Genial
und einfach

Die Karfreitags-"Problematik" scheint gelöst. Schwierigere Fragen - wen, warum einsperren? - stellt man lieber nicht.

von Anna Gasteiger © Bild: News/Ricardo Herrgott

Die Meldung kam um 13.41 Uhr. Dann dauerte es ein paar Minuten. Aber nach dem ungefähr dritten Durchlesen erschloss sich die karge Schönheit der neuen Karfreitags-Regelung in voller Pracht: Man darf sich ab jetzt Urlaub nehmen, wenn man frei haben will. Das ist wirklich genial und einfach. Die Bundesregierung selbst möchte die Worte "klar" und "gerecht" verwendet wissen. Geschenkt. Feiertags-Erwartungen zu schüren und dann allen die lange Nase zu zeigen, mag einer gewissen Definition von Gerechtigkeit entsprechen.

Wie klar die neue Regelung ist, wird sich weisen: In Österreich leben geschätzt 700.000 Muslime. Ihre religiösen Bedürfnisse wurden bisher von keinem der insgesamt 13 gesetzlichen Feiertage gewürdigt. Jetzt haben sie die Möglichkeit, sich fix freizunehmen. Zum Beispiel anlässlich des Ramadan-Festes, heuer Anfang Juni, mitten unter der Woche. Oder am Aschura-Fest, ein Dienstag im September. Das Bedürfnis der muslimischen Basis nach solchen Feiertagen sei "sehr hoch", bestätigt die Islamische Glaubensgemeinschaft.

Unternehmen könnte so eine Häufung von Urlaubstagen allerdings vor Probleme stellen. Auf der anderen Seite stehen die medial hinlänglich durchgespielten Missbrauchsszenarien. Wenn alle Arbeitnehmer beschließen würden, an einem bestimmten, arbeitsintensiven Tag ihren "persönlichen Urlaubstag" in Anspruch zu nehmen, könnten sie nur mit teuren Feiertagszuschlägen zur Arbeit motiviert werden. Eine Gemengelage, die mit dem Begriff "klar" nicht ganz akkurat getroffen sein dürfte. Aber was weiß man schon. Vielleicht hat die Regierung in ihrer weisen Voraussicht schon Lösungen ausgearbeitet, die sie beizeiten mitzuteilen bereit ist.

Vielleicht hat sie sich auch schon überlegt, anhand welcher konkreten Kriterien sie potenziell gefährliche Asylwerber einsperren lassen will (und vergessen, Harald Vilimsky vor seinem "ZiB 2"-Auftritt davon zu erzählen): Das immer dünner werdende Eis der Menschenrechtsverträglichkeit knackst bedenklich unter dem Gewicht der darauf Herumspringenden. Mitglieder der türkis-blauen Bundesregierung überbieten sich mit einflussreichen Sozialdemokraten in der Generierung immer abenteuerlicherer Ideen für die Anwendung der "Sicherheits"-Haft. Es wäre komisch, wenn es nicht so tragisch wäre. Und es wird immer deutlicher, wie massiv der politische Paradigmenwechsel der letzten Jahre wirklich war.

Die Generation, die ehrfürchtig im Schatten der Vergangenheit agierte, auf den Schultern schrecklicher Riesen um Fortschritt und Besserung bemüht, ist abgemeldet. Es geht jetzt forsch nach vermeintlich vorne. Einsperren! Ausgrenzen! Das ist der Common Sense unserer Tage. Umsetzung von Politik besteht dann hauptsächlich in der lästigen Aufgabe, die von irgendwelchen Spaßbremsen (EU, UNO) auferlegten Regeln mit Ach und Krach einzuhalten.

Der nächste Schritt bestünde konsequenterweise darin, diese Regeln einfach nicht mehr anzuerkennen, aber ach, lassen wir das, die ersten schönen Frühlingstage sind wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um sich über so komplizierte Dinge den Kopf zu zerbrechen. Alle anderen Tage auch nicht. Reden wir lieber noch ein bisschen über was hat uns gerade noch so empört?

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: gasteiger.anna@news.at