"FPÖ-Familie": Warum
der Begriff so heikel ist

Immer wieder spricht die FPÖ von der "freiheitlichen Familie". Was für eine Strategie steckt dahinter und warum ist solch eine "emotionale Nähe" bedenklich?

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Politik - "FPÖ-Familie": Warum
der Begriff so heikel ist

"Strache soll Teil der freiheitlichen Familie bleiben", man bleibe weiterhin eine "starke freiheitliche Familie" - die FPÖ bezeichnet sich in den letzten Wochen stärker als Familie anstatt als Partei. Wieso ist das so? Was für eine Strategie steckt dahinter? Und wie riskant ist solch ein Vokabular? Stefanie Mayer, Politologin an der FH Campus Wien, hat zum framing der FPÖ geforscht. Die Wissenschafterin sieht es als bedenklich an, wenn "emotionale Nähe politikbestimmend wird".

News: In den letzten Tagen wurde vermehrt von der "freiheitlichen Familie" gesprochen. Was steckt hinter diesem Familienbegriff? Warum spricht die FPÖ nicht von Partei?
Stefanie Mayer: Mit dem Begriff der Familie werden ganz andere Assoziationen verbunden als mit dem der Partei – 'Familie' das steht für Geborgenheit, für Nähe und für unbedingte Solidarität. Der Begriff bezeichnet eine natürliche Gemeinschaft, die wir normalerweise nicht bewusst auswählen und die uns als ganze Menschen aufnimmt. 'Familie' ist damit geradezu das Gegenteil von Parteipolitik, die ja der Vertretung von bestimmten Interessen dient. Im politischen Kontext von 'Familie' zu sprechen, ist auf Grund dieser positiven Assoziationen natürlich verlockend. Demokratiepolitisch ist es allerdings bedenklich, wenn emotionale Nähe politikbestimmend wird und rationale Überlegungen in den Hintergrund treten.

»Führt zu völliger Verantwortungslosigkeit«

Welche Botschaft soll vermittelt werden, wenn es beispielsweise heißt "Strache soll Teil der freiheitlichen Familie bleiben"?
Die Entschuldigung von – auch schwerem – Fehlverhalten ist genau eine der Stärken von Familien, die hier auf den politischen Bereich übertragen werden soll. Auf emotionaler Ebene ist die Formulierung daher unmittelbar einleuchtend: Zumindest dem Idealbild nach, halten Familien zusammen, verzeihen Fehler und bieten gerade in schwierigen Situationen Halt. Genau diese Werte werden hier auf den politischen Bereich übertragen. Sinngemäß lautet die Botschaft: „Strache mag einen Fehler gemacht haben, doch egal was passiert, wir halten zu ihm.“ Das Problem ist, dass eine solche Haltung in der Politik zu völliger Verantwortungslosigkeit führt. Etwas überspitzt: Für politische Spitzenfunktionen müssen andere Maßstäbe gelten, als für die Beziehung zwischen Eltern und Kindern.

Welchen Einfluss hat solch ein Vokabular auf die WählerInnen?
Die Frage kann ich nicht allgemein beantworten – sicher ist nur, dass WählerInnen sich aus ganz unterschiedlichen Gründen für verschiedene Parteien entscheiden. Intendiert ist mit dem Familien-Begriff aber natürlich eine starke und umfassende Identifikation mit der Partei – man gehört schließlich auch ganz zu einer bestimmten Familie, während man umgekehrt in einem interessenorientierten System durchaus je nach Thema mit unterschiedlichen Parteien übereinstimmen kann. Wie sehr das von den WählerInnen aber auch so angenommen wird, ist schwer zu beurteilen. In Forschungsarbeiten zeigte sich allerdings, dass auch Mitglieder und FunktionärInnen an der Basis der FPÖ die Partei in erster Linie als Gemeinschaft wahrnehmen, die Zugehörigkeit und emotionale Sicherheit bietet. Verallgemeinern lässt sich das aber nicht.

