Karl Stoss: "Sind nicht
auf Almosen angewiesen"

Karl Stoss, der Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees über die Chancen der Österreicher bei Olympia.

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Olympia - Karl Stoss: "Sind nicht
auf Almosen angewiesen"

Karl Stoss, der Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) kann sich vorstellen, dass es für Österreich bei den Winterspielen in Südkorea mehr Edelmetall "hereinschneit" als vor vier Jahren. In Sotschi wurden 17 Medaillen gewonnen (4/8/5). Die APA - Austria Presse Agentur bat Österreichs obersten Sportfunktionär zum Interview:

Es gibt ein gemeinsames Team Süd- und Nordkorea, was ist das für ein Zeichen?

Karl Stoss: Das ist ein enorm starkes Zeichen, dass hier das IOC diese Initiativen ergriffen hat. Einmal mehr ist der Sport wirklich völkerverbindend und friedenstiftend. Man hat ein gemeinsames Team auf die Beine gestellt, man marschiert gemeinsam unter einheitlicher Flagge ein und wartet sogar mit einem Mixed-Team im Damen-Eishockey auf, das finde ich toll. Dass Nordkorea 22 Sportlerinnen und Sportler nominiert hat, ist ein schönes Signal für die Weltöffentlichkeit.

»Einmal mehr ist der Sport wirklich völkerverbindend und friedenstiftend«

Die sportlichen Anforderungen haben nicht alle erfüllt, da drückt man aber gerne ein Auge zu, oder?

Da hat man sicherlich zwei Augen zugedrückt. Was aber auch richtig ist, da wird es sicherlich von keiner der Nationen einen Widerspruch geben, weil sich jeder mitfreut, dass wir in einer hoffentlich friedlichen Atmosphäre tolle Spiele erleben werden. Es wird sicherlich eine Riesenstimmung bei der Eröffnungsfeier sein, wenn die beiden (Korea/Anm.) einmarschieren.

Ein weiteres brisantes Thema im Vorfeld war die Russland-Doping-Causa. Nun dürfen einzelne, nachgewiesen saubere Athleten antreten. Eine Entscheidung für den Sportler?

Ich finde, das ist ein richtiges Signal, denn ich bin kein Freund von pauschalen Verurteilungen. Man hat die Offiziellen ausgeschlossen, auch das russische IOC-Mitglied. Das bedarf schon eines gewissen Mutes, denn Russland ist ja immerhin jemand, eine sehr erfolgreiche Nation. Man hat hier sicherlich auch Sportler zugelassen, die nie mit Doping in Berührung gekommen sind. Ich bringe immer das Beispiel von Turin, als damals der Doping-Skandal mit Österreich war, der sich ja im Nachhinein als etwas anderes herausgestellt hat, aber nichtsdestotrotz. Damals haben die Gremien auch beraten, ob man nicht die gesamte österreichische Olympia-Mannschaft nach Hause schickt. Da wären viele zum Handkuss gekommen, die nie etwas mit Doping zu tun gehabt hätten. Von daher finde ich diese Lösung eine sehr diplomatische. Es gibt Stimmen, die sagen, man hätte viel schärfer vorgehen sollen, es gibt aber auch Stimmen, die sagen, okay, mit dieser Lösung können wir absolut leben.

Winterspiele 2018 in Südkorea und 2022 in China - es gab in letzter Zeit vermehrt kritische Stimmen von Sportlern, die die Richtung, in die sich die Olympischen Spiele bewegen, verurteilen.

Das ist ein bisschen unfair, diese Stimmen, die sich jetzt erheben. Das sind all jene, die auch einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten, dass sie tatsächlich nie mehr hier in alpinen Regionen stattfinden. Weil dann nur noch Schlagworte kursieren wie Korruption, Bestechung, Gigantismus und und und. Genau das Gegenteil will das IOC. Ich kann nur das sagen, was ich selber miterlebt habe, auch als IOC Mitglied, dort ist der Wunsch unglaublich stark und groß, die Winterspiele wieder auf ein vernünftiges Normalmaß zurückzuführen. Und auch in alpine Regionen, wo die Geburt der Winterspiele stattgefunden hat. Aber wenn jedes Land abspringt, weil es vorher schon Volksabstimmungen hat, wird man Olympia nicht in solche Regionen bringen. Und dann bleibt halt am Schluss nur noch Kasachstan oder Russland oder China oder wer auch immer über. Und das ist sehr schade für die Idee.

