Wir können uns Skifahren
nicht mehr leisten

Für viele Österreicher ist unser Volkssport Nummer eins ein viel zu teures Hobby

von
Skiparadies Österreich? - Wir können uns Skifahren
nicht mehr leisten

Familie Breinl, das sind Monika, 37, Gregor, 45, Hannah, 9, Noah, 7, und die kleine Maya, 2. Die Eltern sind beide berufstätig, sie ist Krankenschwester, er Lokführer. Mit einem gemütlichen Einfamilienhaus haben sie sich einen Traum verwirklicht, den Kindern wollen sie vieles bieten, auch der Skisport gehört dazu. Aber was lang zur nationalen Identität zählte, fällt für die Mittelstandsfamilie unter die Kategorie Luxus - vor allem, wenn es sich um eine ganze Woche Skiurlaub handelt.

"Spar-Urlaub” um 2.000 Euro

Schon den vorigen Winterurlaub haben die Breinls mit 2.000 Euro für sieben Tage extrem knapp budgetiert: Eine Woche Selbstversorger-Appartement kam auf etwa 600 Euro, die Verpflegung, inklusive der einen oder anderen Jause auf der Skihütte, auf 400 Euro. Liftkarten für zwei Erwachsene und zwei Kinder schlugen mit weiteren 600 Euro zu Buche. Dabei sind sie nicht ins teure Tirol, sondern ins nur eine Stunde entfernte Skigebiet auf das Hochkar gereist. Dort sind die Preise vergleichsweise günstig.

Ein Hotel mit Kinderbetreuung? Darüber haben Monika und Gregor Breinl nicht einmal nachgedacht. Eine neue Skiausrüstung? Die bekam nur das älteste der drei Kinder. 150 Euro kosteten die Skier, 180 der Overall, und die Schuhe gab es gebraucht um 50 Euro. Noah trägt die Ausrüstung seiner Schwester auf und die kleine Maya wird es bald ebenso halten. Die Skier der Erwachsenen sind bald zehn Jahre alt.

» Viele unserer Freunde haben mit dem Skifahren aufgehört. Es ist zu teuer.«

Fazit: Für den Urlaub ganz ohne Extras und mit nur einer neuen Skiausrüstung legte die Familie 1.980 Euro aus. Und das zusätzlich zum "normalen“ Skiausflug an den Winterwochenenden. "Viele unserer Bekannten und Freunde“, sagt Monika Breinl, "haben mit dem Skifahren aufgehört. Es ist zu teuer.“

Reinhard Dayer, Bundesgeschäftsführer von Österreichs größtem und traditionsreichstem Schneesportveranstalter, den Naturfreunden, sagt: "Für eine durchschnittliche Familie wird das Skifahren immer unerschwinglicher.” Unter 3.000 Euro pro Woche für eine vierköpfige Familie läuft in den großen Skigebieten in Salzburg, Tirol oder Vorarlberg längst nichts mehr. Und als wesentlich Schuldige haben die Naturfreunde die Liftbetreiber ausgemacht.

Skifahren als Luxusgut

Laut einer Erhebung des Vereins für Konsumenteninformation zahlen Erwachsene für ein Tagesticket am Arlberg, in Ischgl oder in Sölden anno 2014/15 fast 50 Euro (siehe Tabelle). Skipässe für sechs Tage belasten das Budget einer vierköpfigen Familie in den Wintersportzentren mit bis zu 1.000 Euro. Rechnet man die Kosten für ein durchschnittliches Hotel und die Verpflegung dazu, liegt man rasch bei 4.000 bis 5.000 Euro für eine Woche. Nur, dass das Monatseinkommen einer durchschnittlichen österreichischen Mittelstandsfamilie 3.000 Euro beträgt.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Ehe man sich, wie die Familie Breinl, für eine Woche Skiurlaub in kaum zu bewältigende Unkosten stürzt, verzichtet man lieber gleich auf das Vergnügen.

