Landbauer legt alle
Funktionen zurück

31-Jähriger nimmt Landtagsmandat nicht an und geht als Stadtrat

Udo Landbauer hat am Donnerstagnachmittag bekanntgegeben, dass er alle politischen Funktionen zurücklegt. Er werde nicht nur sein am vergangenen Sonntag erreichtes Landtagsmandat nicht annehmen, sondern auch als Stadtrat in Wiener Neustadt gehen. Der Schritt erfolgt im Zusammenhang mit der NS-Liedgut-Affäre bei der Burschenschaft Germania, der Landbauer angehört hat.

von
© Video: APA

Seine Mitgliedschaft in der FPÖ hat der 31-Jährige ruhend gestellt. Selbiges tat er zuvor schon bei der Burschenschaft. Landbauer trat nach seinem Statement am Donnerstagnachmittag einen Urlaub an.

FPÖ hält Landbauer alle Türen offen

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimksy hat den Rücktritt des FPÖ-Spitzenkandidaten bei der niederösterreichischen Landtagswahl, Udo Landbauer, als einen "sehr mutigen Schritt eines untadeligen und aufrechten Politikers" gewürdigt. Dieser sei "unwissend und unschuldig Opfer einer politischen und medialen Hetze" geworden. Sobald die Vorwürfe aufgeklärt seien, stehe das Angebot "der völligen politischen Rehabilitierung".

"Ich kenne Landbauer seit vielen Jahren und weiß, dass seine Gedankenwelt getragen ist von Freiheitsstreben, Demokratie, Respekt und positiven Reformbemühungen, er mit den aktuellen Vorwürfen jedenfalls nicht das Geringste am Hut hat", betonte Vilimsky in einer Aussendung. Um bis zur restlosen Klärung der Vorwürfe "weder der Partei noch einer positiven Reformallianz in Niederösterreich" im Wege zu stehen, sei es "ein Akt politischer und auch menschlicher Größe, alle politischen Funktionen zurückzulegen", so der FP-Generalsekretär.

Gleichzeitig will die FPÖ dem über die NS-Liederbuchaffäre seiner Burschenschaft "Germania" gestolperten Landbauer alle Türen offen halten: "Damit aber steht gleichzeitig das Angebot der völligen politischen Rehabilitierung, sobald alles aufgeklärt ist und Landbauer seine Unschuld dokumentiert hat", sagte Vilimsky.

Strache zollt Landbauer Respekt

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Udo Landbauer nach dessen Rücktritt Respekt gezollt. "Ich nehme die heutige Entscheidung Udo Landbauers, sein Amt als Stadtrat zurückzulegen, das Landtagsmandat nicht anzunehmen und alle FPÖ-Funktionen und seine FPÖ-Mitgliedschaft bis zur endgültigen Klärung seiner Unschuld ruhend zu melden, mit großem Respekt und menschlicher Anerkennung zur Kenntnis", sagte Strache laut Aussendung. Landbauer zeige mit diesem Schritt Charakter, er wolle "nach all den medialen Vorverurteilungen" Schaden von der FPÖ abhalten und seine persönliche Unschuld beweisen, so Strache.

Auch betonte der Bundesparteiobmann, dass alle "konkret von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem widerlichen Liedtext einvernommenen Verdächtigen definitiv keine FPÖ-Mitglieder" seien. Die "einzelne und individuelle Schuld" bezüglich der Liedertext-Vorwürfe habe nunmehr von den Gerichten restlos geklärt zu werden.

»Eine pauschale Diffamierung und Hetze gegen Couleur- und Waffenstudenten und Burschenschaften lasse ich nicht zu und verwehre mich auch vehement und konsequent dagegen«

Generelle Kritik an den Burschenschaften wies Strache scharf zurück: "Eine pauschale Diffamierung und Hetze gegen Couleur- und Waffenstudenten und Burschenschaften lasse ich nicht zu und verwehre mich auch vehement und konsequent dagegen." Er sprach von medialer Hetze und einer Kampagne von politischen Mitbewerbern, dies sei zurückzuweisen.

In der FPÖ, aber auch im Dritten Lager im Allgemeinen, habe Antisemitismus nichts verloren und sei dort auch nicht vorhanden, so Strache. Die von ihm angekündigte Historikerkommission werde beim kommenden Bundesvorstand übernächste Woche beschlossen und danach eingesetzt. Die Kommission soll sich der Aufarbeitung der Vergangenheit in den Korporationen und im Dritten Lager widmen. Das hatte Strache bereits vor der Wahl anlässlich des Akademikerballs in er Wiener Hofburg angekündigt.

Kurz: "Richtige Konsequenzen"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßt im Skandal um ein NS-verherrlichendes Liederbuch den Rücktritt des niederösterreichischen Freiheitlichen Udo Landbauer: "Ich anerkenne die Entscheidung von Vizekanzler Heinz Christian Strache und der FPÖ. Mit seinem Rückzug aus allen politischen Funktionen zieht Udo Landbauer die richtigen Konsequenzen", meinte Kurz am Donnerstag zur APA.

