Türkis-Grün: Das bringt die Koalition

Kurz und Kogler verteidigen "das Wagnis"

Die ÖVP und die Grünen haben sich auf eine Regierung geeinigt. ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Grünen-Bundessprecher Werner Kogler präsentierten das gemeinsame Programm und verteidigten "das Wagnis".

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Neue Regierung - Türkis-Grün: Das bringt die Koalition

Zumindest was den Umfang angeht, hat das türkis-grüne Regierungsprogramm das türkis-blaue deutlich überflügelt: 326 Seiten umfasst das Papier, in dem ÖVP und Grüne unter dem Titel "Aus Verantwortung für Österreich" ihre Pläne bis 2024 vorlegen. Dennoch bleiben einige potenzielle Konfliktthemen offen. Und für den Fall einer neuen Flüchtlingskrise wurde sogar ein koalitionsfreier Raum eingebaut.

Das komplette 300-seitige Regierungsprogramm gibt es hier zum Download

Acht große Schwerpunkte

In der "Präambel" zum Koalitionsabkommen nennen ÖVP und Grüne acht Schwerpunkte - allen voran eine "spürbare Entlastung der arbeitenden Menschen", die Bekämpfung des Klimawandels und die Einhaltung der Pariser Klimaziele. Dazu kommen Wirtschaftsstandort, Armutsbekämpfung, Migration und Integration, Bildung, nachhaltige Finanzen sowie mehr Transparenz.

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Klimapolitik als roter Faden

Die den Grünen besonders wichtige Klimapolitik zieht sich denn auch als roter Faden durch das Programm - mit zahlreichen Einzelmaßnahmen in beinahe allen Bereichen. So soll der Energie- und Klimaplan nachgebessert werden, bis 2040 soll Österreich "klimaneutral" werden. Geplant ist dazu eine Reihe von Maßnahmen - von einer einheitlichen Flugticketabgabe, über einen "Klimacheck" für alle Gesetze bis hin zu einem Österreich-Ticket für Öffis.

Forderungen der ÖVP, die Grüne akzeptieren müssen

Akzeptieren mussten die Grünen im Gegenzug eine ganze Reihe von Forderungen der ÖVP, bei denen ihre Zustimmung in der Vergangenheit undenkbar gewesen wäre - allen voran die präventive "Sicherungshaft" für potenziell gefährliche Personen, ein Kopftuchverbot an Schulen bis 14 und die Umsetzung der "Bundesbetreuungsagentur" für Asylwerber. Einziges Zugeständnis den Grünen gegenüber ist hier die Etablierung eines Qualitätsbeirats zur Sicherstellung einer unabhängigen Rechtsberatung unter Einbeziehung unter anderem von UNHCR und Volksanwaltschaft.

Kurz und Kogler verteidigen "das Wagnis"

Sebastian Kurz und Werner Kogler haben bei der Präsentation "das Wagnis" verteidigt, wie es Kogler nannte. Man habe sich nicht gegenseitig auf Minimalkompromisse herunterverhandelt, sondern bewusst "zentrale Wahlversprechen halten können", sagte Kurz.

»Wir haben es uns nicht leicht gemacht. «

"Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir sind nicht an der Oberfläche geblieben. Es war kein einfacher Weg. Wir sind zwei sehr unterschiedliche Parteien und deswegen waren die Verhandlungen inhaltlich herausfordernd", so der baldige Kanzler.

Migration als Kurz' Herzstück

Als Schwerpunkte nannte er unter anderem Steuerentlastungen, den Kampf gegen die illegale Migration, um den "sozialen Frieden aufrechterhalten zu können und unsere österreichische Identität zu wahren" sowie den Klimaschutz. "Migration bleibt Herzstück meiner Politik", so Kurz. Man wolle den Schutz der europäischen Außengrenzen vorantreiben und eine verfassungskonforme Sicherungshaft, wie es sie in vielen anderen Ländern gebe, einführen, so Kurz.

»Grüne haben nur diese eine Möglichkeit gehabt«

Die neuen Konservativen und die Grünen seien in Europa auf dem Vormarsch und "wenn das die Herausforderung ist, hier zusammenzukommen, ist es das Wagnis wert", sagte Kogler und sprach von "Mut für einen Pionierpfad" und einer möglichen "Vorbildwirkung für Europa". Die Grünen hätten im Unterschied zur ÖVP "nur diese eine Möglichkeit" gehabt.