»Müssen aufpassen, dass Skifahren bei uns kein Sport ausschließlich für die Reichen wird.«

Patrick Ortlieb ist nicht nur Olympiasieger und Abfahrtsweltmeister, sondern auch Präsident des Vorarlberger Skiverbands und mit seiner Familie Betreiber des 4-Sterne Plus-Hotels "Montana” in Oberlech. Deshalb beobachtet er die durchdrehende Preisspirale mit gemischten Gefühlen: "Einerseits investieren die Seilbahnbetreiber jedes Jahr viele hunderte Millionen in den Ausbau der Skigebiete. Andererseits müssen wir aber aufpassen, dass Skifahren bei uns in Österreich kein Sport ausschließlich für die Reichen wird, wie das zum Beispiel in Amerika der Fall ist.”

Forderung nach Gratis-Lifttickets für Kinder

Immer mehr Skigebiete schnüren daher preisgünstige Pakete speziell für Familien. Und mit Gratis-Skitagen für alle Vorarlberger Schulen sollen die heimischen Kinder wieder für den nicht mehr selbstverständlichen Wintersport begeistert werden. Die Naturfreunde fordern angesichts der Preisexplosion sogar flächendeckend Gratis-Lifttickets für alle Kinder unter 14 Jahren und schätzen die Kosten dafür auf 45 bis 50 Millionen Euro jährlich. Finanziert soll das durch Selbstbeschränkung der Liftbetreiber bei Neuerschließungen und Investitionen werden. Naturfreunde-Geschäftsführer Dayer: "Nicht jeder Sessellift muss beheizbar sein. Und ein Stopp bei der Kapazitätserweiterung kommt letztlich auch der Natur zugute.”

Keine Schulskikurs-Pflicht mehr

Dass man sich dem Nachwuchs zuwendet, ist verständlich, denn einer ganzen Freizeitkultur droht das Ende: Seit vor 20 Jahren die Schulskikurs-Pflicht abgeschafft wurde, geht die Zahl der Neueinsteiger kontinuierlich zurück. Nach einer repräsentativen Studie des Instituts "meinungsraum.at” fahren heute nur noch 38 Prozent der Österreicher zumindest gelegentlich Ski. Und nur 22 Prozent tun das regelmäßig jeden Winter. Die Ski-Nation Österreich ist also bloßer Mythos. Fast die Hälfte der von "meinungsraum at.” Befragten nennt die hohen Kosten eines Winterurlaubs als Hauptgrund, weshalb sie im Winter deutlich weniger oft oder überhaupt nicht mehr Ski fahren.

Der Salzburger Franz Schenner, früher Chef von "Blizzard” und heute Sprecher der "Allianz Zukunft Winter”, einer nationalen Plattform für Wintersport und Tourismus, glaubt nicht, dass die Causa ausschließlich über den Preis zu gewinnen ist: "Skifahren war noch nie ein billiges Vergnügen. Was die Qualität unserer Skigebiete anlangt, liegen wir international an der Spitze. Das hat natürlich auch seinen Preis. Aber verglichen mit der Schweiz oder Frankreich sind wir in Österreich noch immer relativ günstig. Wir versuchen aber, mit gezielten Angeboten wieder mehr Menschen zu begeistern.”

So werden in der Skiwelt Amade seit ein paar Jahren unter dem Kürzel "Learn2ski” dreitägige Skikurse schon ab 400 Euro angeboten - inklusive Hotel, Skipass und Leihskiern. Und das sogar mit Erfolgsgarantie: Wer nach diesen drei Tagen das Skifahren nicht in den Grundzügen beherrscht, bekommt das Geld zurück.

