Felipe: "Die Grünen
haben einiges geändert"

Die Tiroler Spitzenkandidatin will wieder regieren

Schaffen es die Grünen wieder in die Tiroler Landesregierung? Ingrid Felipe gibt sich zuversichtlich. Aber die Vergangenheit sitzt ihr im Nacken, die Konkurrenz schläft nicht, und ganz Österreich schaut am 25. Februar genau hin

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haben einiges geändert" © Bild: News Muehlanger Roland Auftrag

Keine Zeit, den Kopf hängen zu lassen. Nur wenige Monate nach der Nationalratswahl im Oktober, bei der die Grünen aus dem Parlament flogen, steht eine Reihe von Landtagswahlen an. Nach Niederösterreich noch Tirol, Kärnten und Salzburg. Und überall müssen die Grünen beweisen, dass es ein Leben nach dem 15. Oktober gibt. Helga Krismer schaffte es Ende Jänner, im niederösterreichischen Landtag zu bleiben. Als nächste muss Ingrid Felipe in Tirol liefern. Die 6,43 Prozent, die bei Krismer als Erfolg durchgingen, werden diesmal nicht reichen: Die Tiroler Grünen sind in der Landesregierung, als Juniorpartner von Günther Platters ÖVP. Und dort wollen sie auch bleiben.

Klarer und gerader

Es sei eine "Herausforderung" gewesen, sagt Felipe, sich nach dem Wahldebakel, für das sie als zwar kurzzeitige, aber immerhin Bundessprecherin maßgeblich mitverantwortlich war, neu zu sortieren. "Wir haben in unserer Kampagne, auf unseren Plakaten und in der Art und Weise, wie wir in den Dialog mit den Wählerinnen und Wählern gehen, einiges geändert", sagt sie, "wir sind klarer und gerader heraus."

»Wir haben einiges geändert«

Hauptthema des Wahlkampfs ist Umweltschutz. Die Grünen inszenieren sich in Tirol als "Umweltfighter", die gegen "Betonierer", "Gasfüße" und "Seilbahnkaiser" kämpfen. Klingt ein bisschen wie aus einem Comicbuch, ist aber wahrscheinlich der neue Stil, den sie meinen. "Es geht uns darum, unser wunderschönes Land für die nachfolgenden Generationen zu erhalten", sagt Felipe. Die Tirolerinnen und Tiroler seien, glaubt sie, "an sich zufrieden mit der schwarz-grünen Landesregierung". Ein Wahlerfolg soll diese These nun stützen. Muss. Sonst ist es vorbei mit der Regierungsverantwortung. Und mit der zarten grünen Hoffnung, die zwischen Innsbruck und Wien keimt, auch. Leicht wird es jedenfalls nicht am 25. Februar.

Gemütliche Suche

Die Tiroler Gemengelage in ein paar knappen Stichworten: Platters ÖVP, zuletzt bei 39,35 Prozent, wird ein Zugewinn prognostiziert, er kann sich in den nächsten Wochen gemütlich auf die Suche nach einem Koalitionspartner begeben.

Derer gibt es potenziell viele: Die FPÖ, geleitet von Markus Abwerzger, darf laut Umfragen mit einem ordentlichen Stimmenplus rechnen, womöglich einer Verdoppelung gegenüber 2013 (9,34 Prozent), und möchte sehr gerne in die Landesregierung. Allerdings gab es zuletzt Unstimmigkeiten rund um den umstrittenen ORF-Beitrag über den Tiroler FPÖ-Wahlkampf; Abwerzger fand Platters "Schweigen" dazu "unerträglich", wie er mitteilen ließ. Der Bundestrend dagegen spräche für eine rechtskonservative Koalition. Elisabeth Blanik von der SPÖ (2013: 13,74 Prozent) kokettiert seit Monaten mit der Oppositionsrolle, stünde aber bei "sattem Votum" ebenfalls zur Verfügung. Neos-Kandidat Dominik Oberhofer brachte sogar eine schwarz-pinke Koalition ins Spiel, wozu die Jungpartei allerdings erst einmal den Einzug in den Landtag, also fünf Prozent schaffen müsste.

Und die Grünen?

