ÖVP-Perspektivengruppe: Das Papier zur Zukunft der Partei in Wortlautauszügen

16 Arbeitsgruppen arbeiteten an Statement Über 100 öffentliche Veranstaltungen seit letzter Wahl

Der Grundtenor des oft ein wenig schwülstig daherkommenden Papiers ist im Wesentlichen ein Kompromiss zwischen Freunden einer leichten Modernisierung der Partei - Stichwort Homo-Ehe - und dem eher konservativeren Flügel - Stichwort Schulpolitik. Im Wesentlichen nachgegeben wurde den Wünschen der Wirtschaft, etwa mit der Forderung nach Verlagerung der KV-Abschlüsse auf die Betriebsebene. Tabubrüche wie ein Ende der Neutralität oder eine Einschränkung des freien Hochschulzugangs fanden letztlich keinen Platz im Endpapier, wiewohl sie von den Untergruppen angeregt worden waren.

Im Folgenden einige Wortlautauszüge:
Für mich ist deutlich geworden: Nach Jahren eines vor allem durch die Regierungsarbeit bedingten Pragmatismus müssen wir uns in Zukunft wieder stärker, erkennbarer und spürbarer an unseren Grundsätzen orientieren. (Josef Pröll)

Der Prozess der Öffnung ist weder bequem noch einfach noch kann er als abgeschlossen betrachtet werden. Aber bereits heute ist klar: Er hat uns näher an die Lebensrealitäten der Menschen gebracht und ist damit irreversibler Ausgangspunkt unserer weiteren Entwicklung.

Alles kann zur Debatte stehen. Denkverbote darf es nicht geben. Wer eine Idee verwirft, muss dies mit Argumenten begründen, nicht mit vermeintlicher Autorität.

Wir sehen die Zukunft der Volkspartei nicht in einer rückwärtsgewandten und bewahrenden Klientelpartei, die ihre Politik aus überkommenen Vorstellungen heraus entwickelt.

Die Volkspartei ist die einzige Partei, die wirtschaften kann.

Im politischen Alltag tragen Parteien, auch die Volkspartei, ungewollt, aber folgenschwer dazu bei, um taktischer Vorteile willen das Vertrauen in die Politik zu untergraben.

... müssen wir über klare Mehrheitsverhältnisse im Parlament jenseits großer Koalitionen nachdenken, denn durch das bestehende Wahlrecht erzwungene Koalitionen können die Demokratie mehr schädigen als sichtbare Richtungsentscheidungen bei Wahlen. Eine Debatte über die verschiedenen Optionen des Mehrheitswahlrechts ist eröffnet.

So wie Schülerinnen und Schüler heute gratis mit Schulbüchern ausgestattet werden, könnten in Zukunft alle Kinder nach Abschluss der Volksschule für ihren weiteren Bildungsweg mit einem persönlichen Laptop gratis ausgestattet werden.

Eine Einheitsschule, in welcher Form auch immer, lehnen wir ab.

Wir von der Perspektivengruppe sind für den freien Zugang zu Universitäten.

... muss das Gebührenmonopol des ORF zu einem sachlich fundierten Mediengebührensystem umgewandelt werden.

Im ehelichen Zusammenleben der Eltern sehen wir die besten Voraussetzungen für das Aufwachsen von Kindern. Funktionierende Familien können durch nichts ersetzt werden. Wir wissen und anerkennen, dass auch in anderen Formen des Zusammenlebens Menschen Verantwortung füreinander leben können.

Mit dem Partnerschaftsgesetz soll ein neues Rechtsinstitut geschaffen werden, das der Beziehung von gleichgeschlechtlichen Paaren einen rechtlich gesicherten Rahmen gibt mit einer klaren Abgrenzung zur zivilen Ehe und ohne Adoptionsrecht.

Familien brauchen Geld. Die Politik hat dafür Sorge zu tragen, dass die Familien nicht diskriminiert werden und nicht in die Armutsfalle tappen. Wir schlagen deshalb ein Familiensplitting vor, bei dem die steuerliche Belastung von Familien mit der Zahl der Kinder abnimmt.

Eine nachhaltige Familienpolitik ist nur möglich, wenn die Rollenklischees überwunden werden, also die gesellschaftlichen Zuschreibungen darüber, was "richtige" Männer und "richtige" Frauen von Natur aus tun und lassen sollten.

Das Arbeitskräftepotenzial nimmt so stark ab, dass selbst Zuwanderung und eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen den demografischen Effekt nicht mehr kompensieren können.

Ziel ist eine Verlagerung kollektivvertraglicher Vereinbarungen auf die betriebliche Ebene, das ist dort, wo gegenseitige Verantwortung täglich gelebt wird.

Wir sehen die Menschen mit Migrationshintergrund nicht als Problem, sondern als Potenzial für unser Land. Aus menschlichen wie aus wirtschaftlichen Gründen ist es recht und billig und vernünftig, sie in Bildung, Arbeit und Teilhabe einzugliedern und nicht auszugrenzen.

Wir entscheiden mit einer "Österreich-Card" nach Bedarf und Qualifizierung, wer nach Österreich kommt.

Eine wehrhafte Demokratie muss ihre Exekutivorgane stärken und ihnen die notwendigen Mittel in die Hand geben, um die Kriminalität wirksam zu bekämpfen. Datenschutz darf nicht zu Täterschutz werden.

Der terroristische Islamismus, der die radikale Interpretation des Islam über Verfassung und Gesetze stellt, ist eine besondere Bedrohung für die Menschen in Österreich, auch für die Mehrheit der Muslimas und Muslime, die sich zu unserem demokratischen Grundgefüge bekennen.

Die Neutralität Österreichs, wie sie im Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 festgeschrieben ist, ist unverzichtbarer Bestandteil unseres Selbstverständnisses. Wir bekennen uns zu ihrem Kern, sie steht für uns nicht zur Disposition.

(apa)