NEWS-Protokoll eines verpatzten Putsches: Wie Gusenbauer & Faymann alle ausblufften

Gusenbauer-Gegner fanden keine geschlossene Linie Rote Spiele: Bundeskanzler bremst sogar Häupl aus

NEWS-Protokoll eines verpatzten Putsches: Wie Gusenbauer & Faymann alle ausblufften

Des Kanzlers Gegner bringen immer stärker SP-Infrastrukturminister Werner Faymann als neuen Regierungschef in Stellung. Faymann ist gerade in Luxemburg gelandet. Er telefoniert mit seiner langjährigen Vertrauten, SP-Frauenministerin Doris Bures. Sie besprechen die dramatische Lage. Sie wollen ihrem alten Freund helfen.

Kanzler zeigt Nerven
Bures telefoniert mit dem angeschlagenen Kanzler. Sie versichert ihm: "Der Werner ist loyal." Gusenbauer gibt sich bedeckt. Indes sammeln sich seine Gegner. Es ist Freitag. Sie wollen die rote Präsidiumssitzung für den darauf folgenden Montag vorbereiten. Allein: Die Gusenbauer-Gegner finden keine geschlossene Linie. Einzelne Alt-Granden wollen "Gusenbauers sofortigen Sturz". Die SPÖ-Landeschefs von Wien, Michael Häupl, Oberösterreich, Erich Haider, und Burgenland, Hans Niessl, stoppen alle sofortigen Umsturzpläne. Häupl will beim seit Monaten vorbereiteten Plan bleiben und Gusenbauer erst im August zum "geordneten" Rückzug drängen. Gegenüber Gusenbauer tritt Häupl zu dieser Zeit noch freundlich auf. Immerhin hatten sie erst zwei Tage zuvor noch gemeinsam Fußball geschaut und vereinbart, im Präsidium jegliche Personaldiskussion abzuwürgen. Indes wird über den tatsächlichen Nachfolgekandidaten gerätselt. Während immer mehr lancieren: "Faymann ist fix und mit Häupl vereinbart", berichten andere rote Rebellen, dass ein Überraschungskandidat präsentiert werden soll. Allerdings erst im August.

Rettungsstrategien
Am Samstag treffen sich SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos, Bures und Gusenbauer im Gartenhotel Altmannsdorf. Sie beraten gemeinsam diverse Rettungsstrategien. Gusenbauer wirkt wieder kämpferischer. Indes wird er von Vertrauten über die Häupl-Pläne informiert. Zu diesem Zeitpunkt gehen selbst seine massivsten Gegner davon aus, dass der "Putsch" auf die nächste Präsidiumssitzung am 7. Juli verschoben sei. Ein geplantes Rebellentreffen für Sonntag in Wien wird abgesagt. Ihnen wird allerdings berichtet, Gusenbauer würde an einem "Gegenplan" arbeiten. Sie belächeln das.

Kanzler lässt sich nicht in die Karten schauen
Gusenbauer telefoniert immer wieder mit seinem alten Freund aus gemeinsamen SJ-Tagen, Faymann. Ein Interview mit Häupl erscheint, in dem er auch offiziell eine sofortige Personalentscheidung ausschließt. Am Sonntagabend treffen sich dann Gusenbauer, Bures, Darabos und Faymann in Wien. Es werden unterschiedliche Szenarien entwickelt. Der umstrittene Kanzler lässt sich nicht vollständig in die Karten schauen.

Gusenbauer bremst Häupl aus
Montagfrüh ist Gusenbauer fest entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen. Häupl schließt unmittelbar vor der SP-Präsidiumssitzung Personalentscheidungen doch nicht mehr aus. Tirols SPÖ-Landeschef Hannes Gschwendtner berichtet kurz über die Ursachen des SPÖ-Debakels in Tirol. Einige Gusenbauer-Kritiker haben eine Wunschliste an den Kanzler vorbereitet. Gusenbauer macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Statt die von seinen Vertrauten lancierte inhaltliche Debatte zu führen, löst er selbst eine Diskussion über seinen Kopf aus. Für die meisten Anwesenden völlig überraschend, schlägt er eine Ämtertrennung zwischen Werner Faymann als Parteichef und ihm als Kanzler vor. Häupl, der steirische Landeshauptmann Franz Voves, Erich Haider, Kärntens Gaby Schaunig, Niederösterreichs Josef Leitner und die Gewerkschafter argumentieren harsch dagegen. Gusenbauer bleibt stur und stellt seinen verdutzten Gegnern völlig überraschend seinen Komplettrückzug in Aussicht. Jetzt haben sie ein Problem: Denn ihr vermeintlicher Gegenkandidat unterstützt Gusenbauer in offener Sitzung und nimmt sein Angebot an.

Die Gegner versuchen weiter, die Entscheidung aufzuschieben. Die Diskussion wird immer hitziger. Gusenbauer will es wissen. Heute müsse die Entscheidung fallen. Und Gusenbauer löst in der Sitzung auch seine beiden Bundesgeschäftsführer, Josef Kalina und Reinhard Winterauer, ab. Er präsentiert Frauenministerin Doris Bures als neue alleinige Parteimanagerin. Die Anwesenden sind überwiegend fassungslos.

Indes wartet bereits der SPÖ-Parteivorstand seit über zwei Stunden im Parlament - ohne Nachrichten aus der Löwelstraße, wo die roten Granden tagen.

Vorstandsmitglieder gehen
Die Wiener Vorstandsmitglieder verlassen grantig den Vorstand, bevor er beginnt. Sie wissen mittlerweile, dass ihr Chef Häupl unterlegen und entsprechend wütend über das Ergebnis ist. Der Wiener Bürgermeister - bislang der rote Königsmacher - verlässt das SP-Präsidium via Seitenausgang mit den eindeutigen Worten: "Die Wiener nehmen das zur Kenntnis."

Alfred Gusenbauer und Werner Faymann haben einen überraschend klaren Sieg über Michael Häupl errungen. Zumindest an diesem Montagnachmittag, zumindest in diesem Spiel um die Macht.

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