»Wiederholung kann zu Normalisierung führen«

Medien übernehmen teilweise jene Begrifflichkeiten, welchen Einfluss hat das?
Medien können hier die Rolle eines Verstärkers spielen, wenn sie die Selbstdarstellung von Parteien oder auch anderen politischen Gruppierungen unkritisch übernehmen. Etwas verkürzt lässt sich sagen, dass Wiederholung zu Gewöhnung und damit zu Normalisierung führt. Weitergedacht kann das Verständnis einer Partei als ‚Familie‘ so zu einem Bild von Politik führen, in dem diese nicht mehr als Streit um bessere Lösungen gesellschaftlicher Probleme, sondern als Familienfehde erscheint. Problematisch ist das deshalb, weil damit keine inhaltliche Auseinandersetzung oder gar Überzeugungsarbeit mehr stattfinden kann. Wenn nur noch die Zugehörigkeit zu dieser oder jener ‚Familie‘ über die politische Positionierung entscheidet, kann keine politische Debatte mehr stattfinden.

»FPÖ arbeitet stark mit Bedrohungsszenarien«

Sie haben zum framing der FPÖ geforscht. Was sind Ihre Ergebnisse?
Das ist nicht leicht zusammenzufassen, weil es dabei natürlich auch auf das jeweilige Thema ankommt. Generell hat sich gezeigt, dass die FPÖ stark mit Bedrohungsszenarien arbeitet, die Angst erzeugen und gleichzeitig die Partei als einzige Retterin darstellen sollen. Zudem stilisieren sich die FPÖ und ihr Vorsitzender gerade nicht als Vertreter von bestimmten Interessen, sondern als unmittelbares Sprachrohr der WählerInnen – in den Slogans „Er sagt, was ihr denkt“ (Haider) bzw. „Er sagt, was Wien denkt“ (Strache) kam das ganz deutlich zur Geltung.

Vorausblickend auf den Wahlkampf – Welche Kommunikationsstrategie wird die FPÖ anwenden?
Solche Prognosen sind gefährlich, da sich – wie die letzten Wochen bewiesen haben – in der Politik vieles schnell ändern kann. Ich sehe aber keinen Grund, warum die FPÖ ihre bislang so erfolgreichen Strategien aufgeben sollte. Völlig Identifikation von Partei und WählerInnen einerseits, Konstruktion von klaren Gegensätzen (‚Wir‘ gegen ‚die Anderen‘) andererseits, Abwehr von politischer Verantwortung durch die Selbstdarstellung als Opfer – ich denke all das werden wir auch im kommenden Wahlkampf erleben. Interessant wird aus meiner Sicht, wie weit andere Parteien dieses Rezept zu kopieren versuchen.

Kommentare

Nein, nein, dass ist nicht im übertragenen Sinn gemeint. Wenn Phillipa ihrem geliebten Gatten in den Nationalrat folgt, seht ihr was damit gemeint ist!

Warum hat Herr Pilz die Liste Pilz (Liste Jetzt) gegründet und nicht eine Partei.

Stephan Pestitschek

Familie ist ein schöner Begriff mit Hintergrund. Das Wort Partei können die meisten Menschen nicht mehr hören. Mir sind familiäre Bindungen und Kontakte tausend mal lieber als jede Parteibuchwirtschaft oder gar "Parteifreunde". Die and- Parteien vertreten die Interessen der EU, von Hr. Soros, Spekulanten, Banken und Konzernen. Ich will mir Politiker, die die Interessen des eigenen Volkes vertreten

Roland Mösl

Bei all den Anti Familienmist, ist es gut, wenn da eine Partei ist, die zu solchen Werten steht.

Eine Familie hat auch Mütter und Kinder .
In dieser "Familie" gibt's es fast nur Männer.

AdLa melden

Mit dieser Methode werden Wähler und Wählerinnen nicht unbedingt überzeugt, sondern manipuliert, indem man starke familiere Bindung vorgibt.

maximal1 melden

Welche Partei möchte nicht manipulieren?
Jeder Mensch versucht den anderen zu manipulieren, damit er seiner Meinung ist. Man kann auch sagen, man versucht, den anderen Menschen zu überzeugen.

Freemind melden

`...und nur weil jeder versucht jeden zu malipulieren ist es ok

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