Miteinander ins Bundeskanzleramt

ÖVP und FPÖ haben sich auf eine längerfristige Beziehung eingelassen. Doch wie funktionieren die beiden Politikertypen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache im täglichen Regierungsgeschäft?

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ÖVP & FPÖ - Miteinander ins Bundeskanzleramt

Eigentlich haben sie so gar nichts gemeinsam. Da ist Sebastian Kurz, ein 31-jähriger Aufsteiger mit konservativer und finanzkräftiger Unternehmerklientel im Rücken, der dem Wahlkampf mit einem Spiel der Emotionen Schwung verliehen und sich selbst in den Kanzlersessel gehievt hat. Und dort steht Heinz-Christian Strache: der 48-jährige Langzeitparteichef mit freiheitlicher und bodenständiger Arbeiter-Anhängerschaft, der sich vor dieser Wahl auffallend zurückgehalten hat und vielleicht auch deswegen mit der Position des Vizekanzlers belohnt wurde.

Mathematische Spiele

Dass gerade diese beiden so unterschiedlichen Politikertypen eine gemeinsame Regierung bilden, wurde von vielen Beobachtern lange Zeit ausschließlich mit mathematischen Notwendigkeiten begründet. Denn trotz einer überraschenden Einigkeit beim Migrationsthema, das -auch darüber herrscht Konsens - vor allem die Ängste und Sorgen der Menschen bedienen sollte, liegen die ideologischen Grundpfeiler von ÖVP und FPÖ in vielen anderen Bereichen doch sehr weit auseinander. Aber doch sehr viel näher als bei anderen politischen Mitstreitern.

Immerhin wäre sich rein rechnerisch auch eine Fortsetzung der Großen Koalition gut ausgegangen, ja, war von der Mehrheit der Wähler sogar gewollt. Doch der Gedanke, als Juniorpartner in einer Regierung zu sitzen, war nicht nur dem SPÖ-Vorsitzenden Christian Kern ein bisschen zu viel. Dann doch lieber Opposition spielen, "so lange, bis sich das schwarz-blaue Projekt selbst in die Luft gesprengt hat", sagt ein hoher sozialdemokratischer Funktionär.

Das könnte freilich weit länger dauern, als vielen nunmehrigen Oppositionspolitikern lieb ist. Die fünfjährige Legislaturperiode will man auf jeden Fall durchhalten, hört man aus beiden Regierungsparteien. Damit wäre die Pflicht erfüllt. Gelingt es, zumindest eine zweite Periode anzuhängen, um viele der angedachten Projekte umzusetzen, gilt das vor allem ÖVP-intern bereits als Kür.

Einstweilen bemüht man sich vor allem um ein angenehmes Gesprächsklima. Der Koalitionspartner wird häufig und wortreich gelobt. So dankt Kurz Strache für "die guten Gespräche". Und Strache bedankt sich bei Kurz für die "Verhandlungen auf Augenhöhe". Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen schließt sich dem an und bedankt sich bei der Angelobung bei Sebastian Kurz und den anderen neuen Regierungsmitgliedern.

Auf einer Linie

Doch bedeutet diese überbordende Harmonie nun automatisch, dass alle Freunde sind? Beziehungs-und Leadershipcoach Dominik Borde hat sich für News angesehen, wie gut die türkisen und blauen Spitzenpolitiker zusammenpassen. Was sagen ihre Körpersprache, ihr Kleidungsstil, ihre Wortwahl über die künftige Zusammenarbeit von ideologisch so verschieden geprägten Politikertypen aus?

Tatsächlich dürfte die Stimmung, die die türkis-blaue Regierungsriege der Öffentlichkeit präsentiert, mehr als ein Marketinggag sein. "Wenn Kurz und Strache gemeinsam auftreten, wird deutlich: Die beiden verstehen sich", analysiert Borde. "Wenn einer der beiden spricht, sieht der andere ihn an, sie laden sich mit Gesten ein, lachen auch miteinander." Dass Kurz und seine neue Volkspartei derzeit auch in vielen inhaltlichen Punkten mit der FPÖ auf einer Linie liegen, dürfte ebenfalls eine Rolle spielen. "Noch im Wahlkampf hat es Strache weniger lustig gefunden, dass Kurz seine klassischen Themenfelder besetzt hat. Bei den Verhandlungen und auch jetzt scheint dieser Umstand aber ein Vorteil zu sein", so der Coach.

Auch dass die beiden verschiedene Politikertypen darstellen, scheint nicht wirklich ein Problem zu sein. Für Borde ist der neue Kanzler vom Typ her nach wie vor "der Schwiegersohn in spe". Das bedeutet: "Kurz ist das Paradebeispiel eines jungen ÖVPlers: Er kommt aus bürgerlichem Haus, hat gute Manieren und ist selbstbewusst."

