Wer wird der heilige Schneider?

Kampf um die Papst-Roben ist ausgebrochen. Schneidereien rittern um Auftrag.

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    Papst Benedikt schlüpft in seine rote Robe. Seit 1793 kleidet die Familie Gammarelli die Purpurträger im Vatikan ein. Wer der Schneider des neuen Papstes wird, ist aber noch unklar.

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    Schneider Filippo Gammarelli hat für den Fall schon einmal drei Versionen für ein neues Papst-Outfit genäht. Die (Aus)Maße des neuen Papstes sind schließlich noch nicht bekannt.

Die Schneiderei, die den Auftrag aus dem Vatikan erhält, muss bis zum Beginn des Konklave drei komplette Papst-Roben anfertigen - in den Größen Small, Medium und Large. Da unklar ist, welche Statur der neue Pontifex haben wird, müssen verschiedene Gewänder genäht werden. Noch heute wird in Rom gerne die Geschichte von Johannes XXIII., dem "guten Papst", erzählt: Der füllige Italiener habe in seinem viel zu engen Gewand wie eine "Knackwurst" ausgesehen. Als er 1958 nach dem "Habemus papam" ("Wir haben einen Papst") auf die Loggia des Petersdomes trat, musste die Rückennaht aufgetrennt werden. Zu jeder Papstrobe gehören auch Hütchen, Umhang, Schärpe, Soutane, rote Schuhe und einiges mehr.

Was Armani und Versace für die weltliche Mode sind, ist das römische Schneiderhaus Gammarelli für die Würdenträger des Vatikans. Tradition wird in dem Geschäft unweit des Pantheons im Herzen der Ewigen Stadt, das den römisch-katholischen Klerus seit 1793 ausstattet, großgeschrieben. Gegründet wurde die Schneiderei von Giovanni Antonio Gammarelli unter dem Pontifikat Pius VI. "Unsere Schneiderei hat hunderte Bischöfe und Kardinäle sowie die Päpste Pius IX, Johannes XXIII, Paul VI, Johannes Paul I, Johannes Paul II. und Benedikt XVI. bedient", berichtet Annibale Gammarelli, der mit seinem Sohn Massimiliano den Laden in der Via Santa Chiara führt.

Herstellung in Handarbeit
Zwar werden die Maße mittlerweile per Computer genommen und auch Kreditkarten akzeptiert, doch ist die Bedienung persönlich geblieben, und die Gewänder werden fast ausschließlich in Handarbeit hergestellt. Das gilt auch für die mehr als 30 Knopflöcher der Kardinalssoutane. Eine ganze Wand des spärlich erleuchteten Ladens nehmen Regale mit Stoffballen aus Wolle und Seide ein - rot für Kardinäle, violett für Bischöfe und schwarz für Priester. Im Erdgeschoß werden die Geschäfte über eine uralte hölzerne Theke abgewickelt, die mit altmodischen Zuschneidegeräten, Nähmaschinen und Bügeleisen ausgestattete Schneiderwerkstatt ist im ersten Stock untergebracht.

Gammarelli hat während Benedikts Pontifikat den Titel als offizieller "Hausschneider" des Vatikans behalten, obwohl Konkurrent Euroclero die Kleidung Benedikts angefertigt hat. Euroclero genoss das vollste Vertrauen Ratzingers während seiner Zeit Kurienkardinal. Als der dann zum Papst gewählt wurde, mochte er auch als Benedikt XVI. nicht auf die Dienste seines Lieblingsschneiders verzichten. Das Oberhaupt der katholischen Kirche setzte seinen Willen gegen Gammarelli durch. Dieser soll verschnupft gewesen sein, und so beschloss der Vatikan, dass sich die alten Schneider weiterhin "päpstlich" nennen dürfen - ein nicht zu unterschätzender Marktvorteil im Segment.

Eleganter Ratzinger
Benedikts Sinn für Mode hat in seinen Pontifikatsjahren häufig für Aufsehen gesorgt. 2008 wurde er von der Zeitschrift "Esquire" zum elegantesten Mann der Welt gekürt. 2005 erschien er zur Adventszeit bei einer Audienz auf dem Petersplatz in einer pelzbesetzten Mütze, die an den Weihnachtsmann erinnerte. Die Kopfbedeckung mit der Bezeichnung "camauro" ging jedoch, wie sich herausstellte, auf das Mittelalter zurück . Zu anderer Gelegenheit trug Benedikt einen prächtigen roten Samtumhang mit Hermelinbesatz - ein weiteres traditionelles päpstliches Kleidungsstück, das lange in Vergessenheit geraten war.

Als Benedikt 2008 leuchtend rote Slipper trug, kursierten Gerüchte, der Papst würde Prada-Schuhe tragen. Die Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" erwiderte, dass das Interesse des Papstes an Kleidung nichts mit Mode, sondern mit der Liturgie und deren Symbolen zu tun habe. "Der Papst trägt deshalb nicht Prada, sondern Christus", schrieb das Blatt.

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