Was hinter NFTs steckt

Der Österreicher Erwin Wurm hat es getan und noch viele renommierte Künstler mehr: Sie kreieren NFTs. Was hinter den sogenannten "Non-Fungible Tokens" steckt. Wer damit Geld verdient und wie viel.

von NFT © Bild: imago images/UPI Photo

Von Anfang 2021 bis zum Sommer desselben Jahres wurde auf der größten NFT-Plattform "OpenSea" 1 Milliarde US-Dollar umgesetzt. Es fließt also extrem viel Geld in diese Form der digitalen Kunst. Doch was sind NFTs überhaupt?

1. Was ist ein NFT?

NFT steht für "Non-Fungible Token", also ein nicht ersetzbares (engl.: non fungible) digital verschlüsseltes Objekt. "Ein NFT ist ein auf einer Blockchain verwalteter Vermögenswert", sagt Alfred Taudes, wissenschaftlicher Leiter und Koordinator des "Austrian Blockchain Center" des Forschungsinstituts für Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU).

Alfred Taudes
© Fotostudio Huger | Stephan Huger Blockchain-Experte Alfred Taudes

Eine Blockchain ist wiederum ein allgemein zugängliches, dezentral geführtes und nicht überschreibbares Register. Ein Token hat einen eindeutigen Eigentümer, der mittels eines privaten Schlüssels über den Token verfügen kann. Die ersten auf Blockchains verwalteten Tokens waren Kryptowährungen wie Bitcoin, teilt Taudes mit. Diese seien "fungible Token", da sie austauschbar sind, so wie beispielsweise Euro oder Dollar. "Wenn Sie jemanden einen 10 Euro Schein borgen ist es kein Problem, wenn die Schuld in zwei 5 Euro Scheinen beglichen wird. 'Non fungible Token' hingegen sind einzigartig und nicht untereinander austauschbar: wenn Sie beispielsweise ein Gemälde verleihen, erwarten Sie, dass dasselbe Gemälde retourniert wird und nicht ein anderes", sagt der WU-​Professor.

NFTs werden erzeugt, indem die unterschiedlichen Tokens und die diese beschreibenden Metadaten wie Grafiken erstellt werden. In Form eines sogenannten "Smart Contracts" werden sie auf die Blockchain geschrieben. Dieser Contract speichert ein Register der Eigentümer der Token und führt den Eigentumstransfer durch. NFTs sind also eine Art digitales Echtheits- und Eigentumszertifikat.

Das NFT von Künstlerin Katharina Grosse mit dem Titel "NUMBER ONE" war für 24 Stunden um 999 US-Dollar auf misa.art zu kaufen:

Die derzeit gängigste Art von NFTs sind digitale Bilder, es gibt allerdings unter anderem auch NFTs von Musikstücken, Sammelkarten, Tickets, realen Gemälden oder Immobilien.

2. Wer profitiert von NFTs?

Andy Picci, The shape of love
© Misa/König Galerie/Andy Picci Ein NFT von Andy Picci mit dem Titel "The Shape of Love" 2021 (misa.art)

Der Erzeuger von NFTs kann spezifizieren, dass er automatisch bei jedem Wiederverkauf einen vorgegebenen Anteil am Verkaufserlös erhält. "Das ist ein großer Vorteil zur heutigen Kunstwelt, in der der Künstler an der Wertsteigerung seiner Werke nicht mit partizipieren kann und nur Mittelsmänner davon profitieren", erklärt Taudes. Ein NFT ermögliche Künstlern mit digitaler Kunst Geld zu verdienen: Einerseits, weil digitales Eigentum einen Wert darstellt, während Grafikdateien einfach und kostenfrei kopierbar sind. Und andererseits, weil vom Wiederverkauf profitiert wird und direkt vom Künstler gekauft werden kann.

Bezahlt werden NFTs meist mittels Kryptowährungen, wobei für jede Transaktion Gebühren für die Blockchain anfallen. Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Die Galerie König, gegründet von dem Berliner Galerist und Kunstvermittler Johann König, nimmt auch Zahlen via Kreditkarten oder Paypal an. "Man kann also in Kryptowährungen wie Bitcoin oder beispielsweise in US-Dollar bezahlen. Das können viele der Krypto-Plattformen nicht. Deshalb sprechen wir sowohl digitale als auch analoge Sammler an", sagt König. Die König Galerie sei auf einem guten Weg – nicht zuletzt, weil sie "den Kaufprozess so unkompliziert gemacht hat: Mit der Zahlung wird eine Wallet generiert, die man per E-Mail erhält und auf die der Kunde dann zugreifen kann. Das ist so einfach, wie ein Paar Schuhe online zu kaufen", teilt der Galerist mit.

