Paar soll vier Kinder wöchentlich verprügelt haben: Prozess in Wien

Mann war 2011 bedingt aus 15-jähriger Haftstrafe wegen Mordes entlassen worden

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Vielmehr habe sich die Frau im Vorfeld mit dem Kindesvater einen erbitterten Sorgerechtsstreit geliefert, sagte der Anwalt des 44-jährigen Mannes, Helmut Graupner. Nachdem die 40-Jährige von Kärnten nach Wien gezogen war, soll der Kindesvater teilweise in wöchentlichen Abständen Pflegschaftsanträge gestellt haben, damit er die Obsorge erhält. Nachdem die Kinder Kontakt mit ihrem Vater hatten, hätten sich die Anschuldigungen zunächst gegenüber der Mutter, danach auch gegen den neuen Freund, von Mal zu Mal gesteigert, sagte der Verteidiger in seinem fast eineinhalbstündigen Eröffnungsplädoyer.

Nach ihrer Scheidung lernte die 40-Jährige 2011 den 44-jährigen Zweitbeschuldigten in Oberlaa kennen und lieben. Der Angeklagte war kurz davor aus einer 15-jährigen Freiheitsstrafe entlassen worden - er hatte seine Ehefrau erschossen, weil sie nicht mit ihm kuscheln wollte. Nach Verbüßung von mehr als neun Jahren wurde der Mann vorzeitig bedingt entlassen. Der 44-Jährige zog bald mit der Vierfachmutter in ein Reihenhaus in Wien, gemeinsam mit den drei Söhnen und der Tochter der Frau.

Ab da sollen die Misshandlungen begonnen haben. Das Paar soll die im Tatzeitraum unmündigen Kinder zwischen 2011 und 2014 gezüchtigt, gedemütigt und gequält haben. Laut der Staatsanwältin wurde den Kindern immer wieder der Mund mit dampfendem Wasser und Geschirrspülmittel ausgewaschen. Einer der Buben wurde angeblich stundenlang an den Heizkörper gekettet, sodass ihm die Geschwister eine Flasche für die Notdurft reichten mussten.

Ein anderes Mal sollen die Kinder in ihrem Zimmer eingesperrt worden sein, indem die Türklinken abmontiert wurden. Einen der Buben soll der Mann auch mehrfach sexuell missbraucht haben. Der 44-Jährige soll zudem den Burschen mit vorgehaltener Waffe gedroht haben, endlich brav zu sein. Der Beschuldigte war nach seiner Verurteilung eigentlich mit einem Waffenverbot belegt.

Nach einem Besuch zu Ostern 2014 beim leiblichen Vater in Kärnten kam der älteste Sohn - der zunächst jahrelang keinen Kontakt zu dem Mann gehabt hatte - "völlig verändert" zurück, erzählte die 40-Jährige. Bei einem Streit um den Aufbau eines Ikea-Kastens soll es "erstmals", wie die Frau ausführte, zu Handgreiflichkeiten gegenüber dem 13-Jährigen gekommen sein. Daraufhin alarmierte der Bursche seinen Vater, der sofort das Jugendamt in Wien verständigte. 2014 kamen die Kinder in ein Kriseninterventionszentrum.

Zunächst erzählte der mittlerweile 16-jährige älteste Sohn von den Misshandlungen, danach auch die anderen drei Kinder. Der Mutter und ihrem Lebensgefährten werden sexueller Missbrauch von Unmündigen, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses, Körperverletzung, fortgesetzte Gewaltausübung und Freiheitsentziehung vorgeworfen. Die Verhandlung unter der Schöffensenatsvorsitzenden Sonja Höpler-Salat wurde am Nachmittag mit zahlreichen Zeugenbefragungen fortgesetzt.

Mutter über Vorwürfe erstaunt

Die vierfache Mutter, die der Misshandlungen an ihren Kinder bezichtigt wird, zeigte sich am Donnerstagnachmittag bei ihrer Aussage erstaunt. Sie könne sich die Vorwürfe nicht erklären und hält ihren Ex-Ehemann für die treibende Kraft, dass ihre Kinder sie dermaßen beschuldigen.

"Ich konnte mir nicht annähernd vorstellen, dass so etwas wie heute passiert", sagte sie im Hinblick auf die Verhandlung im Wiener Straflandesgericht. Vor allem seien die schwerwiegendsten Vorwürfe erst dann erhoben worden, als die Kinder bereits ein Jahr bei ihrem leiblichen Vater lebten. "Ich hab' gedacht, jetzt hat er (der Kindesvater, Anm.) ja, was er wollte", sagte die 40-Jährige. "Er benutzt die Kinder für sich und die tragen das ihr Leben lang herum, dass sie ihre Mutter beschuldigt haben", sagte die Frau, die bis vor kurzem als Lehrerin tätig war.

Der älteste Sohn, der als erster die Anschuldigungen gegen seine Mutter und deren Lebensgefährten erhoben hatte, habe mit 13 Jahren begonnen Schwierigkeiten zu machen, erzählte die gebürtige Deutsche. "Er hat angefangen zu lügen, deshalb waren wir auch in der Schule, weil er seine Lehrerin angelogen hatte", erzählte die 40-Jährige. Weil er seine Hausübungen nicht machen wollte, hat ihm die Mutter sein neues iPhone, das er vom Vater geschenkt bekommen hatte, weggenommen. "Da hat er gesagt, er wird so lange laut sein, bis er das Telefon wieder bekommt", so die Beschuldigte. Daraufhin sei er in sein Zimmer und habe lautstark Pfadfinderlieder gesungen und immer wieder Textpassagen wie "Ich will mein Telefon" oder "Mama foltert mich" eingebaut.

Die Frau versicherte, ihre Kinder nicht gequält zu haben. Der Älteste hatte etwa erzählte, dass er nach der Mundspülung mit dampfendem Wasser schmerzhafte Bläschen im Mund gehabt habe. "Ja, er hatte ein Bläschen im Mund. Deshalb waren wir auch beim Zahnarzt", sagte die 40-Jährige. Dabei handelt es sich um eine Aphte, die mit einer Tinktur behandelt wurde. Das hat ihm natürlich beim Essen und Trinken wehgetan."

Angebliche Würgemale am Hals des jüngsten Sohnes erklärte die 40-Jährige, dass dies durch den Halsausschnitt eines T-Shirts passiert sein könnte. Die drei Buben hätten miteinander gerauft und seien dabei auf den Jüngsten losgegangen. Da sei ihr Lebensgefährte eingeschritten und habe ihn am T-Shirt aus dem Tumult gezogen. Der Abdruck des Ausschnitts sei einige Tage zu sehen gewesen.

Nach der Zeugenaussage des Zweitbeschuldigten und des Kindesvaters wurde die Verhandlung vertagt.

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