Zeit für eine
Psycherl-Analyse

Wie steht es um die österreichische Seele? Dieses Buch soll es klären

Spaß muss sein, auch am Nationalfeiertag! Und gerade weil wir stolz auf unser schönes Österreich sind, ist es umso amüsanter, eine fachkundige Analyse des Landes zu lesen. Mit Augenzwinkern von den "Austrologen" Erwin Steinhauer und Fritz Schindlecker verfasst.

von Seelenschau - Zeit für eine
Psycherl-Analyse © Bild: Uberreuter Verlag

Unter dem Titel "Wir sind super!² - Die österreichische Psycherl-Analyse" geben der Kabarettist und Kabarettautor einen humorvoll-kritischen Blick auf die österreichische Befindlichkeit, zeigen uns die Besonderheiten der Bundesländer und erklären uns unsere liebsten Nachbarn. Nachfolgend ein Auszug aus dem Buch, viel Spaß!

Grüß Gott, Welt!

Hör zu, Welt, wir haben dir so viel gegeben, wir Österreicherinnen und Österreicher: den Radetzky-Marsch, das Salzburger Nockerl, den Grünen Veltliner, Red Bull und nicht zu vergessen die Glock, die erfolgreichste Faustfeuerwaffe seit dem Colt-Peacemaker. Dazu auch noch, quasi als Extrabonus, die Psychoanalyse, den Austromarxismus, die Entdeckung des Franz-Josephs-Lands und das Punschkrapferl. Weiters: Kaiserschmarren, LD-Verfahren, Kaplanturbine, Nähmaschine, Rhesusfaktor, Steyrtraktor, Schrödingers Katz, den Heldenplatz, Schiffsschraube und Zweigelttraube.

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, selbst, wenn wir Sachertorte, Stanglpass und Stemmschwung gar nicht erwähnten. Und was, Welt, haben wir von dir bekommen? Nicht viel, unter uns gesagt! Oder? Außer sarkastischer Häme, verleumderischen Unterstellungen und übler Nachrede. Erst in jüngster Vergangenheit wurde von internationalen Presseorganen behauptet, wir könnten keine ordentliche Wahl organisieren! Ja, es wurde sogar überlegt uns OSZE-Beobachter zu schicken. Jetzt aber einmal ehrlich und Hand aufs Herz, Welt: Wie soll man geheim wählen, wenn man dabei dauernd beobachtet wird? Ja, da kann man jetzt schon ein bisserl nachdenken darüber, gell, Welt?

Außerdem wirft uns vor allem das deutsche Feuilleton in regelmäßigen Abständen immer wieder Drückebergerei und Schlendrian vor – besonders, was unseren kreativen Umgang mit europaweiten Problemlösungen oder gar unsere feinsinnige Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit betrifft. Jener Vergangenheit übrigens, die wir im platten landläufigen Verständnissinn nicht haben und erst recht nie hatten. Denn wir Österreicherinnen und Österreicher leben im Hier und Jetzt. Wir sind seit urdenklichen Zeiten bei jeder Hetz dabei, ohne aber jemals irgendwo dabei gewesen zu sein.

Um das einmal etwas volksnah und damit allgemein verständlich zu formulieren: Wir, die wir Stadt und Land von der March bis zum Bodensee und von der Thaya bis zum Brenner immer schon besiedeln, definieren uns niemals über unsere Gewesenheit, sondern ausschließlich über unser Sein. Und in jedem Seinsmoment wissen wir, dass uns nichts erspart bleiben wird, von dem wir im Nachhinein nicht sagen könnten, dass es sehr schön gewesen wäre und uns sehr gefreut hätte. Für uns war, rückblickend gesehen, immer alles schön und hat uns sehr gefreut.

Und warum? Weil wir immer alles richtig gemacht haben. Es gibt kein vergleichbares Volk, das immer alles so richtig gemacht hat wie wir Österreicher. Im 19. Jahrhundert, als Großmachtdenken in ganz Europa wahnsinnig angesagt war, da waren wir
eine Großmacht. Und als in den 1970er-Jahren die Mode des »Small is beautiful « aufkam, da waren wir schon seit Jahrzehnten ein aus dynastischen und nationalistischen Herrschaftsträumen übrig gebliebener Kleinstaat – und somit wieder einmal Vorreiter eines neuen Denkens!

Gut, liebe Welt, ja! Wir hören ganz deutlich deinen Einwand: Dazwischen habt ihr Ösis aber weiß Gott nicht immer alles hundertprozentig richtig gemacht. Richtig. Mag sein. Und? Wir gestehen das ja auch schon seit fast ewigen Zeiten mit kompromisslosen Einschränkungen knallhart beinahe immer wieder ein!

Aber das, was wir falsch gemacht haben, taten wir immer aus edlen Beweggründen. Sofern wir bei dem, was wir gemacht haben, überhaupt dabei waren, was wir aber, siehe oben, im Regelfall eben gar nicht waren.

Nur solch wunderbare Menschen, die ihr Gewissen erforschen und ihre Reue wecken, können mit sich selbst so flächendeckend im Einklang leben, wie wir das tun. Kein Wunder, dass der von uns so verehrte Freud Sigi ausgerechnet »bei uns daham« und nicht etwa für den Islam die Psychoanalyse erfunden hat.

Denn die Trinität von Es, Ich und Über-Ich ist im heimischen Volkscharakter ebenso harmonisiert wie in jeder einzelnen österreichischen Seele.

Und dies, obwohl wir es immer verdammt schwer hatten. Denn wie sagte schon im Jahre 1871 der österreichische Autor und Verwaltungsjurist Daniel Spitzer so richtig? "In Österreich fällt alles schwer: Jeder Theaterdirektor erklärt, das Theater sei in Österreich schwer zu leiten; jeder Bürgermeister, die Straßen seien in Österreich sehr schwer zu reinigen; jeder Polizeidirektor, die Mörder seien in Österreich schwer zu erwischen; und die Satiriker behaupten, es sei schwer, in Österreich keine Satire zu schreiben".

Inzwischen hat sich aber doch einiges geändert: Wir brauchen keine Satire mehr zu schreiben. Wir leben sie!

Neugierig geworden? Lesen Sie mehr dazu im Buch "Wir sind super!² - Die österreichische Psycherl-Analyse" von Erwin Steinhauer und Fritz Schindlecker. 208 Seiten, ISBN: 978-3-8000-7711-3, 21,95 Euro. Mehr Infos unter uberreuter-sachbuch.at

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