Ein Samba für Hitler

Konwitschny inszenierte Egks umstrittene Oper "Peer Gynt" am Theater an der Wien

Hitler soll Werner Egks Opernvertonung von Henrik Ibsens "Peer Gynt" so gefallen haben, dass er ihm daraufhin sogar einen hoch dotierten Kompositionsauftrag erteilen ließ. Man kann es dem Theater an der Wien nicht hoch genug veranschlagen, dass es dieses Werk, das von den Spielplänen der Opernhäuser verschwunden ist, in einer scharfen, analytischen Deutung von Peter Konwitschny zur Diskussion stellt.

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Peer Gynt am Theater an der Wien © Bild: Werner Kmetitsch

Peer Gynt, in Gestalt des stimmlich und darstellerisch überragenden Bo Skovhus, träumt auf einer Wolke seinem Leben zu entfliehen. Im Hintergrund ist auf Helmut Brades karg ausgestatteter Bühne das Video eines Wolkenhimmel projiziert, es wird wiederkehren als Pausenbild zwischen den Szenen. Die Realität aber hat Peer Gynt nicht viel Angenehmes zu bieten. Als Träumer und Säufer wird er von der Dorfgesellschaft abgelehnt. Konwitschny zeigt eindrucksvolle Bilder auf einer Hochzeit. Das Individuum Gynt steht einer geifernden Mehrheit gegenüber. Er raubt die Braut, verstößt sie jedoch bald, weil er sich nach Solveigs Tugend und Reinheit sehnt.

Peer Gynt am Theater an der Wien
© Werner Kmetitsch

"Peer Gynt" erzählt von den Irrfahrten eines Mannes. Peter Konwischtny reichen wenige Mittel um mit Schärfe das Wesentliche zu zeigen. Peer Gynts Mutter lässt er kurz mit einer Maschinenpistole auftreten, um nach ihrem Sohn zu fahnden. Solveig ist mit einer Blindenbrille ausgestattet. Die beiden Frauen in Gynts Leben werden zu Randfiguren der Gesellschaft, wie er selbst.

Der Komponist Egk schuf aus der norwegischen Geschichte kein großes, bedeutendes Werk, aber ein musikhistorisches Abbild seiner Zeit. Egk spielt gekonnt mit Stilrichtungen: Dass er das Werk mit Elementen bekannter Schlager aus dem Berlin der Dreißigerjahre in komischen Szenen überfrachtet, ist nett und harmlos anzuhören.

Peer Gynt am Theater an der Wien
© Werner Kmetitsch

Wie Plagiate von Brecht/Weill-Opern klingen Szenen, die in den dunklen Gegenden der Trolle der spielen. Jazz-, Tango-, Samba-Rhythmen erklingen, wenn davon erzählt wird, wie Gynt in Amerika durch Waffenschieberei zu Geld gekommen ist. Musik, die von den Nationalsozialisten abgelehnt und gar "Negermusik" genannt wurde, brachte Egk damit in Verbindung, was seinem Helden Peer Gynt schadet. Dem gegenüber steht Solveigs Lied an den Schluss. Eine vor Kitsch triefende, schwülstige Arie. Das Werk ist nach den Kriterien des Kunstverständnisses der Nationalsozialisten gefertigt. Das erklärt auch, weshalb Hitler gegen eine Oper, die mit Jazz-Elementen nicht spart, nichts hatte und die Karriere des Komponisten gefördert hat.

Neben Bo Skovhus erhöht Maria Bengtsson mit ihrem klaren, wunderbaren Sopran die Partie der Solveig. Mit Natascha Petrinsky, Nazanin Ezazi und Stefan Cerny sind auch kleineren Partien wie der Rest des Ensembles sehr gut besetzt. Von Leo Hussein am Pult des ORF-Radiosymphonieorchesters lässt sich nur Gutes berichten. Der Besuch dieser Produktion lohnt.

Weitere Infos auf: www.theater-an-der-wien.at
Gespielt wird bis 1. März

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