Tagesausflüge als Alternative

Die Familie Beindl aus Euratsfeld wird heuer auf den Urlaub, aber nicht gänzlich auf das Skifahren verzichten. Die Kinder absolvieren Skikurse um je 160 Euro, die Eltern werden sich Saisonkarten um je 360 Euro leisten. Zwei Kinder sind im Preis inkludiert. Doch schon im nächsten Jahr werden sie für die große Tochter den Jugendpreis entrichten müssen. Dann wird auch Maya, die Kleinste, ihre ersten Schwünge ziehen. Liftpreise sind der Zweijährigen noch herzlich egal - sie freut sich einfach darauf.

Kommentare

11223344 melden

da sollte man aber vorerst nachsehen ob der österreicher im eigenen land auch als urlauber gerne gesehen wird! in den meisten schiorten sieht man lieber ausländische touristen als einheimische, warum auch immer das so ist. wahrscheinlich lassen sich die ausländer besser über den tisch ziehen oder sie sind nicht so auf ein gutes service bedacht.

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...also zu deiner Meinung: das war ein Mal - vor ca. 40 Jahren, oder mehr, als die D-Mark noch hoch im Kurs stand und man als Österreicher seine Schilling in D-Mark umwechselte um die "frischeren Brötchen" zu bekommen! Glaubst du wirklich HEUTE lässt sich noch ein ausländischer Tourist über den Tisch ziehen? Ein gutes Service kostet Geld! Ich habe kein Problem in ein "Selfservice Restaurant" zu gehen.

AdLa melden

Wer sagt denn dass Tirol, oder Salzburg mehr zu bieten hat als die Steiermark oder Kärnten, außer die höheren Preise. Natürlich will man ja auch mit dem Urlaubsort ein bisschen angeben, Ischgl, St. Cristoph, oder Zürs usw. Aber man kann dort auch nur Schifahren, und Einkehrschwünge sind dort eben sehr teuer !

Tom Berger
Tom Berger melden

Hallo, ja die ganze Jammerei gibt es schon lange und immerwieder von der AK, aber ich muss ja nicht in die teuren Gebiete fahren wen ich es mir nicht leisten kann.Angeben gehört zum Urlaub! Es gibt in der Steiermark gute und günstige Skigebiete zb. am Hauereck bekomme ich für genannte Familie Liftkarten für 6 Tage um € 433,-- es gibt dort auch eine Vierersesselbahn .


günza melden

Dazu kommt aber noch der Aufenthalt und die Verpflegung usw. Die Ausrüstung kostet auch beim ausborgen einiges und so kommt für eine Woche mit zwei oder eventuell sogar drei Kindern einige Tausend Euro zusammen. Für zwei normalverdienende ist das dann eben zu viel. Ich glaube da schreiben wieder einmal die besserverdienenden oder die die alleine fahren solch einen Topfen.

Elcordes melden

Genau richtig. Und Ischgl, Zürs etc. ist ja wohl etwas übertrieben. Glaub nicht das dort eine Familie mit 2-3 Kinder hinfährt.

Sverc116 melden

In diesem herrlichen Land kann man sich seine ziele sehr wohl verwirklichen auch wenn man nicht Matischetz oder Wlaschek heißt. Man muss nur wissen wie man sich sein Geld einteilt. Zb auf gewisse Sachen verzichten um sich wiederum andere leisten zu können... Seit wann ist Luxusurlaub ein Grundbedürfnis, welches vom Staat finanziert werden soll?

Elcordes melden

@sverc116 Ich hoff Du weisst von was Du sprichst. So einen Schwachsinn hab ich selten gehört. Ich glaub Du lebst von Mama und Papa.

Was für ein Blödsinn... Das wäre das gleiche wenn man schreibt "Autos zu teuer, 150.000€" - Warum einen Bugatti kaufen wenns ein Golf auch tut? Genauso in den Ferien - Warum Arlberg, Tirol oder Salzburg wenn die Steiermark gut und teils günstig ist? ... naja... raunzen auf hohem Niveau. Wer das Beste will, muß eben dafür zahlen.

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