Sebastian Kurz ist neuer ÖVP-Obmann

Liste Sebastian Kurz - die Neue Volkspartei soll die "Bewegung" heißen

Der ÖVP-Bundesparteivorstand hat am Sonntag Sebastian Kurz einstimmig zum neuen Parteiobmann gewählt.

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ÖVP - Sebastian Kurz ist neuer ÖVP-Obmann

Der ÖVP-Vorstand hat in einer Sitzung am Sonntagnachmittag Sebastian Kurz einstimmig zum neuen Obmann designiert. Auch die Bedingungen, die der Außenminister für die Übernahme der Obmannschaft schon im Vorfeld gestellt hatte und ihm unter anderem mehr Spielraum bei der Kandidatenauswahl zusichern, wurden wie angekündigt akzeptiert.

Kurz trat nach der über dreistündigen Sitzung des Bundesparteivorstandes in der Politischen Akademie der Volkspartei alleine vor die zahlreichen Medienvertreter. Nachdem Landesparteichefs und Bündeobleute bereits vor den Gremien ihre Unterstützung für Kurz und seine Forderungen zugesagt hatten, wurde dies auch im Vorstand abgesegnet. Die ÖVP soll demnach bei der nächsten Wahl als "Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei" antreten.

Das Kurz-Statement als Video

© Video: Valerie Krb/News

Der zurückgetretene Obmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner verließ die Sitzung nach kurzem wieder.

Die von Kurz geforderten Statutenänderungen wurden nach Angaben des neuen Parteichefs akzeptiert. "Es gibt nun klare personelle Entscheidungskompetenzen für den Bundesparteiobmann", sagte Kurz in der Pressekonferenz nach dem Vorstand. Bei der kommenden Nationalratswahl will die ÖVP laut Kurz als "Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei" antreten. Vizekanzler hat die ÖVP noch keinen nominiert.

»Es war kein Schritt, den ich mir leicht gemacht habe«

Der Schritt an die Parteispitze sei für ihn kein einfacher gewesen, betonte Kurz: "Es war kein Schritt, den ich mir leicht gemacht habe, denn die ÖVP hat in den letzten zehn Jahren vier Obleute gehabt." Die geplanten Statutenänderungen begründete Kurz damit, dass in der Partei nicht nur Köpfe ausgetauscht werden dürften - auch die Partei müsse sich ändern. Fixiert werden soll das beim nächsten Parteitag.

Von Kurz gefordert (und mit den Parteigranden offenbar bereits im Vorfeld der Sitzung akkordiert) waren u.a. die alleinige Entscheidung des Bundesparteiobmannes über den Generalsekretär und das Regierungsteam der ÖVP sowie mehr Mitspracherecht bei der Kandidatenliste für Nationalratswahlen. Außerdem soll es ein parteiinternes Vorzugsstimmensystem geben.

Für die Wahlbewegung werde die ÖVP sowohl auf "bewährte Kräfte" aus der Partei setzen, gleichzeitig aber neue Leute an Bord holen, kündigte Kurz an. Ein erstes Gespräch mit Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen über die weitere Vorgehensweise will Kurz noch am Montag führen. Er wünscht sich einen einstimmigen Beschluss für vorgezogene Neuwahlen und einen raschen Wahltermin nach dem Sommer.

Reaktionen zum neuen ÖVP-Chef

Die SPÖ beantwortet die Designierung von Sebastian Kurz zum ÖVP-Obmann und dessen Wunsch nach Neuwahlen mit Schweigen. Weder Parteichef Christian Kern noch Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler oder ein anderer Spitzenrepräsentant der Partei will sich heute äußern, hieß es aus verschiedenen Stellen auf APA-Anfrage. Frühestens am Montag will Kanzler Kern seine Position dazu kundtun.