Unermüdlich betont Ingrid Felipe die Erfolge der schwarz-grünen Koalition: "Ich bin davon überzeugt, dass die Grünen in der Regierung dem Land Tirol gutgetan haben. Der Standort hat sich entwickelt, wir haben super Arbeitsmarktdaten, einen sicheren Wirtschaftsstandort, es wird in Tirol niemand zurückgelassen, es gibt guten Zusammenhalt und sozialen Frieden. Darauf möchten wir aufbauen. Wir haben noch viel vor."

»Ich bin davon überzeugt, dass die Grünen in der Regierung dem Land Tirol gutgetan haben«

Viel Spielraum hat sie allerdings nicht. Mit 12,59 Prozent zogen die Grünen 2013 in die Regierung ein. Eine Umfrage, die Ende Dezember im Auftrag der "Tiroler Tageszeitung" durchgeführt wurde, sah sie bei zwölf Prozent. Doch die politischen Zeiten sind turbulent, und Stimmungen ändern sich schnell. Auf sehr viel weniger als zehn Prozent dürfen die Grünen wohl nicht kommen, wenn sie nach dem 25. Februar im Koalitionspoker mitspielen wollen.

Felipe will sich nicht auf konkrete Zahlen festlegen. "Ich bin mit dem Ergebnis der Landtagswahl glücklich und zufrieden, wenn wir nach erfolgreichen und inhaltlich grünen Regierungsverhandlungen in der Landesversammlung das Go für die Fortsetzung der schwarz-grünen Landesregierung kriegen", sagt sie. Wie auch immer das dann genau funktioniert. Stichwort Mandate, Stichwort Verhandlungsgeschick.

»Ich habe den Eindruck, und das höre ich auch oft in Gesprächen, dass die Maske fällt.«

Um den Wählerinnen und Wählern auf die Sprünge zu helfen, sollen im Endspurt Warnungen vor einer möglichen ÖVP- FPÖ-Koalition helfen: "Es ist eine Richtungsentscheidung, ob man will, dass Schwarz-Blau bis ins Land Tirol durchregiert, oder ob man sagt, Tirol ist weiterhin anders, und wir bleiben auf dem erfolgreichen schwarz-grünen Kurs", sagt Felipe. "Ich habe den Eindruck, und das höre ich auch oft in Gesprächen, dass die Maske fällt. Das Täuschungsmanöver vor allem der Freiheitlichen, aber insgesamt der Bundesregierung, zu sagen, wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen ein gutes Leben haben, dann aber ganz gegenteilige Aktionen zu setzen, fliegt langsam auf."

Alltagsrassismus

Mit Protesten gegen Schwarz-Blau kennt sich Ingrid Felipe aus. Sie war Anfang 20, als sie unter der Regierung Schüssel politisiert wurde. "Im Protest gegen Studiengebühren und ein nicht vorhandenes Karenzgeld", erzählt sie. "Ich habe zwei Monate nach der Geburt meines Sohnes wieder arbeiten gehen müssen. Ich habe auch Alltagsrassismus erlebt, weil ich mit einem Ausländer verheiratet war. Deswegen bin ich in die Politik gegangen. Ich werde jedenfalls immer ein politischer Mensch sein, und wir Grüne haben bewiesen, dass wir auch Oppositionspolitik gut können." Sie selbst, sagt sie, stünde dafür "in irgendeiner Form ganz bestimmt" zur Verfügung.

» Ich habe auch Alltagsrassismus erlebt, weil ich mit einem Ausländer verheiratet war. Deswegen bin ich in die Politik gegangen«

Aber noch ist in Tirol alles offen. Und für die grüne Bewegung ist nach der Wahl vor der Wahl: Am 4. März wählt Kärnten, am 22. April Salzburg. In beiden Ländern sind die Grünen in der Regierung. Keine Zeit, den Kopf hängen zu lassen.

Ingrid Felipe: Die Spitzenkandidatin der Tiroler Grünen wurde 1978 in Hall in Tirol geboren. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre an der Uni Innsbruck. 2005 wurde sie Finanzreferentin der Grünen Alternative Tirol. Seit 2009 ist sie Landessprecherin der Tiroler Grünen, seit 2012 Landtagsabgeordnete, seit 2013 stellvertretende Landeshauptfrau. Von Juni bis Oktober 2017 war Ingrid Felipe außerdem Bundessprecherin der Grünen.

Dieser Artikel erschien im News-Magazin 7/2018.