Darüber hinaus würden die Ermittlungen fortgeführt und "jeder, der sich etwas zuschulden hat kommen lassen, ist mit der vollen Härte des NS-Verbotsgesetzes zu bestrafen", bekräftigte Kurz in der schriftlichen Stellungnahme. Einmal mehr begrüßte der Kanzler auch, dass Strache eine Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Lagers angekündigt hat.

Mikl-Leitner: "Richtige Entscheidung"

Diese "richtige Entscheidung im Sinne Niederösterreichs" sei ihr am Donnerstagvormittag von der freiheitlichen Landesspitze mitgeteilt worden, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nach ersten Parteiengesprächen.

Sie habe schon vergangene Woche klargestellt, dass es mit ihr "keine Zusammenarbeit mit Udo Landbauer geben" werde, so Mikl-Leitner. Der Spitzenkandidat der FPÖ bei der Wahl ist in die NS-Liederbuchaffäre bei der Wiener Neustädter Burschenschaft Germania involviert. Wer dem Ruf Niederösterreichs schade, "kann für mich kein Partner sein", so die Landeshauptfrau. Die Entscheidung der FPÖ "begrüße" sie. Damit könnten auch mit den Freiheitlichen Gespräche über ein mögliches Arbeitsübereinkommen aufgenommen werden.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte am Donnerstagvormittag die SPÖ (Landesvorsitzender Franz Schnabl, designierter Klubobmann Reinhard Hundsmüller) ebenso wie die FPÖ (Landeschef Walter Rosenkranz, Klubobmann Gottfried Waldhäusl) zu ersten Gesprächen getroffen. Ihr sei "parteiübergreifende Zusammenarbeit wichtig", betonte sie.

Konstruktives Gespräch

Das Gespräch mit der SPÖ sei "sehr konstruktiv" gewesen, der "Wille zur Zusammenarbeit" da. Daher werde in weiterer Folge auch über ein mögliches Arbeitsübereinkommen gesprochen werden, so Mikl-Leitner. Ebenso "konstruktiv" sei das Gespräch mit der FPÖ verlaufen.

"Keine Partei hat ein Moralmonopol"

"Keine Partei hat ein Moralmonopol", betonte die Landeshauptfrau neuerlich. "Das haben auch die Vorwürfe gegen nun ausgeschlossene SPÖ-Mitglieder, aber auch Einzelpersonen in unseren eigenen Reihen gezeigt. Entscheidend ist, wie man mit solchen Personen umgeht. Wir alle sind aufgefordert bei solchen schwerwiegenden Vorwürfen genau hinzusehen, alle dunklen Winkel auszuleuchten und konsequent gegen Antisemitismus vorzugehen."

Ebenfalls noch für Donnerstag hatte Mikl-Leitner die Grünen und NEOS zu Gesprächen geladen. Mit den beiden Nicht-Regierungsparteien will sie ausloten, "wie eine künftige Zusammenarbeit im NÖ Landtag stattfinden könnte".

Waldhäusl: Einer der erfahrensten Politiker

Die Personalentscheidung ist letztlich nicht überraschend gekommen: Mit Gottfried Waldhäusl wird an Landbauers Stelle einer der erfahrensten Politiker der niederösterreichischen FPÖ künftiges Regierungsmitglied in St. Pölten. Der 52-Jährige gehörte zwei Jahrzehnte lang dem Landtag an, seit 2008 war er Klubobmann.

Diese Funktion wollte Waldhäusl eigentlich auch weiter ausüben. "Ich werde es nicht sein", hatte er noch am Abend der niederösterreichischen Landtagswahl darauf geantwortet, wer denn FPÖ-Landesrat werde. Zwei Tage später klang das schon anders: "Wenn es im Sinne Niederösterreichs und der Partei ist, werde ich mich nicht dagegenstellen."

Nicht zimperlich

Als Mandatar war Waldhäusl in seiner Wortwahl nicht immer zimperlich, was ihm im Landesparlament wiederholt Ordnungsrufe eintrug. Wolfgang Sobotka, damals ÖVP-Landesvize, hatte er im Zusammenhang mit der Finanzierung der NÖ Landesgartenschau als "Triebtäter, dem das Handwerk gelegt gehört" bezeichnet. Obwohl auch bekennender Kritiker des früheren Landeshauptmannes Erwin Pröll, den er einmal sogar als "Diktator" tituliert hatte, sprach selbst Waldhäusl nach dem Erfolg der ÖVP 2008 davon, dass 54,39 Prozent "beachtlich" seien und reihte sich in die Schar der Gratulanten ein.

Noch zehn Tage vor der jüngsten Landtagswahl präsentierte der nun designierte Landesrat eine Broschüre mit "Sündenregistern" der Mehrheitspartei unter dem Titel "Wir sind wir - Schwarzes 'Miteinander'". In wenigen Wochen wird er der niederösterreichischen Landesregierung angehören, in der die ÖVP sechs der neun Mitglieder stellt.

