SPÖ: Mehr als ein Viertel muss gehen

27 der 102 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung angemeldet - Mitarbeiter wütend auf Rendi-Wagner

Ihre triste finanzielle Lage zwingt die SPÖ zu harten Einschnitten. Wie Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bei einem Pressegespräch Dienstagvormittag bekannt gab, werden 27 der 102 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung angemeldet. Der Schuldenstand der Partei beträgt rund 14,9 Millionen.

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Verschuldete Partei - SPÖ: Mehr als ein Viertel muss gehen

Vorzeitig aufgelöst bzw. verbilligt werden die umstrittenen Berater-Verträge mit dem ehemaligen Kanzlersprecher Nedeljko Bilalic und der Leykam.

An individuellen Lösungen wird gearbeitet

Wie viele Mitarbeiter von der Partei tatsächlich zu Jahresende gekündigt werden, ist noch unklar. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch hofft, dass sich bis dahin etliche andere Jobs gefunden haben werden. Man arbeite hier mit dem Betriebsrat auch individuell an Lösungen. Die Belegschaft wurde am Vormittag informiert, deren Vertretung bereits am Freitag.

Zusätzlich zu den 27 zur Kündigung angemeldeten Beschäftigten verliert die Löwelstraße auch noch weitere Mitarbeiter, deren Verträge auslaufen bzw. die in Pension gehen. Deren Zahl nannte Deutsch nicht. Auch sagte er nicht, in welchen Bereichen der Personalabbau erfolgen wird.

»Wir werden mit weniger Mitarbeitern mehr leisten müssen«

Parteichefin Pamela Rendi-Wagner stellte klar: "Wir werden mit weniger Mitarbeitern mehr leisten müssen." Dass die SPÖ Kündigungen vornehmen müsse, gehe ihr "menschlich sehr nahe".

Freilich ist für Rendi-Wagner der nun eingeschlagene "Stabilisierungskurs" alternativlos. Bei ihrer Amtsübernahme sei ihr ein Rucksack voller Steine umgehängt worden, erklärte die Parteichefin und meinte damit größtenteils die 14 Millionen an Schulden, die sie vorgefunden habe. Dazu seien dann noch zwei bundesweite Wahlkämpfe gekommen, entschuldigte sie indirekt das Ansteigen auf 14,9 Millionen aktuell.

Keine Vergangenheitsbewältigung

Vergangenheitsbewältigung wollte Rendi-Wagner keine betreiben und damit ihre Vorgänger auch nicht direkt belasten. Das funktionierte indirekt, indem die Parteiführung darauf hinwies, dass 2016 der Mitarbeiterstab noch bei 86 Personen gelegen sei, von ihrem Vorgänger Christian Kern also deutlich aufgestockt wurde.

Neben den Kündigungen setzt die Partei auch bei den Beraterverträgen an, unter anderem beim umstrittenen des ehemaligen Kanzlersprechers Nedeljko Bilalic. Dieser soll mit Ende kommenden Jahres auslaufen und deutlich billiger werden. Statt 24.000 Euro im Monat werden 2020 nur 8.000 und damit ein Drittel ausbezahlt, bei entsprechend geringerem Arbeitsaufwand. Ob man danach einen neuen billigeren Vertrag aufsetzen könnte, blieb offen.

Vertrag mit Leykam läuft aus

Ebenfalls auslaufen wird der Beratervertrag mit der Leykam, deren Vorstand der frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher ist. Dieser geht Mitte 2020 zu Ende, allerdings läuft ein Einzelprojekt noch 1,5 Jahre weiter.

Ziel ist für Deutsch, dass schon im kommenden Jahr ein ausgeglichenes Budget gelingt. Ende 2025 hofft der Bundesgeschäftsführer, dass die SPÖ schuldenfrei ist. Deutsch hofft bis dahin auch auf mehr Spenden. Vielleicht habe man in der Vergangenheit auf diesen Bereich zu wenig geschaut. Wie man mit den Räumlichkeiten in der Löwelgasse umgehe, wenn es nun weniger Personal gebe, ließ Deutsch offen. Ausziehen wird man aus der Parteizentrale jedenfalls nicht.

Den genauen Budgetplan wird Deutsch dann der Partei am 9. Dezember vorlegen. Da tritt ein Parteivorstand zusammen.