»Wir haben exzellente Sportlerinnen und Sportler«

Mit 1. Jänner trat das Bundessportförderungsgesetz in Kraft, die Geschäftsführer der neuen Bundes-Sport GmbH und Aufsichtsratsvorsitzender Armin Assinger sind im Amt. Was erhoffen Sie sich für die österreichische Sportförderung?

Dass eindeutig und noch viel stärker der Sportler oder die Sportlerin in den Mittelpunkt gestellt wird. Und dass es zu einer Vereinfachung und Entbürokratisierung kommt. Das hat in den letzten Jahren einfach Wildwüchse getrieben und das muss man wieder auf ein normales Maß zurückbringen. Ich habe große Hoffnungen auch in diese neue Struktur. Es sind in der Vergangenheit Dinge ganz gut gemacht worden, aber es sind manche Dinge, die auch im Argen liegen. Und dass man jetzt da mal frisch, froh und frei drangeht, auch nach klaren strategischen Richtlinien mögliche Vergaben vorzunehmen, das könnte ein erster Schritt sein. Dazu muss man zuerst eine Sportstrategie formulieren, die gibt es bis heute nicht. Mit Armin Assinger hat man sicherlich einen, der etwas vom Sport versteht, weil er aus dem Sport kommt, und sich kein Blatt vor den Mund nimmt, und das ist auch gut so, dass man einfach Dinge anspricht.

Doping im Spitzensport?

Als Wintersportland wird man an Erfolgen gemessen, Österreich ist in vielen Sportarten breit aufgestellt. Wie sehen Sie die Chancen in Pyeongchang?

Wir reisen nicht hin, dass wir auf Almosen angewiesen sind, dass uns auch noch etwas gelassen wird. Wir haben exzellente Sportlerinnen und Sportler. Gerade die Damen haben sehr stark aufgezeigt. Im Eisschnelllauf traue ich Vanessa Herzog ein bis zwei Medaillen zu, wenn es sehr gut läuft. Im Big Air ist Anna Gasser der Star schlechthin, wir haben im Snowboard heiße Eisen. Teresa Stadlober im Langlauf ist sensationell und läuft in der Weltspitze mit. Dann haben wir die Biathleten, die ich nicht abschreiben würde. Ganz zu schweigen natürlich von unseren Alpinen und den Rodlern. Ich würde auch die Skispringer nicht ganz von der Hand weisen. Stefan Kraft ist mit einer Ausnahme die ganze Saison vorne mitgesprungen, er ist ein exzellenter Sportler und vielleicht gelingt es auch mit der Mannschaft. Wenn es ganz gut läuft, könnte wirklich mehr hereinschneien als in Sotschi, es könnte aber auch das Gegenteil eintreten. Das hat man nicht in der Hand. Überzeugt bin ich, dass jeder hochmotiviert und mit tollen Ergebnissen hin fährt und den Anspruch erhebt, er will ganz vorne stehen.

Wurde alles unternommen, um einen neuerlichen Doping-Skandal zu vermeiden?

Man kann es nie hundert Prozent ausschließen. Aber man hat von allen eine entsprechende Anzahl von Proben in der Vorbereitung gezogen. Und jeder ist auch alarmiert, dass es sicherlich nicht zum Erfolg führt, wenn man sich dopt. Es wäre ganz, ganz tragisch und verheerend auch für das Image von Österreich, wenn wir wieder einen Fall hätten. Das ist immer ein Feuerwehreinsatz, das tut einem dann auch leid für alle anderen Sportler, die versuchen, mit fairen Mitteln anzutreten. Ich glaube, es wurde alles Denkmögliche unternommen. Jeder weiß, auch wenn es heute von den (Nachweis-)Methoden her vielleicht noch nicht reicht, dann reicht es in vier Jahren, soweit ist dann die Wissenschaft. Dann ziehen sie halt dann die Proben.

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