Gottfried Waldhäusl wurde am 30. Oktober 1965 geboren. Sein Brotberuf ist Landwirt. Schon im Alter von 20 Jahren übernahm er den elterlichen Betrieb im Waldviertel. 1990 bis 2000 war Waldhäusl Gemeinderat bzw. geschäftsführender Gemeinderat in Pfaffenschlag. Seit 1993 ist er Bezirksparteiobmann in Waidhofen an der Thaya, wo die FPÖ am vergangenen Wahlsonntag mit einem Plus von 9,77 Prozentpunkten auf 20,35 Prozent sogar die SPÖ auf Platz drei verdrängte.

Von 1995 bis 2005 war Waldhäusl Landwirtschaftskammerrat. 2003 bis 2008 fungierte er als Obmann des Gemeindevertreterverbandes für Freiheitliche und Unabhängige.

Mit der Niederösterreich-Wahl 1998 zog Waldhäusl in den Landtag ein. Zuvor war der Waldviertler ab 1995 Bundesrat. Vor nunmehr zehn Jahren wurde er Klubchef. Seit 2015 ist er auch Vizebürgermeister in Waidhofen a.d. Thaya. Diese Funktion darf der 52-Jährige auch als Landesrat weiter ausüben. Verboten ist Regierungsmitgliedern in Niederösterreich laut einer seit 2003 gültigen Unvereinbarkeitsregelung, dass sie auch als Bürgermeister tätig sind.

SPÖ & NEOS fordern Rücktritt Landbauers von allen Ämtern

Der SPÖ geht die Reaktion der FPÖ nach der NS-Liederbuch-Causa rund um Spitzenkandidat Udo Landbauer zu wenig weit. Bundesgeschäftsführer Max Lercher forderte am Donnerstag den Rücktritt Landbauers von allen politischen Ämtern. Dass die FPÖ statt dem Spitzenkandidaten nun den bisherigen niederösterreichischen Klubobmann Gottfried Waldhäusl in die Landesregierung entsendet, reiche nicht aus.

»Die SPÖ hat vorgezeigt, wie man klare Konsequenzen zieht. Jetzt ist die FPÖ gefordert«

Lercher verwies auch auf einen Bericht der "ZiB 2" des ORF vom Mittwochabend, die von einem "Insider" aus Landbauers Burschenschaft Germania berichtet hatte. Dieser erzählte davon, dass in der Burschenschaft auch in der jüngeren Vergangenheit Lieder mit rechtsradikalem und antisemitischem Gedankengut gesungen worden seien. "Der Rücktritt und Parteiausschluss von Udo Landbauer ist damit überfällig", meint Lercher via Aussendung. Die SPÖ habe vorgezeigt, "wie man klare Konsequenzen zieht", sagte er mit Blick auf den Ausschluss eines SP-Mitgliedes, das in der Liederbuch-Causa beteiligt sein dürfte. "Jetzt ist die FPÖ gefordert."

»Rechtsextreme Burschenschafter haben in Regierungen, Kabinetten und an der Staatsspitze nichts verloren. «

Lercher forderte in der Aussendung auch Konsequenzen auf lokaler Ebene: "Wiener Neustadts Bürgermeister Klaus Schneeberger hat argumentiert, dass er Beweise braucht, um Udo Landbauer als Stadtrat abzusetzen. Die Beweise liegen nun vor, Konsequenzen zu ziehen, ist das Mindeste, was sich die Österreicherinnen und Österreicher erwarten können." Schneeberger solle "dem Vorbild von Johanna Mikl-Leitner folgen" und endlich "eine rote Linie ziehen".

Gleiches forderte Lercher von der FPÖ ein: "Rechtsextreme Burschenschafter" hätten in Regierungen, Kabinetten und an der Staatsspitze nichts verloren. "Die FPÖ muss sich von diesen Personen ein für allemal trennen", so die Forderung des SP-Geschäftsführers.

»Der Rückzug Landbauers ist der einzig richtige Schritt für Niederösterreich«

"Der Rückzug Landbauers ist der einzig richtige Schritt für Niederösterreich." Mit diesen Worten reagierte die Fraktionsvorsitzende von NEOS NÖ, Indra Collini, auf die Entscheidung der FPÖ, Udo Landbauer nicht in die niederösterreichische Landesregierung zu entsenden. "Dabei allein darf es aber nicht bleiben: Udo Landbauer muss von allen politischen Funktionen zurücktreten", forderte Collini.

"Dieser Stil und diese Geisteshaltung haben in Niederösterreich und vor allem in der nächsten Landesregierung keinen Platz", hielt die pinke Fraktionschefin in einer Aussendung am Donnerstag fest. Sie erneuerte zugleich die Forderung der NEOS, den Proporz in dem Bundesland abzuschaffen: "Jetzt wäre es an der Zeit, denn Niederösterreich braucht eine Regierung, die miteinander regieren will und nicht bloß miteinander regieren muss."

Wer mehr Freiheit in Niederösterreich will, müsse auch ein Interesse daran haben, dass das Land frei von Zwangs-Kooperationen regiert wird, meinte Collini: "So können wir auch in Zukunft besser verhindern, dass solches Gedankengut Einzug in die niederösterreichische Landesregierung findet."