JVP-Feier:
Szenelokal erntet Shitstorm

Am Abend soll eine Gegenveranstaltung zur JVP-Feier vor dem Schikaneder stattfinden

Das Wiener Szenelokal Schikaneder ist einem Shitstorm ausgesetzt, weil es eine Veranstaltung der Jungen ÖVP hostet. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Lokal in die Kritik gerät, weil es Räumlichkeiten an Anhänger politischer Parteien vermietet oder – im Gegenteil dazu – keinen Zutritt gewährt. Wie viel Einfluss hat der Lokalbetreiber auf die Auswahl seiner Gäste?

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Protest - JVP-Feier:
Szenelokal erntet Shitstorm

Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass dem FPÖ-Politiker Johann Gudenus die Bedienung im Wiener Trendlokal "Club X" verwehrt wurde. Der Betreiber Sammy Zayed erklärte dies gegenüber Profil mit den Worten "Ich bin Österreicher mit Migrationshintergrund. Der Club steht für Weltoffenheit und Respekt. In diesem Wertekonstrukt geht sich der Herr Gudenus nicht aus." Etwa ein dreiviertel Jahr zuvor, machte das Café "Fett und Zucker" in der Wiener Leopoldstadt mit einem Schild vor der Eingangstür auf sich aufmerksam. Es forderte Hofer-Wähler dazu auf „bitte einfach weiterzugehen". Beide Lokalen erhielten für ihre Aktionen Zuspruch, mussten aber auch mit ordentlichem Gegenwind kämpfen. Neben Hasspostings und Drohungen auf Facebook; musste sich die Inhaberin von "Fett und Zucker" auch mit einem Gast auseinandersetzen, der als Reaktion zuerst mit Klopapier die Toilette verstopfte und dann die Zeche prellte.

Veranstaltung der JVP führt zu Gegendemo

Beim alteingesessenen Wiener Szenelokal und Kino Schikaneder ist es nun genau umgekehrt. Anstatt jemandem den Eintritt zu verwehren, lassen die Betreiber eine Parteiveranstaltung in ihren Räumlichkeiten zu: Die junge ÖVP Wien feiert am Dienstagabend ihren Neumitgliederempfang. Zum Entsetzen vieler Facebook-User. Seit die Veranstaltung über die Facebookseite der JVP öffentlich wurde, hat das Schikaneder mit einem regelrechten Shitstorm zu kämpfen.

»Handlanger rassistischer und elitärer Politik«

Dem als linksgerichtet bekanntem Lokal wird von Usern unter anderem vorgeworfen, sich zum „Handlanger rassistischer und elitärer Politik“ zu machen und „dem Rechtsruck in Österreich Raum zu bieten“. Ein User schreibt zudem: „Auf links machen und dann JVP-Veranstaltungen in den eigenen Räumlichkeiten zulassen. Typisch Österreich – Typisch opportunistisch“. Mittlerweile wurde sogar eine zeitgleiche Gegenveranstaltung vor dem Schikaneder angekündigt, bei der auf einer Bühne Musiker, Kunstschaffende und Redner auftreten werden.

Statement: Schikaneder sei politisch unabhängig

Das Schikaneder selbst äußerte sich in zwei Statements über Facebook. Im ersten Post war die Sprache davon, dass die Veranstaltung in Abwesenheit der Geschäftsführung freigegeben wurde und deshalb „die Einhaltung der Richtlinien für derartige Einmietungen nicht richtig geprüft und kommuniziert“ wurde. Man sei entsetzt, mit wie viel „Misstrauen, Hass, Verlogenheit, Scheinheiligkeit und Häme“ man konfrontiert sei. In einem zweiten Statement der Geschäftsführung wird die parteipolitisch unabhängige Ausrichtung des Lokals noch betont: „Die Angst das Schikaneder könne sich in Zukunft an das Establishment anbiedern ist vollkommen unbegründet“.

„Morddrohungen“ und „Kellnerin angespuckt“

Bei der Jungen ÖVP zeigt man sich indes geschockt über die Welle der Empörung auf Facebook. Nico Marchetti, Landesobmann der JVP Wien, ist überzeugt, dass die JVP mit der Anmietung des Schikaneder „nichts Falsches getan“ und „niemanden provoziert“ habe. Dem Vorwurf, bei der Anmietung aus Kalkül gehandelt zu haben, stellt er sich entgegen. Man habe das Schikaneder gemietet, weil man ein Video zeigen wolle und sich das dazugehörige Kino anbiete. „Das Schikaneder gehört nicht einer Gruppierung und viele JVPler gehen auch privat hierhin“, so Marchetti. Auf Facebook schreibt er davon, dass es Mordrohungen gegen die Betreiber gegeben habe und eine Kellnerin von den Gegnern der Veranstaltung angespuckt worden sei (Anm.: Die Geschäftsführung des Schikaneder war bis Redaktionsschluss für News nicht erreichbar und somit konnte die Aussage noch nicht bestätigt werden). „Wien und auch Österreich ist ein Ort, an dem Repression gegenüber Andersdenkenden keinen Platz hat“, betont Marchetti gegenüber News. Warum es nun erstmalig beim Neumitgliederempfang zu solchen Problemen kommt, kann der Landesobmann nicht verstehen. Im vergangenen Jahr habe man in der Ankerbrotfabrik gefeiert und es gab keine negativen Reaktionen.

ÖVP nicht reinlassen – Dürfen Gastronomen das?

Der Wiener Club "X" und das Café "Fett und Zucker" entschlossen sich, FPÖ-Politiker und ihre Anhänger nicht zu Bedienen. Das Schikaneder machte das Gegenteil und öffnete seine Räumlichkeiten für eine Parteiveranstaltungen. Alle drei waren mit großer Kritik zu ihrer Türpolitik konfrontiert. Doch inwieweit dürfen Gastronomen überhaupt den Eintritt in ihr Lokal einschränken?

»Grundsätzlich kann jeder Lokalbetreiber bestimmen, wer das Lokal betreten darf und wer nicht«

„Grundsätzlich kann jeder Lokalbetreiber bestimmen, wer das Lokal betreten darf und wer nicht“, heißt es in einem Statement des Fachverbandes Gastronomie der Wirtschaftskammer gegenüber News. Unproblematisch sei in diesem Zusammenhang beispielsweise ein bestimmter Dresscode. „Diese Dispositionsfreiheit findet dort Ihre Grenzen, wo Personen vom Lokalbesuch ausgeschlossen werden, die eine bestimmte Hautfarbe oder Nationalität haben, einer bestimmten Religion zugehörig sind oder eine Behinderung haben“, so die WKO. Und weiter: „Wer Personen rein aus diesen Gründen den Zutritt zu einem Lokal verwehrt, begeht eine Diskriminierung, kann sich strafbar machen und sogar die Gewerbeberechtigung verlieren“. Bei den Wiener Lokalen steht allerdings nicht die Hautfarbe, Religion oder Nationalität im Mittelpunkt, sondern die politische Ausrichtung. Lässt ein Lokal im Rahmen seines Hausrechts also bestimmte politische Gruppierungen nicht hinein, dann ist dies kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz und wäre somit – rein rechtlich – "unproblematisch“.

Auch wenn die Türpolitik rein rechtlich unproblematisch ist, bleiben die Drohungen über Facebook. Sollten die Betreiber des Schikaneders Anzeige erstatten, dann kann dies durchaus Folgen für die Hassposter haben.