeugenaussage einer Beamtin vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und das Gutachten des auf EDV spezialisierten Ziviltechnikers Kurt Judmann im Mittelpunkt der Verhandlung. Der Ziviltechniker konnte Küssel "keine unmittelbare Zuordnung" zu der rechtsextremen Homepage alpen-donau.info (ADI) bzw. dem zugehörigen Forum alinfodo.com (ADF) nachweisen.

Experte: Keine Verbindung zu rechten Seiten beweisbar

Küssel und den Mitangeklagten wird vorgeworfen, sich auf diesen Seiten rechtsextremistisch betätigt und somit gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben. Laut Anklage soll Küssel Auftraggeber für die Anmeldung der Domains und Ideengeber der ADI gewesen sein, die nach dem Vorbild der neonazistischen Plattform Altermedia gestaltet wurde. Auch mit der inhaltlichen Gestaltung sei Küssel befasst gewesen, hatte Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter zu Beginn des Schwurprozesses betont.

Felix B. schreibt Kronawetter die inhaltliche und redaktionelle Gestaltung der ADI zu, während Wilhelm A. der technische Mastermind gewesen sein soll, der im Auftrag Küssels die Domains organisiert habe. Wie Judmann nun darlegte, konnten bei Küssel aber weder Passwörter zur ADI bzw. zum ADF sichergestellt werden noch ließen sich Administratoren-Tätigkeiten belegen. Bei den beiden Mitangeklagten waren auf deren Computer-Festplatten passende Passwörter gespeichert, eine Nutzung war aber nur bei Felix B. eindeutig feststellbar, der laut Judmann damit einen Transfer von Daten auf ADF vorgenommen sowie Artikel für die ADI erstellt hat.

Auf explizite Nachfrage von Küssel stellte der Sachverständige fest: "Es gibt überhaupt keinen Hinweis, dass Sie dort etwas getan haben."

Leiterin des Extremismus-Referats sagte aus

Für Aufregung sorgte dann noch die zeugenschaftliche Einvernahme einer BVT-Beamtin, die in die langwierigen Ermittlungen gegen Küssel & Co involviert war. Bereits im vergangenen Mai hatte die Leiterin des Extremismus-Referats im BVT, Sybille Geissler, Proteste bei der Verteidigung ausgelöst, als sie Küssel im Zusammenhang mit der ADI als "Verantwortlichen, landläufig sprechen wir vielleicht auch von einem Betreiber" bezeichnete und auf "Sachbeweise, die wir haben" verwies, die sie dann aber selbst auf insistierendes Nachfragen nicht nennen konnte.

Die nunmehr vernommene BVT-Beamtin behauptete zunächst, Küssel habe sich im Internet unter dem Nickname "Heimatlos" einschlägig betätigt, was dieser sowie dessen Verteidiger Michael Dohr vehement bestritten. Auf die Frage, wie sie zu ihrer Aussage komme, meinte die 36-Jährige: "Wir vermuten es. Das ist das, was mir von der EDV übermittelt wurde."

Als es um einen BVT-Bericht vom 26. November 2008 ging, den unter anderem auch sie unterschrieben hatte und in dem Küssel ein wörtlich "nachweisbar" strafbares Verhalten angekreidet wurde, erklärte die Beamtin, sie sei "für diesen Bereich" nicht zuständig gewesen. Man sei "arbeitsteilig vorgegangen", daher habe auch sie unterschrieben. Gekümmert habe sie sich aber um einen anderen Verdächtigen. Sie fühle sich daher "nur für den Bereich verantwortlich, den ich bearbeitet habe. Alles andere wäre unseriös".

Die Zeugin legte weiters dar, weshalb ihres Erachtens der User, der seit der Inhaftierung von Felix B. unter dem Nickname "Prinz Eugen" auf dem deutschen Rechtsextremistenforum "Thiazi" postet, ein anderer ist als jener, der dort vorher Beiträge hinterlassen hatte. "Der erste 'Prinz Eugen' war Felix B. Der zweite verwendet eine andere Rechtschreibung und eine derbere Ausdrucksweise. Wir nehmen an, dass man versucht, den Inhaftierten reinzuwaschen und dass es sich um eine Verschleierungsaktion handelt."

Auf die Frage, ob sie eine spezielle Ausbildung habe, um die unterschiedlichen Ausdrucksweisen semantisch beurteilen zu können, bemerkte die Verfassungsschützerin: "Ich hab' in Deutsch maturiert."

Letzter Prozesstag

Der Prozess wird am Donnerstag in erster Instanz zu Ende gehen. Nach Verlesungen aus dem Akt werden Staatsanwalt und Verteidiger ihre Schlussvorträge halten, wobei Richterin Martina Krainz dafür insgesamt mindestens drei Stunden veranschlagt. Mit den Urteilen dürfte in den Abend-oder Nachstunden zu rechnen sein.

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