Die Ziele der Parteien: Wer will was?

Über Chancen, Ziele und Positionen der Parteien

Dirty-Campaigning-Aktivitäten, gefälschte Grafiken, falsche Wahlversprechungen und unzählige Klagen – im Wahlkampf geht oft der Blick auf das Wesentliche verloren. Doch was sind die eigentlichen Ziele der Parteien?

von
NR-Wahl - Die Ziele der Parteien: Wer will was?

Eineinhalb Jahre nachdem Christian Kern die Führung der SPÖ übernahm, liegt diese in den Umfragen deutlich hinter der FPÖ und Kopf an Kopf mit der FPÖ. Dennoch ist es Kerns Wahlziel, Erster zu bleiben. Dafür legte er ein proeuropäisches und sozial ausgerichtetes 213-seitiges Wahlprogramm vor mit – und das wurde Kern im Laufe des Wahlkampfs nie müde zu betonen – „konkreten, inhaltlichen Vorschlägen“ für die Zukunft Österreichs: So stehen unter anderem 200.000 neue Jobs, ein New Deal für die Wirtschaft, 1.500 Euro Mindestlohn und die Senkung der Lohnnebenkosten auf dem „Plan A“. News unterzog die (fragwürdige) Finanzierung der angekündigten Reformen einem Faktencheck.

Gelingt Kern ein Sieg, stellt sich die Frage nach dem Regierungspartner: Die Fortsetzung der Großen Koalition ist fraglich, Rot-Blau brächte Kern gröbere innerparteiliche Probleme - und andere Mehrheiten zeichnen sich nicht ab. Gelingt es nicht, würde Kern - wenn er bleibt - Oppositionsführer. Für die SPÖ ist diese Rolle ungewohnt: In 18 der 21 Legislaturperioden war sie Regierungspartei, seit 1970 stellte sie - unterbrochen nur durch die schwarz-blauen Jahre von 2000 bis 2006 - über fast 40 Jahre den Kanzler. Aber auch zuzulegen ist für die SPÖ die Ausnahme: Seit 1979, wo sie unter Bruno Kreisky den Spitzenwert von 51,03 Prozent holte, gab es nur zweimal ein Plus. In Summe hat sich die SPÖ seit damals auf zuletzt 26,82 Prozent fast halbiert.

Zurück an die Spitze

Die ÖVP ist guter Hoffnung, erstmals seit 2002 wieder Nummer 1 zu werden und mit dem erst 31-jährigen Sebastian Kurz endlich wieder den Kanzler zu stellen. Dafür braucht sie ein kräftiges Plus, fiel doch auch die ÖVP 2003 mit 23,99 Prozent noch tiefer ins historische Tief. Seit Kurz im Mai Reinhold Mitterlehner als Parteichef beerbte, sind die Umfragewerte auf über 30 Prozent geklettert, was beständig Platz 1 bedeutete. Wie schon unter Schüssel ist Schwarz-Blau unter Kurz alles andere als ausgeschlossen. Damit bliebe die ÖVP, was sie durchgehend seit Anfang 1987 ist: Regierungspartei.

„Zurück an die Spitze“ ist allerdings nicht nur das Motto der ÖVP, sondern auch der Titel des Wahlprogramms. Das Ziel der sich selbst nun „Bewegung“ nennenden Volkspartei, sei Österreich zurück an die Spitze zu führen. Kurz fordert eine „Neue Gerechtigkeit“, „Aufbruch und Wohlstand“ sowie Ordnung und Sicherheit“. Dass die „Neue Gerechtigkeit“ jedoch längst nicht alle miteinbezieht, zeigt dieser Faktencheck.

Die "Fairness-Krise" der FPÖ

Für die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hat es schon besser ausgesehen: Bis zu Kurz' Übernahme der ÖVP war sie beständig Erste in den Umfragen, jetzt liegt sie Kopf an Kopf mit der SPÖ hinter der ÖVP. Und so veränderte sich Heinz-Christian Straches Ziel weg vom Kanzlertraum hin zur Verhinderung von „Rot-Schwarz“. Dafür ruft Strache schon einmal eine „Fairness-Krise“ aus und will diese mit 100 Forderungen beseitigen. Eine davon ist die Begrenzung des Ausländeranteils in den Schulen. Auch diese hat News einem Faktencheck unterzogen.

