Weiter Aufregung
um ÖVP-Parteispenden

Drei Großspender zahlten mehr als die 9.260 Kleinspender zusammen - Kurz: "Gibt immer nur Aufregung, wenn ÖVP unterstützt wird"

Die Debatte um die Parteispenden der ÖVP geht weiter. Nachdem die Tiroler NEOS und die FPÖ Aufklärung forderten, versuchte es die ÖVP mit einem Gegenangriff und kritisierte die SPÖ anlässlich des Donauinselfests. ÖVP-Chef Kurz sah sich als Angepatzten und meinte: "Es gibt immer nur Aufregung, wenn die Volkspartei unterstützt wird." Indes zeigte ein Vergleich, dass drei Großspender der ÖVP im Wahljahr 2017 mehr bezahlt haben als 9.260 Kleinspender zusammen.

von
Parteifinanzen - Weiter Aufregung
um ÖVP-Parteispenden

Dass drei Großspender der ÖVP im Wahljahr 2017 mehr bezahlt haben als 9.260 Kleinspender zusammen, zeigt der Vergleich der von Sebastian Kurz im Wahlkampf veröffentlichten Spenderliste mit den Freitag von der ÖVP vorgelegten Zahlen. Zwar hat Kurz 2017 wohl tatsächlich ähnlich viel Geld eingeworben wie Alexander Van der Bellen im Präsidentschaftswahlkampf 2016. Beim heutigen Bundespräsidenten stammte der Großteil aber aus Kleinspenden.

"Immer Aufregung, wenn Volkspartei unterstützt wird"

Die ÖVP verteidigt ihre erst nachträglich vollständig vorgelegte Großspenderliste mit Verweis auf den Präsidentschaftswahlkampf 2016. So betonte Parteichef Sebastian Kurz am Sonntag, dass auch Alexander Van der Bellen damals drei Mio. Euro an Spenden lukriert hat. "Es gibt immer nur Aufregung, wenn die Volkspartei unterstützt wird", beschwerte sich Kurz.

Unterschiede zu Van der Bellen

Der Vergleich der Spendenbilanz von Kurz und Van der Bellen zeigt allerdings deutliche Unterschiede. So hat Van der Bellen mit drei Mio. Euro zwar ähnlich viel Geld eingeworben, wie das die ÖVP am Freitag für die Bundespartei eingeräumt hat (2,96 Mio. Euro). Allerdings stammen bei Van der Bellen zwei Drittel der Gesamtsumme von über 20.000 Kleinspendern, die knapp 2,1 Mio. Euro einzahlten. Die drei größten Einzelspender (Hans Peter Haselsteiner, SLE Schuh und Johannes Baillou, der auch Kurz unterstützte) bezahlten bei Van der Bellen 415.000 Euro.

Bei der ÖVP stammte mit den am Freitag nachgelieferten Zahlen dagegen nicht einmal ein Drittel aus Kleinspenden von 3.500 Euro oder weniger. Sie haben laut den von Sebastian Kurz im Internet (https://www.sebastian-kurz.at/spendenuebersicht) veröffentlichten Angaben 919.396 Euro eingebracht. Und: Die drei größten Einzelspender Klaus Ortner (438.000 Euro), Stefan Pierer (436.563) und Martin Böhm (100.000) haben gemeinsam 974.563 Euro bezahlt, also mehr als die 9.260 Kleinspender zusammen.

ÖVP musste Spendenbilanz deutlich nachbessern

Und ein weiterer Unterschied zwischen Van der Bellens Wahlkampagne und jener der ÖVP: Die nach der Wahl veröffentlichte Spendenbilanz Van der Bellens unterscheidet sich bis auf einige Tausend Euro kaum von der schon im Wahlkampf online veröffentlichten Spendenliste. Die ÖVP musste ihre Spendenbilanz für das Wahljahr am Freitag dagegen deutlich nachbessern, nachdem eine hohe Spende des Tiroler Bauinvestors Klaus Ortner bekannt geworden war.

Nur 2,1 Mio. veröffentlicht - aber viel mehr geflossen

Im Wahlkampf hatte VP-Chef Sebastian Kurz nämlich nur 2,1 Mio. Euro an Spenden auf seiner Internetseite veröffentlicht. Tatsächlich sind nach Angaben der ÖVP im Wahljahr aber fast drei Mio. Euro an die Bundespartei geflossen und weitere 1,4 Mio. Euro an Landes-, Gemeindeorganisationen und Abgeordnete. Online veröffentlicht wurde das nicht, weil - so die ÖVP - die Differenz auf die drei Mio. Euro nicht im Wahlkampf geflossen sei, sondern vorher oder nachher. Zudem hat bei der ÖVP die Stückelung in mehreren Teilbeträgen eine sofortige Veröffentlichung beim Rechnungshof verhindert. Aktuell liegt die Schwelle dafür bei 51.000 Euro.

ÖVP-Kritik an SPÖ-Donauinselfest

Indes kritisierte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer die SPÖ. "Dass die SPÖ angesichts der rund 1,5 Steuermillionen für ihr Parteifest in Feierlaune ist, verwundert nicht", so Nehammer, der an die Kritik des Rechnungshofes erinnerte. Die SPÖ ließ die Kritik nicht auf sich sitzen.

Die SPÖ als Mitveranstalterin und Hauptsponsorin des Donauinselfests habe "in enger Abstimmung" mit dem Rechnungshof aktiv eine umfassende Dokumentation über alle Abläufe vorgelegt und zu allen monierten Punkten Stellung genommen, erklärte SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak in einer Aussendung. Zudem habe man in den Bereichen, wo zusätzliche Unterlagen gefordert wurden, die entsprechenden Dokumente zeitnah nachgeliefert. Der Rechnungshof-Rohbericht hatte die Fördervergabe der Stadt an parteinahe Großevents - darunter das Donauinselfest - kritisiert. Etwa wurde bemängelt, dass im Rathaus Abrechnungen nur mangelnd kontrolliert würden.

