Österreichs letzte Weltrekordlerin wird 60:
Ilona Gusenbauer übersprang erstmals 1.92

Niederösterreicherin holte zwei Leichtathletik-EM-Titel Großmutter schöpft heute ihr kreatives Potenzial aus

"Alte Liebe rostet nicht", sagt Ilona Gusenbauer. Zu schön sind auch die Erinnerungen der österreichischen Hochsprung-Legende, die am 16. September ihren 60. Geburtstag feiert. Am 4. September 1971 schuf die am 16.9.1947 im deutschen Gummersbach geborene Leichtathletin einen Meilenstein der heimischen Sportgeschichte, übersprang im Rahmen des Fußball-Länderspiels Österreich - Schweden im Wiener Prater-Stadion mit 1,92 m die Weltrekord-Marke.

Österreichs letzte Weltrekordlerin wird 60:
Ilona Gusenbauer übersprang erstmals 1.92

Der "alten Liebe" hält Gusenbauer auch 36 Jahre später die Treue, verfolgt Leichtathletik-Übertragungen im TV und arbeitet nebenbei noch immer für das IMSB Südstadt. Jenes Sportzentrum im Süden Wiens, das vom heutigen Handball-Guru Gunnar Prokop aufgebaut wurde und dank Gusenbauer, Liese Prokop, Eva Janko und Maria Sykora zur Keimzelle rot-weiß-roter Leichtathletik-Großtaten avancierte. Und wo Gusenbauer Kraft für zwei EM-Titel (Halle und Freiluft), Olympia-Bronze 1972 und einen Weltrekord tankte.

Es sollte der bisher letzte für Österreich sein, und es war auch das Ende der 14 Jahre währenden Ära der legendären Rumänin Jolanda Balas, die den Weltrekord seit 1956 im Alleingang von 1,75 m scheibchenweise bis auf 1,91 m geschraubt hatte. Gusenbauers Topleistung war allerdings kein derart langer Bestand vergönnt. Schon bei den Olympischen Spielen 1972 in München stellte die aufstrebende Deutsche Ulrike Meyfarth die Marke ein, die Österreicherin, die noch im alten "Straddle"-Stil sprang, wurde Dritte.

Mit ihrer Karriere hatte Gusenbauer wenig später freilich schon so gut wie abgeschlossen. Dennoch ließ sie sich zum Weitermachen "überreden", eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 1976 in Montreal wurde ihr vom Verband aber nicht genehmigt. "Ich war schon akkreditiert, auch eingekleidet", erinnert sich die Jubilarin. "Mit 1,86 m hatte ich auch eine gute Basis für einen Mittelplatz. Dem ÖLV war es zu wenig, und ich wurde wieder ausgeladen. Das war's dann für mich."

Kreative "glückliche Oma"
Heute lebt Gusenbauer in Breitenfurt (NÖ) und schöpft seit mehreren Jahren ihr kreatives Potenzial ("ohne Zeichenstift war ich auch früher nie unterwegs") voll aus. So gehört ihre große Liebe nun der Malerei und Schnitzerei, als "glückliche Oma" aber auch ihren Enkeln. Was die aktuelle Situation der heimischen Leichtathletik betrifft, will sie jedenfalls nicht in die Kassandrarufe einstimmen: "Österreichs Top-Erfolge sind vergleichbar mit Kometen: Ab und zu taucht einer auf - und mit ihm ein strahlender Schweif. Dann dauert es halt wieder eine Weile ..."
(apa/red)