Die übergeordneten Themen „Unsere Grenzen sichern“, „Unsere Kultur und Bevölkerung“ und „Unser Land verteidigen“ stehen dabei in gewohnter FPÖ-Manier ganz oben auf der Agenda und finden ihre visuelle Repräsentation auch in der Werbespot-Serie „Die Hubers“ wieder:

Was die Regierungsbeteiligung betrifft, zeigt sich doch einerseits die ÖVP geneigt und schließt doch andererseits auch die SPÖ eine Zusammenarbeit nicht mehr komplett aus. Erfahrungen hat die FPÖ mit beiden schon gesammelt, in Summe fast neun Jahre - zuerst mit Rot-Blau in den 1980er-Jahren und dann mit Schwarz-Blau von 2000 bis 2005.

Die Grünen „steuern das Land in Richtung Zukunft“

Ob und wie stark die Grünen „das Land in Richtung Zukunft steuern“ können, wird sich am 15. Oktober zeigen. "Zweistellig" ist ihnen in den letzten drei Wahlen gelungen. Heuer wird es schwierig: Laut den Umfragen droht ihnen die Halbierung gegenüber dem Rekord von 12,42 Prozent, der bei ihnen bei der letzten Wahl mit Eva Glawischnig gelang. Diese hat sich im Mai überraschend verabschiedet - und rundherum gab es jede Menge Ärger mit der ausgeschlossenen Jugendpartei, dem bei der Listenwahl durchgefallenen Peter Pilz und einer ähnlichen Spaltung in Kärnten. Überraschend ist auch, dass sich die Grünen erst kurz vor der Wahl ihrem Kernthema, dem Klimaschutz widmen.

NEOS mit Zukunft

Die NEOS geben die Zweistelligkeit schon in ihrer zweiten Wahl als Ziel aus. Hoffen lässt Parteichef Matthias Strolz, dass er Irmgard Griss als Mitstreiterin gewonnen hat, die bei der Bundespräsidentenwahl 2016 immerhin 18,9 Prozent holte. In den Umfragen zeichnet sich ein zweistelliges Ergebnis aber nicht ab: Demnach muss Strolz zwar nicht wirklich um den Verbleib im Nationalrat fürchten, aber sehr viel dürfte zu den 4,96 Prozent des Jahres 2013 nicht dazukommen.

"Österreich braucht mehr Inhalte, weniger Intrigen, mehr Tempo bei Lösungen statt Taktik und mehr Freiheit statt Filz", fasste Partei-Chef Matthias Strolz die Slogans zusammen.

Chancen für Pilz

Der Liste Pilz geben die Meinungsforscher durchaus Chancen, den Nationalrat zu erobern. Listengründer Peter Pilz kennt diesen gut: Er war beim Einzug der Grünen 1986 dabei und dann fast 23 Jahre. Gemeinsam mit ihm um den Verbleib im Parlament bemühen sich drei weitere Abgeordnete, die keinen fixen Listenplatz mehr bekommen haben: Seine ex-grünen Kollegen Wolfgang Zinggl und Bruno Rossmann sowie die bisherige SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Letztere könnte der Liste einige rote Stimmen bringen.

Die meisten werden wohl von den Grünen kommen, Pilz selbst sieht sich als Angebot für die Grün-Wähler, die sich in letzter Zeit von seiner Ex-Partei verabschiedet haben. Aber auch Protest/FPÖ-Wähler und Weißwähler hat er im Fokus - und steckt sein Wahlziel hoch: Auch Pilz strebt die Zweistelligkeit an. Sein Programm sind seine KandidatInnen. Für Aufregung sorgte Pilz noch kurz für den Wahl mit seinem Sager der „Silberstein-freien“ Republik.

Keine Chance auf Einzug ins Parlament

Vier weitere Parteien werden österreichweit am Stimmzettel stehen: Die von Ex-Team Stronach-Abgeordneten unterstützen "Weißen", die Freie Liste Österreich des Ex-FPÖ-Politikers Karl Schnell, die Liste GILT des Kabarettisten Roland Düringer - und auch heuer wieder die KPÖ. Sie haben laut Umfragen keine Chance auf den Einzug ins Parlament. Zwischen einem und vier Prozent werden in den veröffentlichten Umfragen für alle "sonstigen" Parteien gemeinsam ausgewiesen. Keine Chance auf den Einzug ins Parlament haben auch die sechs Parteien, die nur in einzelnen Bundesländern antreten: Die Sozialistische LinksPartei SLP in Wien und Oberösterreich, in Wien dazu noch "Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt" (EUAUS) sowie "Obdachlose in der Politik" (ODP) und in Vorarlberg die Christliche Partei (CPÖ), die Männerpartei (M) und die Neue Bewegung für die Zukunft (NBZ).