Das Finanzierungssystem des roten Wien funktioniere offenbar perfekt, so Nehammer: "Vereine wie das 'Wiener Kulturservice' können sich über üppige Förderungen freuen. Und das ohne detaillierte Projektbeschreibungen, wie der Rechnungshof bereits des Öfteren kritisierte." Im Dunkeln bleibe auch, wie die Bilanz des Donauinselfestes aussieht, oder wer etwaige Gewinne einstreift, bemängelte Nehammer: "Wie hoch die Sponsorings stadtnaher Betriebe für den SPÖ-Verein sind, ist ebenso ein gut gehütetes Geheimnis." Es seien derartige Vereine wie das "Wiener Kulturservice", die sich als nützliche Gehilfen im Sinne der Intransparenz erweisen. "Deshalb fordern wir, dass all diese Vereine als nahestehende Organisationen geführt werden und somit an den Rechnungshof berichten müssen. Ansonsten bleibt der Verdacht, dass hier öffentliche Gelder über Umwege in Parteikassen fließen", so der ÖVP-Generalsekretär.

Novak wies die Anschuldigungen "aufs Schärfste" zurück: "Alle Abrechnungen liegen transparent, zuordenbar und nachvollziehbar vor." Nehammer solle vor seiner eigenen Türe kehren. "In Zeiten, in denen die ÖVP durch immer größer werdenden öffentlichen Druck, bezüglich intransparenter finanzieller Unterstützung von Großspender, in Erklärungsnotstand gerät, wirkt dieser versuchte Angriff fast schon absurd", meinte die SPÖ-Landesparteisekretärin.

Mikl-Leitner verteidigte Parteispenden

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag Spenden an Parteien grundsätzlich verteidigt. Diese seien "per se nichts Unanständiges". Die aktuelle Debatte schade dem "Image der Politik" und lasse den Eindruck entstehen, "als ob die gesamte Politik korrupt wäre".

Es brauche "Transparenz und Offenheit", denn diese seien die "besten Voraussetzungen für Vertrauen". Derzeit ortete Mikl-Leitner aber "viel Unsicherheit und Unzufriedenheit" im Zusammenhang mit der Parteienfinanzierung. Daher sollte man darüber reden, wie man ein besseres Regulativ schaffen könne. Sie sei "froh", dass verschiedene Vorschläge auf dem Tisch liegen. Diese müssten jetzt von den Parteien auf Bundesebene diskutiert werden. Es seien alle "angehalten", sich an einen Tisch zu setzten. Wenn das "Ibiza-Video" etwas Gutes gehabt habe, dann die Debatte in Gang gebracht zu haben.

Die niederösterreichischen Volkspartei verfüge jedenfalls über keine Großspender, so Mikl-Leitner. Auch könne sie Umgehungen der gesetzlichen Vorgaben ausschließen. Ihre Landespartei lege alles offen und halte alle Regulative ein. Ob sie sich eine Lösung vorstellen könne, bei der der Landesrechnungshof im Sinne eines föderalen Ansatzes die Landesparteien extra prüfe, meinte die niederösterreichische Landeschefin: "Mir ist jeder Vorschlag recht, wenn er sinnvoll ist." Zunächst müsse aber ein konkreter Vorschlag auf den Tisch. Wenn es dann Nachjustierung auf Landesebene braucht, sei sie "offen".

Das sagt Van der Bellens Team

Der Wahlkampfleiter von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Lothar Lockl, verwahrt sich gegen den zuletzt von der ÖVP gezogenen Vergleich zwischen den Spenden bei der Nationalratswahl 2017 und der Präsidentschaftswahl 2016. "Die laufende Debatte um die Nationalratswahl kann man mit der Bundespräsidentenwahl nicht vergleichen", sagte Lockl.

Lockl hält die beiden Wahlen aber nicht für vergleichbar - schon allein deshalb, weil es sich bei der Bundespräsidentenwahl eine Persönlichkeitswahl handelt und es keine Parteienförderung für die Kandidaten gebe. "Wenn man bei der Bundespräsidentenwahl Spenden nicht zulässt, dann hätten Kandidaten, die nicht die Unterstützung einer der großen Parteien haben, de facto keine Chance", so Lockl.

Spenden für Van der Bellen offengelegt

Außerdem verweist der Wahlkampfmanager Van der Bellens darauf, dass die Spenden für den heutigen Bundespräsidenten alle im Internet offengelegt wurden. "Wir haben das immer zeitnah veröffentlicht." Außerdem habe man trotz des extrem langen Wahlkampfes die Wahlkampfkostengrenze von sieben Millionen Euro eingehalten. "Wir haben, obwohl es sich um drei Wahlgänge gehandelt hat und trotz der Panne mit den Wahlkuverts, die Kostengrenze eingehalten", betonte Lockl.

Bei der Nationalratswahl 2017 hat die ÖVP anstatt der erlauben sieben Millionen Euro 13 Mio. Euro ausgegeben, die FPÖ 10,7 und die SPÖ 7,4 Mio. Euro. Außerdem hat die ÖVP nur einen Teil ihrer Spenden auf der Homepage von Parteichef Sebastian Kurz veröffentlicht. Eine Reihe von Großspenden hat die Volkspartei erst unter öffentlichem Druck am Freitag nachgereicht.

Kommentare

Mailyn P.

Hätte er sich und die ÖVP nicht immer als die sauberste Partei von allem präsentiert, hätte er jetzt das Problem nicht.....aber er ist ja gesegnet, was soll ihm da noch Böses widerfahren?

Seite 1 von 1