Kogler: "Einzigartiges Klimaschutzpaket"

Manche Bereiche würden eine türkise und andere eine grüne Handschrift tragen. Ob das Verhältnis genau eins zu 2,7 entspricht, sei nicht das Entscheidende. Am Ende "wird es nicht darum gehen, ob ÖVP oder Grüne gewonnen haben, sondern dass Österreich gewinnt". Er bezeichnete das Klimaschutzkapitel als "einzigartig". Und er versprach, dass es zu einer CO2-Bepreisung kommen werde. "Wir werden Mühe haben", alle Klimavorhaben einzulösen, "aber wir werden uns bemühen. Wir nehmen das Risiko", so Kogler.

Grüne Zustimmung erwartet

Von der Parteibasis erwartet er Zustimmung für den Pakt. "Es wird eine Diskussion geben. Eine 95- bis 99-prozentige Mehrheit werden wir abwenden, aber es sollte sich gut ausgehen. Ich prognostiziere das, sonst würde ich nicht hier stehen."

Die kritisierten Sicherungshaft verteidigte Kogler damit, dass diese verfassungskonform sein werde und so etwa im europäischen Recht vorgesehen sei. Zudem gebe es in zahlreichen Ländern eine Sicherungshaft und diese werde nur in Einzelfällen vorkommen.

Die konkreten Punkte hier im Überblick:

Klimaschutz-Paket

Das erwartete große Klimaschutz-Paket der türkis-grünen Koalition besteht aus vielen einzelnen Maßnahmen bzw. Überschriften, die zum Teil noch mit Inhalt gefüllt werden müssen. Das große Ziel ist es, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen. Bis 2030 soll der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Geplant sind auch ein Österreich-Ticket, der Öffi-Ausbau und ein Klimacheck für alle neuen Gesetze.

Steuerreform kommt - "CO2-Bepreisung" geplant

Die von der türkis-blauen Regierung geplante Steuerreform will die ÖVP nun mit den Grünen umsetzen. Im Regierungsprogramm vorgesehen ist sowohl die Senkung der Lohn- und Einkommensteuertarife als auch die starke Senkung der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne. Geplant ist auch eine "CO2-Bepreisung" und - in Etappen - eine ökologische Steuerreform, wofür es eine "Task-Force" geben soll.

Transparenzpaket

Ein Kernpunkt soll ein Transparenzpaket sein, das hat Parteichef Werner Kogler schon früh in den Verhandlungen klar gemacht. Für die Regierungsprogramm versprochene Abschaffung des Amtsgeheimnisses brauchen sie aber eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und damit die Unterstützung von SPÖ oder FPÖ. Geplant ist auch - einmal mehr - eine Reform des Parteiengesetzes.

Keine Abschaffung der Notstandshilfe

Im Arbeitskapitel fällt zunächst auf, was fehlt, nämlich die unter Türkis-Blau geplante Abschaffung der Notstandshilfe. Eher undeutlich ist bloß von einer "Weiterentwicklung des Arbeitslosengeldes mit Anreizen, damit arbeitslose Menschen wieder schneller ins Erwerbsleben zurückkehren können" die Rede.

Kurzarbeit soll nicht nur bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern auch bei der Umstellung von Betrieben auf ökologische und klimafreundliche Produktionsweisen bzw. bei digitaler Umrüstung zur Sicherung von Beschäftigung möglich sein. Sozialökonomische Betriebe mit Kreislaufwirtschaft sollen gefördert werden.

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Neue Lehrberufe

Neue Lehrberufe im Klima- und Umweltschutzbereich sollen entstehen, wieder einmal gewünscht ist, dass die Durchlässigkeit zwischen Lehre und anderen Bildungswegen besser wird. Ebenfalls ein Klassiker ist die Förderung von Mädchen in Technikberufen.

Nicht fix ist eine weitere Lohnnebenkosten-Senkung. Hier ist nur von einer Prüfung der Potenziale zur Senkung der Lohnnebenkosten ohne Leistungsreduktion die Rede.

Kopftuchverbot bis 14 Jahre

Das Kopftuchverbot an Schulen wird bis zum 14. Lebensjahr ausgeweitet, ist dem Integrationskapitel des Regierungsprogramms zu entnehmen. Verstärkte Kontrollen soll es in Kinderbetreuungsstätten, insbesondere islamischen geben. Einen Präventionsunterricht soll es ab der Mittelstufe geben.

Gleichstellung der Frau

Materialen insbesondere des islamischen Religionsunterrichts sollen in Hinblick auf verfassungsrechtliche Werte wie die Gleichstellung der Frau durch das Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit dem Kultusamt auf problematische Inhalte geprüft werden. Etabliert werden in Bildungseinrichtungen neue Mitwirkungspflichten für Eltern, etwa die Teilnahme am Elternabend oder Zusammenarbeit mit dem schulischen Personal. Bei Nicht-Erfüllung dieser Pflichten soll die Möglichkeit geschaffen werden, Verwaltungsstrafen zu verhängen.