"Heute hat die ÖVP eine wesentliche Richtungsentscheidung getroffen, die dem ganzen Land gut tun wird. Sebastian Kurz steht für klare Werte, eine klare Richtung und für klare Entscheidungen", gratulierte Walter Ruck, Obmann des Wiener Wirtschaftsbundes und Präsident der Wirtschaftskammer Wien Sebastian Kurz zur heutigen Wahl zum Bundesparteiobmann. "Der Wiener Wirtschaftsbund wird, wie bisher, Sebastian Kurz in jeder Hinsicht unterstützen. Seine Arbeit als Außenminister ist vor allem dadurch geprägt dass er als starker Partner der Wirtschaft agiert und dafür danke ich ihm und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit um Österreich weiterhin nach vorne zu bringen", so Ruck.

»Mogelpackung ‚Liste Kurz‘«

„Herzliche Gratulation an den designierten ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz! Er hat großen Mut bewiesen und steht wie kein anderer für eine offene und ehrliche Politik der klaren Worte. In seinen Funktionen als Obmann der Jungen ÖVP, Integrationsstaatssekretär und Außenminister hat er seine Entscheidungskraft, Führungsstärke und sein untrügliches Gespür für die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Sebastian Kurz wird die ÖVP als moderne politische Kraft in eine erfolgreiche Zukunft führen. Die volle Unterstützung des ÖAAB ist ihm sicher. Packen wir die Zukunft gemeinsam an“, freuen sich ÖAAB-Bundesobmann August Wöginger und Generalsekretär Karl Nehammer

„Nach der Unabhängigkeits-Mogelpackung Marke Van der Bellen bekommen die Österreicherinnen und Österreicher jetzt die nächste Unwahrheit in Gestalt der Mogelpackung ‚Liste Kurz‘ als offiziellen Wahlkampfstartschuss der ÖVP serviert. Kurz wird Obmann einer Partei, für die er sich gleichzeitig so sehr geniert, dass er sich von ihr gleich mit einem neuen Namen distanzieren muss, um den Anschein der Modernität und Erneuerung zu erwecken. In Wahrheit ist ÖVP-alt drin, wo ‚Liste Kurz‘ und ‚neue Volkspartei‘ draufsteht", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung.

»Mit der heutigen Entscheidung wurde ein neues Kapitel in der Geschichte der Österreichischen Volkspartei aufgeschlagen«

"Unserer jahrelangen Forderung nach der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in allen politischen Bereichen und Funktionen sind wir heute einen entscheidenden Schritt näher gekommen", so die Bundesleiterin der ÖVP Frauen Dorothea Schittenhelm nach der Sitzung des ÖVP-Bundesparteivorstandes. "Das Reißverschlusssystem auf allen Listen hat es in Österreich noch nie gegeben und ist auch international richtungsweisend."Mit der heutigen Entscheidung wurde ein neues Kapitel in der Geschichte der Österreichischen Volkspartei aufgeschlagen."

Wer wird Vizekanzler und Wirtschaftsminister?

Die ÖVP hat am Sonntagabend noch keine Entscheidung über einen neuen Vizekanzler und Wirtschaftsminister getroffen. Dies hänge davon ab, ob die SPÖ unter Bundeskanzler Christian Kern eine Minderheitsregierung startet, erklärte der neue designierte ÖVP-Obmann Sebastian Kurz in seinem kurzen Pressestatement auf Nachfrage. Beschlossen wurde im Vorstand auch, dass Kurz' Bedingungen ins Statut kommen.

Kurz hatte bereits im Vorfeld öffentlich auf seine Bedingungen für die Übernahme der Obmannschaft gedrängt und dies auch mit den Vorstandsmitgliedern besprochen. In der Sitzung wurde dann auch ein entsprechender Antrag für den nächsten Parteitag - ebenfalls einstimmig - beschlossen, erklärte er im Anschluss.

Eine Entscheidung über einen neuen Vizekanzler und einen neuen Wirtschaftsminister hingegen gab es noch nicht. Dies sei nach dem Rücktritt von Reinhold Mitterlehner nur notwendig, wenn es keine Minderheitsregierung der SPÖ gibt. Sollte vom Koalitionspartner das Angebot für einen gemeinsamen Neuwahlantrag angenommen werden, werde jemand nominiert und eine Entscheidung getroffen, erklärte Kurz.

