Puccini mit Drive und Dramatik

Der Österreicher Sasha Goetzel dirigierte erstmals "La Bohéme" an der Staatsoper

Dass über Gedeih und Verderb einer Opernaufführung im Graben entschieden wird, zeigte Sasha Goetzel am Pult der Wiener Philharmoniker bei der Repertoire-Aufführung von Giacomo Puccinis "La Bohème". Ausdrucksstark entwickelte er im Orchestergraben Atmosphäre.

von
THEMEN:
Opernkritik - Puccini mit Drive und Dramatik © Bild: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Packt ein Dirigent bereits beim kurzen Vorspiel so stark zu, wie Sascha Goetzel, ließe sich das vorschnell als Jagd nach Effekten abtun. Doch rasch erschließt sich der Sinn. Goetzel ist ein Klangmaler, wie ihn Puccinis farbenreiche Partitur verlangt. Da wird Atmosphäre geschaffen, Spannung erzeugt, ohne dass die einzelnen Solostimmen des hervorragenden Klangkörpers ungenügend zur Geltung kommen.

Wird auf diese Weise musiziert, ist es auch nicht in Übermaßen tragisch, dass die Besetzung nicht in letzter Konsequenz mithalten kann, denn das Dirigat gleicht aus, was manche Stimmen nicht bringen – Strahlkraft. Der junge Chinese Jinxu Xiahou bestand zwar wacker sein Debüt als Rodolfo, ob er jedoch mit seinem stahlharten Tenor die Idealbesetzung ist, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Noch bescheidet sich die Ausdruckskraft der jugendlichen Stimme auf ein Kraftlackeltum. Anna Hartig indessen ist eine bewährte Mimi, die ihren höhensicheren Sopran zu führen weiß.

© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Die Staatsoperndebütanten Francesca Dotto und Javier Arrey klingen vielversprechend. Die gebürtige Italienerin Dotto zeigte, dass sie stimmlich und darstellerisch über ein ordentliches Maß an Ausdruck und Wandelbarkeit verfügt. Gab sie ihre Musetta in der Momus-Szene als authentische Schreckschraube mit einem nahezu schrillen Musette-Walzer, zeigte sie in den lyrischen Passagen dass ihr Sopran über ein breites Spektrum an Farben verfügt. Der Chilene Arrey überzeugte in jeder Hinsicht als Maler Marcello. Bewährt ergänzten Jongmin Park (Colline), Clemens Unterreiner (Schaunard) und Wolfgang Bankl (Benoit/Alcindor).

Dass Franco Zeffirellis Inszenierung in 422. Aufführung ob möglicher „Renovierungsarbeiten“ in manchen Szenen etwas überladen wirkt, kann der Dramatik im Graben nichts anhaben.

www.wiener-staatsoper.at
Nächste Vorstellungen: 17. und 20. November (auch im Livestream abrufbar)

Kommentare