»Die Österreichische Integrationspolitik orientiert sich weiterhin nach dem Prinzip 'Integration durch Leistung'«

In welche Richtung man sich grundsätzlich orientiert, wird schon im Vorwort des Kapitels klar gestellt: "Die Österreichische Integrationspolitik orientiert sich weiterhin nach dem Prinzip 'Integration durch Leistung' und dem Grundsatz 'Fördern und Fordern'".

Kampf gegen Gewalt an Frauen

Die neue Regierung will gegen Gewalt an Frauen ankämpfen und verspricht, eine "substanzielle Aufstockung des Frauenbudgets" sowie einen Ausbau der Frauenberatungs- und Gewaltschutzzentren. Ausgebaut werden soll auch die Kinderbetreuung. Jede Familie soll die Wahlmöglichkeit haben, ihr gemeinsames Leben zu gestalten, heißt es im Programm.

Frauenquote in Aufsichtsräten

In Unternehmen mit mehr als 50 Prozent staatlicher Beteiligung soll in den Aufsichtsräten eine Frauenquote von 40 Prozent eingeführt werden. Für börsenotierte Konzerne und Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern gilt seit 2018 eine verpflichtende Frauenquote von 30 Prozent im Aufsichtsrat.

Ausbau der Kinderbetreuung

Neben dem qualitativen und quantitativen Ausbau flächendeckender und bedarfsgerechter Kinderbetreuung will Türkis-Grün mittelfristig ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einführen. Zudem ist, heißt es im Programm, die Förderung der Väterkarenz und des Papamonats ein wichtiges Anliegen. Auch soll es weitere Anpassungen bei abstimmungsrechtlichen Fragen bei Kindern in der Ehe zweier Frauen und bei Kindern in verschiedengeschlechtlicher eingetragener Partnerschaft geben.

Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus

Erarbeitet werden soll ein Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus und Diskriminierung. Interkulturelle Kompetenz soll in der Ausbildung Öffentlich Bediensteter verankert werden.

Integrationsangebote ausbauen

Bedarfsgerecht ausgebaut werden sollen Integrationsangebote wie Staatsbürgerschafts- und Orientierungskurse. Deutschkurse sollen nicht nur qualitativ hochwertig sonder auch leistbar werden. Kinderbetreuungsangebote während der Schulungen sollen ausgebaut werden.

Maßnahmen sollen auch gesetzt werden, um die Mobilität von Asylberechtigten am Arbeitsmarkt und in der Lehre zu fördern. Weiterentwickelt werden soll das Integrationsjahr, verbessert und beschleunigt werden Nostrifizierungen.

Einführung der Sicherungshaft

Das Regierungsprogramm zum Thema Asyl bringt etwa die Einführung einer "Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit". Betroffen sein sollen davon Personen, "bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden". Eingebaut ist ein koalitionsfreier Raum für den Fall einer neue Flüchtlingskrise.

Neuer Modus bei Nichteinigung der Parteien

Bei "neuen unvorhergesehenen Herausforderungen" wird ein recht komplexer Modus in Kraft gesetzt, wie die Koalition sich abzustimmen hat. Können sich am Ende Kanzler und Vizekanzler nicht verständigen, kann das zuständige Ministerium eine Gesetzesinitiative im Alleingang im Parlament einbringen und nach einer Begutachtung gegebenenfalls auch mit anderen Mehrheiten umsetzen.

Beratung der Asylwerber verstaatlicht

Die schon eingeleitete Re-Verstaatlichung der Flüchtlingsbetreuung wird umgesetzt, also auch die Beratung von Asylwerbern der - im Einflussbereich des Innenministeriums stehenden - Bundesbetreuungsagentur (BBU) übertragen. Einziges Zugeständnis den Grünen gegenüber ist hier die Etablierung eines Qualitätsbeirats zur Sicherstellung einer unabhängigen Rechtsberatung unter Einbeziehung unter anderem von UNHCR und Volksanwaltschaft.

Asylverfahren sollen beschleunigt werden mit mehr Personal

Beschleunigt werden sollen die Asylverfahren in zweiter Instanz mit dem Ziel einer durchschnittlichen Dauer von sechs Monaten. Erreicht werden soll das durch eine "deutliche" Personalaufstockung, diese allerdings nur temporär. Ein ausreichendes Kontingent an Dolmetschern soll sicher gestellt werden, ebenso entsprechende Qualität der Übersetzer. Weiter konsequent abschieben will man laut Programm straffällig gewordene Flüchtlinge, sofern deren Asylstatus aberkannt wurde.