Johann König
© Murat Aslan Der renommierte Galerist Johann König sieht in NFTs eine Chance zur Weiterentwicklung für Künstler und Kunstinteressierte

Und wo bleiben bei dieser Form der digitalen Kunst die Kunstvermittler und Galeristen? Beim Weiterverkauf fallen Galeristen sonst auch weg, wie König erklärt. "Wenn ein Sammler eine Skulptur weiterverkauft, profitiert in Europa ebenfalls der Künstler. Wir profitieren eben bei der Erstvermittlung", sagt er. Für ihn als Galerist gebe es in diesem Sinn keinen Unterschied zwischen digitaler und analoger Kunst - außer, dass die Technologie, "die wir nutzen, sehr viel nachhaltiger und umweltfreundlicher ist, weil es sich um eine sogenannte Proof-of-Stake-Blockchain handelt (Anm. der Red.: diese Blockchain kommt im Gegensatz zu Bitcoin und Ethereum ohne zeit- und energieintensives Mining aus) . Und bei NFTs fallen Prozesse wie die Produktion, Verpackung oder Versand weg".

3. Wie viel Geld wird lukriert?

Und wie groß ist aktuell die Nachfrage nach NFTs am Kunstmarkt? "Das ist immer schwer zu prognostizieren", sagt König. Das NFT von Erwin Wurm "Breathe In, Breathe Out" wurde laut König 641 mal verkauft. Ein Exemplar, das von 30. bis 31. August auf misa.art zu erwerben war, kostete 999 US-Dollar. Der zeitliche Rahmen limitiert hier das Kunstwerk und nicht wie sonst üblich die Auflage.

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Der Galerist glaubt daran, dass der Markt für NFTs in Europa noch wachsen wird. "Es ist eine Chance für die Künstler aus dem Digitalbereich, in den analogen Bereich zu kommen und umgekehrt. Die König Galerie vertritt etwa mit Katharina Grosse und Erwin Wurm zwei in dem klassischen Bereich arbeitenden Künstler, die jetzt auch im digitalen Bereich arbeiten. Und umgekehrt haben wir digitale Künstler wie Manuel Rossner, die angefangen haben, physische Arbeiten zu realisieren", sagt König.

Erwin Wurm ist mit einem Porsche in den NFT-Kunstmarkt eingestiegen (dieses NFT war von 30. bis 31. August käuflich zu erwerben):

Mit NFTs lässt sich jedenfalls gutes Geld verdienen: "So richtig losgegangen ist der NFT-Hype mit der Auktion des digitalen Kunstwerks des Künstlers Beeple um 69 Million US-Dollar im März 2021. Analog zu Kryptowährungen unterliegen NFTs starken Wertschwankungen", erklärt Blockchain-Experte Taudes. Neben der größten NFT-Plattform "OpenSea" mit über 20.000 Nutzern gibt es noch zahlreiche andere Plattformen. Nachgefragt werden NFTs laut Taudes vor allem von Besitzern von Kryptowährungen, deren Zahl und Kaufkraft aufgrund der starken Kursanstiege von Bitcoin und Co. die Nachfrageseite des Marktes treiben.

Dieses digitale Kunstwerk des US-Künstlers Beeple - eine Collage aus 5000 kleinen Bildern - wurde für rund 69 Millionen US-Dollar beim Auktionshaus Christie's versteigert. Über das Kunstwerk ist sogar ein Buch mit dem Titel "Beeple: Everydays, the First 5,000 Images" erschienen.*

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4. Welche Rolle wird die digitale Kunst künftig spielen?

Johann König zeigt sich überzeugt, dass die digitale und die analoge Kunst zusammenwachsen werden. Künftig stelle sich nicht die Frage "Malerei oder Skulptur?", sondern was das richtige Medium für die künstlerische Idee sei. "Die Blockchain ermöglicht auch die Fraktionalisierung von Kunstwerken. Das bedeutet, dass man beispielsweise nicht ein ganzes Gemälde kauft, sondern sich an einem beteiligt. Da sehe ich große Chancen für jene Menschen, denen der Kunstmarkt bis dato verschlossen war, weil sie nicht über so hohe Summen verfügen, um daran teilzunehmen", sagt König.

Weiterführende Information:

• Am 7. Oktober 2021 eröffnet Johann König im Kleinem Haus der Kunst eine Dependance in Wien. Dort soll die digitale Kunst ebenfalls eine Rolle spielen.

• Die Sonderausstellung "PROOF OF ART" im Kunstmuseum Francisco Carolinum in Linz (bis 12. Okt. 2021) widmet sich einer kurzen Geschichte der NFTs

5. Was sollte man beachten, wenn man ein NFT erwerben will?

Generell sollte ein Käufer mit der Blockchaintechnologie vertraut sein, wie Taudes mitteilt. Man sollte mit einem Wallet (Wallets sind ähnlich wie Geldbörsen ein digitaler Verwahrungsort für Kryptowährungen) umgehen können und Kryptowährungen besitzen. "Es erlauben zwar einige Plattform die Bezahlung in Dollar, allerdings werden die erworbenen NFTs dann wie Bitcoins in einem Wallet verwaltet. Als Anbieter von NFTs sollte man sich genau überlegen, welche Rechte man den künftigen Käufern weitergibt", sagt Taudes.