Glawischnig und ihre
Bitte um Verständnis

Mit ihrem Job beim Glücksspielkonzern Novomatic schockt Eva Glawischnig die Grünen. Eine Erklärung fällt schwer.

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Politik - Glawischnig und ihre
Bitte um Verständnis

Muss man verstehen, dass jemand, der lange in einer Partei gewerkt hat, die von Gegnern gerne als "chaotisch" tituliert wird, der viele Debatten - vom kleinsten Problem bis zu den eigenen hohen moralischen Ansprüchen -erlebt hat, dem Reiz eines gut bezahlten, geordneten Jobs in einem internationalen Glücksspielunternehmen erliegt? Viele Grüne und ihre Wählerinnen und Wähler verstehen nicht, was die ehemalige Parteichefin Eva Glawischnig da tut, nämlich, künftig bei Novomatic im Management zu arbeiten.

Spricht man mit ihr über diese Empörung, versucht sie, zu erklären, wann und wie sie sich dem nicht nur von ihrer Ex-Partei kritisierten Konzern angenähert hat. "Es war mir klar, dass meine Entscheidung viele irritieren, manche auch ärgern wird", sagt sie und erzählt, wie sie sich ab dem Jahr 2006 mit dem Konzern politisch und auch auf dem Rechtsweg "recht leidenschaftlich auseinandergesetzt hat. Doch im Zuge dieser unterschiedlichen Standpunkte hat sich ein konstruktiver Dialog entwickelt, dafür bin ich Novomatic-Chef Harald Neumann sehr dankbar. Im Zuge dessen habe ich besser verstanden, worum es in dieser Branche geht. Das hat von Anfang an eine Riesenfaszination auf mich ausgeübt."

Während die Grünen das Verbot des kleinen Glücksspiels forcieren, lehnt Glawischnig ein solches ab, sagt, sie sei nie für ein Totalverbot gewesen: "In Wien hat mit dem Verbot die illegale Szene erst zu wachsen begonnen. Das ist aus Sicht des Spielerschutzes und des Jugendschutzes eine absolute Katastrophe. Es ist wie bei allen gesellschaftlich spannenden oder gefährlichen Dingen: Wohin führt ein Verbot, wohin führt Regulation?" Denn, so sagt sie: "Das Spielen verbieten? Der Mensch spielt seit drei Jahrtausenden." Mit dem Glücksspielgesetz von 2010 sei der Zugang zu den Spielautomaten wesentlich strenger geregelt als früher, es gebe damit Möglichkeiten der Prävention, meint sie. "Genau hier kann und will ich bei Spielerschutz, also Responsible Gaming, und ökologischer Produktion einen Beitrag leisten. Man mag das jetzt verstehen oder nicht: Ich glaube nicht, dass ich bei einer NGO noch irgendjemanden überzeugen kann. Aber diese Standards bei einem internationalen Industriebetrieb weiterzuentwickeln, ist eine spannende Geschichte."

Eine Entfremdung

Und es klingt ihrerseits Unverständnis oder sogar Entfremdung gegenüber den Grünen durch, wenn sie sagt: "Es muss ja auch erlaubt sein, wenn man sich 20,30 Jahre eingesetzt hat, dass man etwas ganz anderes macht. Ich bleibe den Werten und meiner kritischen Gesinnung ja treu." Aber, so sagt sie: "Eine gewisse Risikofreude hat mich immer schon ausgezeichnet, sonst wäre ich nicht in die Politik gegangen."

Ob andere Jobangebote für ihre Partei verträglicher gewesen wären? "Das weiß ich nicht", überlegt sie. "Ich kann nur sagen, dass das Geld nicht der ausschlaggebende Grund für meine Entscheidung war. Ich hätte dahingehend bessere Angebote gehabt. Diese wären allesamt im Industriebereich gewesen und hätten vermutlich ebenso für Irritation gesorgt." Und wenn frühere Mitstreiter nun die Straßenseite wechseln würden? Glawischnig nachdenklich: "Das ist deren Entscheidung. Ich kann nur sagen, dass ich dieselbe geblieben bin. Ich ändere nicht meine Einstellung. Aber ich habe auch die Freiheit, einen Job aussuchen zu dürfen, der mich einfach reizt."

"Ich habe immer versucht, Rücksicht auf alle zu nehmen", sagt sie. Pause. "Ich bin seit acht Monaten Privatperson, habe mich seit meinem Abschied aus der Politik bedeckt gehalten, niemanden kritisiert, keinen Ton zu irgendetwas gesagt. Jetzt habe ich eine Entscheidung für ein Unternehmen getroffen, dort bin ich nun in einer Managementposition. Lasst es mich einfach mal versuchen."

Dieser Artikel ist in der Printausgabe von News Nr. 11/2018 erschienen.