Für Aufnahmezentren einsetzen

Einsetzen will sich die Regierung für Abkommen mit sicheren Drittstaaten zur Errichtung von "Search and Rescue"-Zentren bzw. von Aufnahmezentren für Migranten, die aus der Seenot gerettet werden, letzteres in Kooperation mit dem UNO-Flüchtlingshochkommissariat. Zudem sollen Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern ausgearbeitet werden, wobei sowohl Anreize als auch Sanktionen angedacht sind. Strafen für organisierte und gewerbsmäßige Schlepperei sollen erhöht werden.

Absage an Flüchtlingsaufteilung

Eine klare Absage wird einer europäischen Flüchtlingsaufteilung erteilt. Die Aufstockung der Frontex-Grenzgruppen will Österreich mit Karriere-Vorteilen fördern. Noch eher vage ist die Ankündigung eines beschleunigten, grenznahen Asylantragsverfahrens im Binnen-Grenzkontrollbereich.

Grenzkontrollen fortgeführt

Apropos Grenzen: Auch unter Türkis-Grün werden die nationalen Grenzkontrollen fortgeführt, solange der EU-Außengrenzenschutz nicht lückenlos funktioniert. Verwenden will man dabei aber verstärkt "technische Hilfsmittel".

Klare Trennung von Asyl und Arbeitsmigration

Als Kernpunkt einer neuen Migrationsstrategie wird eine klare Trennung von Asyl und Arbeitsmigration angeführt. Zur Erleichterung letzterer soll eine neue Rot-Weiß-Rot-Karte geschaffen werden. Diese soll digitalisiert werden, die für eine Bewilligung notwendigen Einkommensgrenzen sollen überarbeitet (und damit wohl gesenkt) werden.

Aktionsplan für Menschenrechte

Neben den auch schon in anderen Regierungsprogrammen vorhandenen Schwerpunkten im Bereich der Inneren Sicherheit fallen im aktuellen vor allem die avisierte Neuaufstellung des BVT, Maßnahmen zur Bekämpfung von Vereinen wie den Identitären, die staatsfeindliches Gedankengut verbreiten, sowie ein nationaler Aktionsplan für Menschenrechte in Österreich auf.

Familienbonus erhöht

Zur Armutsbekämpfung dreht die Regierung an der Steuerschraube. Der Eingangssteuersatz wird auf 20 Prozent gesenkt und die Untergrenze beim Familienbonus wird pro Kind von 250 auf 350 Euro erhöht, der Gesamtbetrag von 1.500 auf 1.750 Euro pro Kind. Von einer Reform der gerade vom Verfassungsgerichtshof gekippten Mindestsicherung ist nicht die Rede.

Österreichweites Öffi-Ticket geplant

Im Verkehrsbereich plant Türkis-Grün ein österreichweites Öffi-Tickets als "klimaschonende Alternative" zum Auto - es soll drei Euro pro Tag, also 1.095 Euro im Jahr, kosten. Für ein Bundesland soll es einen Euro pro Tag und für zwei Bundesländer zwei Euro pro Tag kosten. Für junge Menschen soll es eine noch günstigere Variante geben.

Verbessert werden soll das Angebot des Öffentlichen Verkehrs. Konkret ist von einem "weitgehend stündlichen, ganztägigen ÖV-Angebot in ganz Österreich" die Rede. Dazu ist an zwei Stellen eine "Öffi-Milliarde" angeführt, einmal für den Nahverkehr in und um Ballungsräume und ein zweites Mal für den Regionalverkehr im ländlichen Raum.

Allerdings stehen da noch Verhandlungen mit den Ländern an: "Die Mittelzuteilung aus Nahverkehrs- und Regionalverkehrsmilliarde erfolgt unter der Maßgabe der Kofinanzierung durch die Bundesländer in einem noch zu vereinbarenden Schlüssel." An den Bahnhöfen ausgebaut werden sollen für die Pendler die Anlagen für Park&Ride und Bike&Ride.

Keine Löhne unter Kollektivvertragsgehältern

Löhne unter den niedrigsten Kollektivvertragsgehältern sollen der Vergangenheit angehören. Gefordert werden die Sozialpartner, ansonsten könnte das Bundeseinigungsamt eingreifen. Dies gilt auch bei Kollektivverträgen, wo die Löhne seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr angehoben werden, ist dem Arbeitskapitel zu entnehmen.