Auch habe sich Kurz' Auftritt seit dem Wahlkampf nicht wesentlich verändert: "Er betont seinen Willen zur Veränderung, bleibt seinem Kleidungsstil aber treu. Auffällig ist nur, dass er jetzt verstärkt zur Krawatte greift. Auch seine Handbewegungen sind nicht mehr so ausladend wie im Wahlkampf", so der Experte.

Strache hat sich hingegen vom Typus "alternder Playboy", so Borde, im Wahlkampf zum Staatsmann entwickelt. Das äußert sich in mehreren Punkten: "Strache ist anscheinend angekommen. Er versucht nun, die Rolle des Oppositionspolitikers abzustreifen wie eine zu klein gewordene Haut." Dieser "langsame Wandel" habe schon vor der Wahl begonnen: "Er zeigt sich mit Brille, einer zurückhaltenden Gestik und dem vermehrten Einsatz von Anzug und Krawatte." Auch sei der FPÖ-Chef nun deutlich selbstbewusster: "War seine tiefe, leicht schnarrige Stimme früher oft stakkatohaft, spricht Strache jetzt ruhiger und bedachter."

Nicht die Show stehlen

Unterstützt werden die beiden von einem ausgesuchten Kreis an Parteigängern. Kurz, dessen Verhandlungsteam ausschließlich aus Vertrauten zusammengesetzt war, nimmt zwei von ihnen mit ins Regierungsteam. Die frühere EU-Abgeordnete und Kurzzeit-Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger ist nun Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und Tourismus, ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel ist als Kanzleramtsminister für Medien, Kunst und Kultur sowie EU-Belange zuständig. "Köstinger ist das Paradebeispiel einer jungen Politikerin", sagt Borde, "wortgewandt, adrett und selbstbewusst." Sie sei "sympathisch, zum Angreifen und hat sich ihren Kärntner Dialekt bewahrt, der oft in nicht einstudierten Nebensätzen auftaucht". Ihr Kleidungsstil wirke dennoch, "als betreibe sie Understatement, als wolle sie niemandem die Show stehlen".

Blümel ähnelt hingegen in vielen Punkten dem ÖVP-Parteiobmann. Er verkörpert "den gleichen Typus erfolgshungriger Jungpolitiker", sagt Borde. Und auch wenn er die Bewegung um Kurz entscheidend mitgeprägt habe und Kurz auf ihn höre, könnte Blümel in Zukunft auch zum Konkurrenten von Kurz werden.

Auch Koalitionspartner Strache setzt auf Vertrautes und bringt zwei seiner Weggefährten in die Regierung mit. Der dritte Nationalratspräsident, Norbert Hofer, wird Infrastrukturminister, FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl übernimmt das Innenministerium. "Dass Hofer die sanfte Seite der FPÖ ist, hat er bereits im Bundespräsidentschaftswahlkampf gezeigt", analysiert der Coach. Er sei einer der wenigen Politiker, über den man private Details kenne, über seine Ehen, seine Kinder und seine Unfälle. "Er ist betont loyal und trägt die Parteilinie mit", so Borde, "gleichzeitig ist er quasi das Ass im Ärmel der FPÖ - womit Strache und er wohl auch Konkurrenten sind. Zumindest vermitteln sie das in ihrer Körpersprache."

Gutes Miteinander

Parteiintern könnte es also weit schneller krachen als zwischen den Koalitionspartnern. Denn auch die jeweiligen Vertrauten der Parteichefs scheinen gut miteinander auszukommen. "Lediglich im direkten Duell mit Kickl wird Köstinger noch zulegen müssen", sagt Borde, "Kickl mit seiner messerscharfen Rhetorik ist ein schwerer Gegner, zumal Köstinger für Europa und Mainstream steht -beides Themen, für die Kickl wenig übrig hat."

Im Gegenzug dazu herrscht zwischen den Parteichefs geradezu Harmonie - auch weil die Positionen zuordenbar sind. "Strache ist ganz klar der Erfahrenere von beiden und kann das Ganze gelassener angehen. Er hat wenig versprochen und genießt es sichtlich, sein Ziel, in die Regierung zu kommen, erreicht zu haben", sagt der Coach. Kurz sei im Gegenzug nicht nur jünger, sondern auch "hungriger auf Veränderung". Dem Jungspund kann das egal sein: Er ist eindeutig der Chef.

Dieser Artikel erschien in der News-Ausgabe 51/52

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Markus Wolf

Beide treiben ein Spiel gegen die Mitte. Das wird aud die Dauer nicht gut ausgehen. Und das ist gut so. Jeh schneller dieser Alptraum ein Ende hat, desto besser.

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