In einer kurzen Ansprache erklärte der 81-jährige Napolitano, dass die Vertrauensabstimmung im Parlament die einzige Lösung für die politische Krise in Rom sei. Die Bedingungen für die Auflösung des Parlaments und für Neuwahlen seien nicht gegeben. "Die Mitte-Links-Allianz ist überzeugt, weiter regieren zu können. Ich hoffe auf eine stabile und glaubwürdige Regierung", sagte der Präsident, der am Donnerstag und Freitag eine Konsultationsrunde mit allen Parteichefs geführt hatte.
"Regierungspakt"
Prodi hatte nach einer Abstimmungsniederlage im Senat über seine Außenpolitik sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Daraufhin hatte er seine bisherigen Koalitionäre auf einen "Regierungspakt" eingeschworen, der insbesondere Positionen zu den wichtigsten Streitpunkten zwischen den neun beteiligten Parteien festlegte und die Stellung des Ministerpräsidenten stärken soll. Die Parteien von Prodis Mitte-Links-Koalition begrüßten Napolitanos Entscheidung, den Rücktritt des Regierungschefs abzulehnen. Die Regierungsparteien hatten bei der Konsultationsrunde mit dem Präsidenten ihr Vertrauen in den Premier bekräftigt.
Unterstützung gesucht
Nun beginnt für Prodi die heikle Suche nach Parlamentariern, die ihn unterstützen. Dabei kann er mit der Hilfe des Christdemokraten Marco Follini rechnen, der sich mit Oppositionschef Silvio Berlusconi überworfen hat. Follini hatte vor wenigen Monaten die christdemokratische Oppositionspartei UDC verlassen und eine eigene Gruppierung - "Italien der Mitte" (Italia di Mezzo) - gegründet. Follini erklärte sich bereit, im Parlament für Prodis Regierung zu stimmen.
Ausgelöst wurde die jüngste politische Krise von einer Abstimmungsniederlage über die Außenpolitik im Senat, in der es auch um die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes ging. Anders als im Abgeordnetenhaus hat die Koalition im Senat nur eine knappe Mehrheit. Sie ist dort auf die Unterstützung der sieben auf Lebenszeit ernannten Senatoren angewiesen. Mit einer Vertrauensabstimmung im Senat wird deshalb nicht vor dem kommenden Mittwoch gerechnet, weil dann Ehrensenatorin Rita Levi Montalcini von einer Konferenz in Dubai zurückgekehrt sein wird.
"Zwölf-Punkte-Programm"
In den vergangenen Tagen hatte Prodi seine bisherigen Partner schriftlich auf ein Zwölf-Punkte-Programm verpflichtet, um sich Verlässlichkeit zu sichern. Zugleich arbeitete er hinter den Kulissen an einer Erweiterung seiner politischen Mehrheit, um künftige Abstimmungsniederlagen zu vermeiden. Das bisherige Bündnis galt als äußerst brüchig, da es von der extremen Linken bis zu katholischen Gruppierungen in der politischen Mitte reichte.
Opposition will Prodi-Rücktritt
Die Opposition warnte vor einem Verbleib des Premiers. "Prodi hat dem Land bereits genug Schaden zugefügt, er soll gehen", sagte der ehemalige Ministerpräsident Berlusconi, der derzeit laut Meinungsumfragen bei einer Neuwahl gute Chancen auf eine Rückkehr an die Macht hätte. Der Chef der christdemokratischen Oppositionspartei UDC, Lorenzo Cesa, sagte, er respektiere Napolitanos Entscheidung, doch das Land werde darunter leiden. "Wir werden weiterhin dem Todeskampf dieser Mehrheit zusehen", meinte Cesa. (apa/red)