Der Plan des Prinzen

Mohammed bin Salman ist ein "politischer Gambler, der die Arabien durch Stellvertreterkriege destabilisiert"

von Christoph Lehermayr © Bild: News/Ian Ehm

Das Ritz Carlton in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad gleicht einem Traum aus "Tausendundeiner Nacht". Luxus, wie ihn gerade US-Präsident Trump liebt, der im Mai dort abstieg, als ihn gleich die erste Auslandsreise ins Wüstenreich führte. Die Bilder seines Schwerttanzes in der Hotellobby gingen damals um die Welt. Ein halbes Jahr später beherbergt das Ritz erneut prominente Gäste. Diesmal haben sie aber unfreiwillig eingecheckt. Elf korrupte Prinzen aus dem Clan der Herrscherfamilie werden seit Wochen dort festgehalten. Auf Matratzen kauern sie im selben Hotel, in dem Trump noch tanzte. Es ist ein bizarrer Palastputsch, der einem Plan folgt.

Seinem Plan: Mohammed bin Salman, der im Juni zum Kronprinzen aufstieg. Sein greiser Vater, König Salman, hat den 32-Jährigen für Großes vorgesehen. Weshalb ihn Medien sogleich als Erwecker der Klerikaldiktatur priesen, da Frauen auf sein Geheiß künftig zumindest selbst Auto fahren dürfen. Auch seine Vision, ganze Städte in die Wüste und ins Meer zu setzen, erfuhr Huldigung. Was zeigt, wie wenig reicht, um Freunde der Ölscheichs in Verzückung zu versetzen. Und sie vor allzu viel Kritik zu bewahren. Etwa im Nachbarland Jemen, das bin Salman noch als Verteidigungsminister mit Flächenbombardements belegte. Der Krieg dort führte zur größten humanitären Katastrophe unserer Zeit. Cholera, keine Medikamente, 1,5 Millionen hungernde Kinder und eine Welt, die kaum etwas davon erfährt. Auch, dass die Saudis den Krieg in Syrien über Jahre befeuerten, indem sie islamistische Rebellen unterstützten, blieb eher eine Randnotiz. Was an Waffendeals in Milliardenhöhe liegen könnte, die bin Salman schon unter Obama abschloss und die mit Trump weiter wachsen. Und alles aus Angst, der schiitische Erzfeind Iran könnte in der Region an Einfluss gewinnen. Was er auch tut, da die Kriegsspiele des ungestümen Thronfolgers bisher ins Verderben führten. Einen "politischen Gambler, der die arabische Welt durch Stellvertreterkriege destabilisiert", nannte ihn daher der deutsche Geheimdienst schon 2015. Und behielt recht.

Denn nun ist bin Salman "All in" gegangen. Trumps einseitige Festlegung gegen den Iran verleiht ihm Rückenwind. Sodass der Kronprinz erst daheim nach aller Macht greift und Kritiker in den Kerker schickt, der nur für milliardenschwere Familienangehörige noch im Ritz Carlton liegt. Der Anspruch auf die sunnitische Führungsmacht führt ihn nun in den Libanon. Dessen Premier musste aus Riad seinen nicht ganz freiwillig wirkenden Rücktritt verkünden, nachdem er sich zuvor der vom Iran beherrschten Hisbollah-Miliz angenähert hatte. Bin Salam, der junge Heißsporn, setzt alles auf eine Karte, was für die Region selbst nichts Gutes verheißt und Folgen weit über sie hinaus hat.

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