Von Journalisten auf Kritik an der Machtfülle für den Obmann angesprochen, entgegnete Kurz: "Ich bin es gewohnt, dass es Kritik gibt, ganz gleich wie man agiert." Es habe früher "zurecht" Kritik daran gegeben, dass der Bundesparteiobmann keinen Entscheidungsspielraum habe, etwa weil ihm vorgeschrieben werde, wer in seinem engsten Team zu sein habe. Insofern sei er nicht verwundert über Kritik: "Unabhängig davon, welchen Weg man geht", gebe es diese.

Liste Sebastian Kurz - "Keine konkrete Person im Kopf"

Er betonte weiters, dass derjenige, der die Organisation führt, die Möglichkeit zum Gestalten brauche. Wenn man keine personellen und inhaltlichen Entscheidungen treffen kann, könne man auch nicht gestalten, so Kurz. Einleitend sprach der neue Obmann von turbulenten Zeiten und räumte auch ein, dass er der Partei "viel abverlangt". Heute sei jedenfalls eine "klare Entscheidung" getroffen worden.

Wer auf der "Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei" künftig kandidieren wird, gab Kurz noch nicht bekannt. Zwar habe er in den vergangenen Jahren "viele tolle Menschen kennenlernen dürfen", die sich einbringen wollen. Auch habe er "konkrete Personen" im Kopf. Diese werde er aber erst präsentieren, wenn die Wahlen stattfinden.

Nun will er abwarten, wie Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) mit dem Angebot umgeht und hofft darauf, die letzten Monate bis zur Wahl noch gemeinsam, "ordentlich zu gestalten": "Sonst droht definitiv Chaos in Österreich." Eine derartige Situation sei nicht von Vorteil für das Land. Eine Minderheitsregierung könnte bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2018 im Amt sein. "Mein Weg ist das nicht", stellte Kurz fest und verwies auf vorgezogene Neuwahlen: "Wir sind bereit, diesen Weg zu gehen."

Der Tag im Überblick

Wann tritt die Parteispitze an die Mikrofone? Insidern zufolge, soll die Pressekonferenz nun gegen 19.30 Uhr stattfinden.

Die Pressekonferenz war für 18.30Uhr angesetzt. Noch lässt die Parteispitze auf sich warten.

© Valerie Krb/News Ein Mikrofon, kein ÖVP-Logo

Sieben Bedingungen hat ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz gestellt, damit er die Partei übernimmt. Ob die Bedingungen von der Partei akzeptiert werden blieb vorab offen.

Was passiert heute?

Wer wird nächster ÖVP-Parteichef? Darüber stimmt derzeit der Bundesparteivorstand der Volkspartei ab. Denn mit dem heutigen Tag legt Reinhold Mitterlehner seine Obmannschaft zurück. Ein interimistischer Nachfolger muss her. Der ÖVP-Bundesparteivorstand ist am Sonntag um 16.00 Uhr in der Politischen Akademie zusammengetroffen, um Sebastian Kurz voraussichtlich zum neuen Obmann zu küren. Bei ihrem Eintreffen bekräftigten einige Vorstandsmitglieder noch ihre Unterstützung für den derzeitigen JVP-Obmann und seine Bedingungen.

© Valerie Krb/News Haupteingang zur Politischen Akademie

Wenn sich der Vorstand auf einen neuen Parteiobmann geeinigt hat, muss Generalsekretär Werner Amon innerhalb von drei Monaten den Bundesparteitag einberuf. Dort wird der neue Parteichef dann gewählt.

Nachfolge für Sebastian Kurz

Der interimistische Obmann wird in weiterer Folge einen Vorschlag für die Funktionen des Vizekanzlers sowie Wirtschafts- und Wissenschaftsministers abgeben. Auch seine Stellvertreter muss er bestimmen – diese werden nicht vom Vorstand ernannt.

Stellvertreter von Reinhold Mitterlehner sind aktuell Klubchef Reinhold Lopatka, Europamandatarin und Bauernbündlerin Elisabeth Köstlinger, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanne Mikl-Leitner sowie sein potenzieller Nachfolger Sebastian Kurz.

