"Leidenschaft alleine ist für
Politiker in Zukunft zu wenig"

Die Besetzung politischer Ämter ist nicht immer klar nachvollziehbar. Und war es besonders in jüngerer Vergangenheit nicht. Wir haben deshalb mit Personalberater Florens Eblinger über die Qualifikation von Politikern gesprochen und auch, wie der berufliche Weg nach der politischen Laufbahn aussehen kann.

von
Politik - "Leidenschaft alleine ist für
Politiker in Zukunft zu wenig"

Es soll Teile in der österreichischen Bevölkerung geben, die nicht verstehen, warum Politiker bestimmte Posten bekommen. Fehlt ihnen einfach nur die Expertise? Sehen Sie das mit anderen Augen?
Florens Eblinger: Von außen ist es immer schwierig zu beurteilen, ob jemand für einen Posten qualifiziert ist oder nicht. Wenn jemand aus der Politik kommt, hat er in gewisser Art und Weise immer eine farbliche Zuordnung, die dann polarisiert oder die die Qualifikation anzweifeln lässt. Und es stimmt - es gibt immer wieder Besetzungen, wo man sich selbst nach dem dritten Mal Hinschauen die Frage stellt, warum die Person jetzt dort gelandet ist und warum nicht ein qualifizierterer Manager den Job bekommen hat.

Also klassischer Postenschacher?
Man muss schon sehr klar unterscheiden: Nicht alle Postenbesetzungen, die aus der Politik heraus erfolgen, sind tatsächlich als Postenschacher im klassischen Sinn zu bezeichnen. Verallgemeinern kann man das nicht, da würde man vielen guten Politikern nichts Gutes tun. In der Privatwirtschaft haben wir ein klares Bild davon, wie gewisse Dinge gehandhabt werden, in der Politik funktioniert das ein bisschen anders. Da hinter die Kulissen zu blicken ist nicht ganz einfach.

»Das Bild ergibt sich nicht klar, warum Herr Sidlo diese Position erhalten hat«

Gibt es aktuelle Postenbesetzungen in der Politik, die Sie nicht nachvollziehen können?
Da würde ich mir jetzt adhoc schwer tun, weil ich nicht alle Lebensläufe kenne. Auch kenne ich auf der Auftraggeberseite weder das genaue Anforderungsprofil noch die Unterlagen und Konzepte der Kandidaten. Im Fall um die Vorstandsbesetzung bei den Casinos ergibt sich aber auch bei näherer Betrachtung nicht klar das Bild, warum Herr Sidlo diese Position erhalten hat.

Passend zum Thema: Die Aktuere in der Casinos-Affäre

Würden Sie Peter Sidlo also nicht für den Casag-Vorstand empfehlen? Was spräche aus Ihrer Sicht dafür und was dagegen?
Es gibt ja auf der einen Seite die fachliche Qualifikation, über die man diskutieren kann. Es gibt aber natürlich auch – und das ist wahrscheinlich bei den Casinos Austria durch die doch schwierige Eigentümerstruktur gegeben – die Vertrauenskomponente, die eine wesentliche Rolle spielt. Gerade dann, wenn das Auskommen mit anderen Eigentümern nicht immer ganz einfach ist und man nicht immer am selben Strang zieht, ist man bemüht, jemanden in eine Position zu setzen, der aus den eigenen Reihen stammt. Das darf man nicht außer Acht lassen, weil das Interessen der Eigentümer sind, die durchaus legitim sind.

Also doch eine legitime Entscheidung?
Es ist zu klären, wie hat diese Entscheidung stattgefunden hat und was alles damit verbunden war. Gäbe es einen Chatverlauf, wo man Herrn Sidlo gemeinsam mit anderen Kandidaten für qualifiziert und gut befunden hätte, ihn aber für vertrauenswürdiger hält, dann wäre das eine klassische Konversation, wie das in anderen Projekten auch stattfindet.

Wenn es allerdings Verläufe gibt, die zusätzlich zur Besetzung des konkreten Postens Nebenabsprachen beinhalten, dann stellt sich natürlich die Frage, was da alles dranhängt. Eine Schlussfolgerung, dass hier möglicherweise nicht alles lupenrein abgelaufen ist, wäre dann auch nicht abwegig.

»Experten hat man auch so schon im jeweiligen Ministerium sitzen«

Nehmen wir ein Gerücht als Beispiel: Wäre Gernot Blümel aus Ihrer Sicht mit seinem Lebenslauf als Finanzminister geeignet?
Gernot Blümel ist ein Vollblutpolitiker und ein Ministeramt ist tatsächlich eine Position, wo man traditionell in erster Linie auch solche Vollblutpolitiker reinsetzt und weniger Fachexperten. Experten hat man auch so schon im jeweiligen Ministerium sitzen.