Rendi-Wagner Ziel von Angriffen

Ziemlich heiß hergegangen sein dürfte es bei der Betriebsversammlung. Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern war vor allem Parteichefin Pamela Rendi-Wagner Ziel von teils erzürnten Angriffen der Mitarbeiter, die die wirtschaftliche Kompetenz der Parteiführung anzweifelten.

Brunner legt Funktion zurück

Für weiteren Unmut sorgte, dass die Belegschaft im Unklaren gelassen wurde, wer von den Kündigungen betroffen sein könnte. Eine spielt schon gar nicht mehr mit: Die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin Andrea Brunner gab bekannt, dass sie diese Funktion zurücklegt. Im Sold der Partei bleibt sie freilich dadurch, dass sie als Bundesfrauensekretärin beschäftigt ist.

Kein Thema war das Sanierungspaket bei der Klubsitzung der Partei, die statt Rendi-Wagner ihr Stellvertreter Jörg Leichtfried leitete. Dort stellte man offenbar inhaltliche Weichen - nämlich in Richtung Zustimmung zu einem Untersuchungsausschuss, über dessen inhaltliche Ausgestaltung zwischen Ibiza und Casino noch mit den anderen Parteien Einvernehmen erzielt werden muss.

Deutlich höhere Personalkosten als alle anderen Parteien

Der angekündigte Mitarbeiterabbau kommt nicht von ungefähr: Wie aus den Rechenschaftsberichten der Bundespartei hervorgeht, hat die SPÖ deutlich höhere Personalkosten als alle anderen Parteien. Dazu kommen nach der schweren Niederlage bei der Nationalratswahl deutliche Verluste bei der Parteienförderung.

Weil die Einnahmen und Ausgaben der Parteien stark schwanken - je nachdem, ob es sich um ein Wahljahr handelt oder nicht - sind die einzelnen Jahre nur schwer miteinander vergleichbar. Über mehrere Jahre hinweg fällt aber auf, dass der Personalanteil bei der SPÖ deutlich höher ausfällt als bei anderen Parteien. Im Gegenzug bleibt ein geringerer Teil der Einnahmen für den Wahlkampf.

Die Zahlen im Detail

Von 2014 bis 2017 hat die SPÖ in Summe 65,3 Mio. Euro eingenommen. Davon flossen 21,4 Mio. Euro in Personal (32,8 Prozent) und 24,6 Mio. Euro (37,7 Prozent) in im weitesten Sinne wahlkampfbezogene Aktivitäten (Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und die Bundespräsidentenwahl 2016). Zum Vergleich: Die ÖVP hat mit 60,7 Mio. Euro ähnlich viel eingenommen, aber nur 14,4 Mio. Euro (23,8 Prozent) für Personal und fast 32 Mio. Euro (52,6 Prozent) für wahlkampfbezogene Ausgaben verbucht.

Nationalratswahl verschärfte Situation

Verschärft wird die Situation der SPÖ nun durch die schwere Niederlage bei der Nationalratswahl Ende September. Allein bei der Parteienförderung verlieren die Sozialdemokraten laut Berechnungen des Politikwissenschafters Hubert Sickinger 1,7 Mio. Euro, dazu kommen weitere Einschnitte bei Klub- und Akademieförderung. Hatte die Bundespartei heuer noch Anspruch auf 8,48 Mio. Euro pro Jahr, sind es ab 2020 nur noch 6,7 Mio. Euro. Freilich betont Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, dass diese Einbußen so gut wie gar keine Auswirkungen auf den Sparplan hätten, der auch bei einem besseren Abschneiden eingeleitet hätte werden müssen.

Auch FPÖ muss sich auf Minus einstellen

Auf ein noch höheres Minus von 3,2 Mio. Euro muss sich die FPÖ einstellen. Sie hat die Personalkosten ihrer Bundespartei allerdings ohnehin bereits auf das nötigste gedrückt. Über vier Jahre gerechnet flossen nur knapp zwei Mio. Euro (sechs Prozent der Gesamteinnahmen) in Personal und 24,4 Mio. Euro (fast 70 Prozent) in Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und die Präsidentenwahl. Möglich war das u.a. deshalb, weil Personal im Parlamentsklub angestellt und weil Generalsekretär und Wahlkampf-Mastermind Herbert Kickl von der Wiener Landespartei bezahlt wurde.

Bei NEOS und Grünen lagen die Personalkosten in den Jahren 2014 bis 2017 bei knapp einem Fünftel der Gesamteinnahmen.