Die Hauptperson, Kurz, traf gemeinsam mit dem Salzburger Landesparteichef Wilfried Haslauer und der Europa-Abgeordneten Elisabeth Köstinger ein. Er selbst wollte vor Sitzungsbeginn nichts sagen, sondern verwies gegenüber Journalisten auf später.

Der neue oberösterreichische Landesparteichef Thomas Stelzer rechnete mit einem gemeinsamen Vorgehen und erklärte: "Wir wollen eine starken Obmann." Er gehe davon aus, dass die Landesorganisationen weiterhin die DNA der ÖVP bleiben werden. Mit Kurz habe man jedenfalls eine "starke Führungspersönlichkeit".

Staatssekretär Harald Mahrer merkte an, dass früher oft kritisiert worden sei, der Bundesparteiobmann habe kein Durchgriffsrecht: "Ich halte alle Bedenken für an den Haaren herbeigezogen." Für eine moderne Partei brauche es "vernünftige, moderne Entscheidungsstrukturen". Auch Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec hat mit Kurz' Bedingungen kein Problem: "Wir stehen auf der Wahlliste." Sie rechnet mit einer recht kurzen Sitzung.
Der bisherige Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner traf ebenfalls um 16.00 Uhr bei der Polak ein. Er saß mit Sonnenbrille recht entspannt in der Limousine.

© Valerie Krb/News Gegen 18 Uhr soll es eine Pressekonferenz geben, die Journalisten warten bereits

Kommentare

higgs70
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Unabhängig davon was man von Kurz hält, stellt sich halt die Frage, wie sehr am A...eine Partei eigentlich sein muss, dass sie ihr politisches Fortkommen von einer einzigen Person abhängig macht, dass sie sich geschlossen und ohne Widerspruch ein Maßnahmenpaket wie Generalvollmachten über personelle und vor allem inhaltliche Entscheidungen aufs Aug drücken lässt, die sie nicht mal kennt, denn bisher weiß man weder was über die künftige Sozial- noch die Wirtschafts- noch die Bildungspolitik, einzig die Linie in der Migrationspolitik kennt man. Man kauft in blindem Vertrauen die Katze im Sack und hofft, dass die sich als eierlegende Wollmilchsau entpuppt, die es schon richten wird.
Was für ein Armutszeugnis für eine einst staatstragende Partei.

Nudlsupp melden

Das sind wohl ganz normale Ängste der Beteiligten, die ganz genau wissen, dass sie mehr oder weniger in der Versenkung verschwinden werden, wenn Sie nicht ihren "Heilsbringer" in den Kampf schicken, und somit seine Bedingungen widerspruchslos akztptieren. Auch wenn Sie von der einst staatstragenden Partei sprechen, ist es meine persönliche Meinung, dass der letzte wirklich "anständige" Obmann.....

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dessen Interesse nicht ausschließlich dem eigenen Wohl und dem Wohl der Partei war, sondern der seine Verantwortung auch wahr genommen hat, Erhard Busek. Danach hat sich diese Partei und deren Mandatsträger immer mehr von dem entfernt, was eigentlich ihre Aufgabe gewesen wäre.

higgs70
higgs70 melden

Ja, der Busek ist einer von denen, die die ganze Fallhöhe zwischen einst und jetzt, zwischen ehemaligen Politikern, die die Sache ernster nahmen als das eigene Ego zu den heutigen, zeigt. Und er ist für mich ein Beispiel wie bei uns auch die großen Parteien ihre Brillianten gegen Mittelmaß vertauschten - übrigens mit der Begründung, dass er zu intelligent (!) für einen Parteichef gewesen sei, ein Offenbarungseid für Konservative.

Und wenn man in Österreich mehr Politiker gehabt hätte, die aus dem Holz geschnitzt gewesen wären, das selbst denkt, wären hier nicht andere mit Händeschütteln, Föhnfrisuren, GriasdiDuauchda und anderen Accessoires geistigen Nullerltums ins politische Vakuum vorgestoßen.

Wann ist das Kasperltheater zu Ende und wird auch einmal gearbeitet?? Österreich ist eh schon am Abgrund!!!

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