Der Weg vom Kulturminister zum Finanzminister wäre also kein Problem?
Es liegt in der Entscheidung eines Kanzlers und einer Regierung, dass sie sich überlegen, welche wichtigen Ressorts unter den Kollegen verteilt werden. Da gehört Gernot Blümel sicherlich zum ganz nahen Umfeld von Sebastian Kurz, das würde aus dem Gesichtspunkt der Historie schon passen. Nicht jeder Kulturminister hat auch tatsächlich ein kunsthistorisches Studium abgeschlossen, ich glaube, die wenigsten sogar. Entsprechende Studienabschlüsse findet man an anderen Stellen, wo die Expertise dann auch wirklich gefordert ist, deutlich seltener als Minister.

Und wie schätzen Sie es ein, dass Harald Mahrer drei Präsidentschaften in einer Arbeitswoche unter seinen Hut bringt?
Man kann sich das nur so vorstellen, dass er im Hintergrund sehr, sehr viele gute Leute hat, die selbständig ihren Job machen. Nach außen hin ist er zwar das Gesicht der jeweiligen Rolle, aber im Hintergrund arbeiten inhaltlich möglicherweise viele andere fleißige Mitarbeiter zu. Tatsächlich könnte man jede seiner Präsidentschaften auch als Vollzeitjob verstehen und dann ginge es sich in der Fülle natürlich nicht mit einer Arbeitswoche aus.

Der Sheriff sitzt also im Schaukelstuhl und die Deputys jagen die Kriminellen?
An einen Schaukelstuhl denke ich da ehrlich gesagt nicht. Ich glaube, Mahrer tut wirklich sehr viel und ist ein Politiker der neuen Generation, der macht seine Kilometer und versucht nach bestem Wissen und Gewissen alle Agenden unter einen Hut zu bringen. Ich hätte auch nichts Negatives vernommen, dass das Arbeitspensum für ihn zu hoch sei.

Von außen betrachtet ist man natürlich schon dazu verleitet, diese Belastbarkeit zu bezweifeln. Und es wäre wahrscheinlich auch für die meisten Manager tatsächlich zu viel. In dem Bereich muss man organisiert sein und gute Teams um sich geschart wissen, die einen bestmöglich mit Informationen versorgen und die Termine koordinieren.

Was ist Ihrer Ansicht nach die perfekte Ausbildung für einen Politiker, wenn man offenbar so vielfältig einsetzbar sein sollte?
Ich glaube, dass ein wirtschaftliches Studium von großem Vorteil ist, weil das gerade in der Politik von großer Bedeutung ist. Es soll auch ein Studium geben, das sich „Politikwissenschaften“ nennt (lacht) . Da kann man natürlich darüber diskutieren, wie sinnvoll das ist. Leidenschaft alleine ist für Politiker in Zukunft meiner Ansicht nach jedenfalls zu wenig.

Die häufigsten Jobs nach der Politik sind Lobbying und Beratung. Gibt es eine Alternative dazu?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten, das hängt sehr stark von Rollen und von Aufgaben ab. Und nicht zuletzt von den Ansprüchen des Eigentümers eines jeweiligen Unternehmens. Für ein großes Industrieunternehmen mit einer hohen Exportquote und mit öffentlichen Aufträgen kann es durchaus Sinn machen, auf einen ehemaligen Politiker zurückzugreifen, der in der Regel über ein großes Netzwerk verfügt.

»Auch vom Bildungsweg ist nicht so viel da, dass man Herrn Strache dringend in einer Führungsaufgabe nötig hätte«

Und im Falle eines politischen Schiffbruchs: Was würden Sie Herrn Strache für seine berufliche Zukunft empfehlen?
(lacht) In der österreichischen und internationalen Privatwirtschaft würde mir adhoc nichts einfallen, wo man Herrn Strache als reichlich qualifiziert einstufen könnte. Da ist auch vom Bildungsweg nicht so viel da, dass man Herrn Strache dringend in einer Führungsaufgabe nötig hätte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er einen realistischen Zugang zu den tollen Jobs hat.

Der Weg in die Selbständigkeit vielleicht?
Das könnte Thema sein. Aber wenn man aus der Politik kommt und möglicherweise nicht mehr das beste Image hat, dann wissen wir von anderen Beispielen aus jüngerer Vergangenheit wie Grasser und Meischberger, dass auch das wahnsinnig schwierig ist. Es gibt viele Unternehmen, die mit solchen Ex-Politikern nicht zusammenarbeiten können, das geht sich hinten und vorne nicht mehr aus.

Also doch nur die Politik?
Eigentlich schon. Mir würde nichts einfallen, wo ich das Gefühl hätte, man hätte auf jemanden wie Strache gewartet. Ein klassischer Job in der Privatwirtschaft in Form eines CEOs oder CFOs ist aus meiner Sicht für ihn nicht möglich.

© Eblinger & Partner

Zur Person: Florens Eblinger ist Geschäftsführender Gesellschafter der Personalberatung Eblinger & Partner. Seit knapp drei Jahrzehnten bietet Eblinger & Partner mit knapp 30 MitarbeiterInnen Personalberatung und Executive Search auf höchstem Niveau und auf nationaler sowie internationaler Ebene an.