Schulen: Chancenindex wird getestet

Ebenfalls im Armutskapitel angeführt sind diverse Maßnahmen im Schulbereich, z.B. ein Pilotprogramm an 100 ausgewählten Schulen in ganz Österreich, wo ein Chancenindex getestet wird, nach dem Schulen mit besonders schwierigen Rahmenbedingungen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können. Ausgebaut werden sollen zur Entlastung der Eltern Ferienbetreuung und Sommerunterricht für jene, "die es brauchen".

Keine grundlegende Neuausrichtung der Pensionen

Beim Pensionskapitel wird festgehalten, dass es keine grundlegende Neuausrichtung braucht. Vage werden Maßnahmen avisiert, die das faktische an das gesetzliche Antrittsalter heranführen. Verstärkte Informationen soll es zu den (finanziellen) Folgen von Teilzeitarbeit geben, die über einen Rechner erlebbar gemacht werden solle. Etabliert werden sollen unterschiedliche Modelle der partnerschaftlichen Aufteilung von Familienarbeit und Pensionsansprüchen - diverse Möglichkeiten zum automatischen Pensionssplitting, es soll aber auch eine freiwillige Variante bestehen bleiben. Daneben werden etliche Maßnahmen angekündigt, um die Gesundheit schon im Erwerbsleben zu bewahren, etwa über eine Weiterentwicklung der Vorsorgeuntersuchungen.

Kassenreform bleibt

Wenig Neues gibt es im Gesundheitsbereich. Auffallend ist, dass die türkis-blaue Kassenreform, die eine Zusammenlegung aller Gebietskrankenkassen, vor allem aber auch die Entmachtung der Arbeitnehmer in den Kassengremien gebracht hat, nicht angegriffen wird.

Pflege-Reform noch vage

Beim Thema Pflege bleibt vieles auf den ersten Blick vage. Zwar gibt es ein Bekenntnis zu einer gesamtheitlichen Reform und einer Personaloffensive für Pflegeberufe, auch soll ein Pflege-Daheim-Bonus eingeführt werden. Hinweise auf die konkreten Ausgestaltungen finden sich aber keine.

Mehr Ressourcen für Justiz

In der Justiz, vor deren Aushungerung Interimsjustizminister Clemens Jabloner gewarnt hatte, will Türkis-Grün die erforderlichen Ressourcen locker machen, und zwar auch für anstehende Reformen. Die Reform des Maßnahmenvollzugs soll kommen, und auch eine "evidenzbasierte" Weiterentwicklung des Strafrechts. Auch eine Novellierung des Mietrechts will die Regierung angehen.

Bekenntnis zu starkem Europa

Die türkis-grüne Bundesregierung bekennt sich zu einem starken Europa in den großen Fragen und zum Multilateralismus in der Außenpolitik. "Viele große Zukunftsfragen lassen sich nicht mehr von den Mitgliedsstaaten alleine lösen, sondern nur von einer starken Europäischen Union", heißt es.

Sport soll "grüner" werden

Mit Werner Kogler, dem ersten Sportminister der Grünen, soll auch der Sport in Österreich grüner werden. "Green Sport stärken" heißt es im Regierungsprogramm, in dem neben üblichen Themen von Breiten- bis Spitzensport, Sportstätteninfrastruktur und Sportveranstaltungen auch Integration, Inklusion, Gleichstellung, Klimaschutz und Kampf gegen Rassismus und Homophobie berücksichtigt wurden.

Wenig Konkretes zur Landesverteidigung

Beim Kapitel Landesverteidigung fällt auf den ersten Blick auf, dass es mit dem Krisen- und Katastrophenschutz verknüpft ist und dass wiederholt von einer "zeitgemäßen" Neugestaltung der Aufgaben gesprochen wird. Zahlen, was das Budget anbelangt, findet man ebenso keine wie konkrete Pläne zur künftigen Gestaltung der Luftraumüberwachung. Dafür soll die Kategorie "teiltauglich" kommen.

Angelobung am Dienstag

Die Angelobung der neuen Regierungsmannschaft ist für Dienstag kommender Woche (7. Jänner) geplant. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Bundeskongress der Grünen dem türkis-grünen Pakt am Samstag (4. Jänner) seine Zustimmung erteilt. In den Tagen vor der Angelobung wird Van der Bellen die neuen Minister zu einem Kennenlernen - bzw. bei einigen zu einem Wiedersehen als Minister - in die Hofburg einladen. Einige dieser Gespräche werden bereits heute geführt, hieß es aus der Präsidentschaftskanzlei.