Ein bisschen was geht immer

Die Impfpflicht wackelt, die Gratistests auch. Was uns aber jedenfalls erhalten bleibt: das Glaubwürdigkeitsproblem der Regierung.

von Ein bisschen was geht immer © Bild: News/ Matt Observe

Die anderen haben es auch nicht drauf. Die bewerben nämlich ihre neueste Corona-Impfkampagne in Kinos, in die derzeit nur jene reinkommen, die eh geimpft sind. Und wenn wer fragt, welchen Sinn das macht, dann erzählen jene, die sich das ausgedacht haben, etwas von "Multiplikatoren-Wirkung", die man damit erzeugen möchte: Ein Geimpfter soll halt einem Ungeimpften vom Impfwerbespot im Kino erzählen. Die, das sind übrigens die Deutschen. Und bei denen rennt es derzeit auch nicht rund. Weder bei der Impfquote noch bei der Impfpflicht, die ebenso im Raum steht wie beim Impfpflicht-Vorreiterland Österreich.

»Wo kämen wir auch hin, wenn ausgerechnet Österreich zur Abwechslung etwas ohne Wenn und Aber umgesetzt hätte?«

Hierzulande findet das Rumgeeiere über eine Ja-, Nein-, Vielleicht-Pflicht wohl schon bald ein vorläufiges Ende, freilich nicht ohne vorher noch mal für Kopfschütteln zu sorgen. Zeitgleich mit der ersten zaghaften Andeutung des Kanzlers, dass die Impfpflicht wohl ausgesetzt wird, flatterte nämlich ein sehr langer und sehr eng beschriebener Brief der Bundesregierung in die Haushalte: "Informationen zur Covid-19-Impfpflicht in Österreich". Dass es so kommt, wie es kommt, ist nicht überraschend. Wo kämen wir auch hin, wenn ausgerechnet Österreich zur Abwechslung etwas ohne Wenn und Aber umgesetzt hätte?

Eine Impfpflicht, die, wohlgemerkt, aus der Not heraus geboren wurde und bei der schon auf den ersten Metern der Eindruck erweckt wurde, dass man sie am liebsten eh nicht und schon gar nicht mit irgendwelchen Konsequenzen umsetzen möchte. Jetzt haben wir das Dilemma. Beenden wir die Diskussion zu diesem Zeitpunkt rasch und mit klaren Worten. Und jedenfalls nicht mit neuerlichen Vorschlägen, wie sich vielleicht ein bisschen Impfpflicht umsetzen lässt - indem nämlich einfach die Strafen ausgesetzt werden. Das hat der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer in die Runde geworfen. Besser werden die Umfragewerte in Sachen Glaubwürdigkeit für diese Regierung wohl nicht mehr.

Und wenn wir schon mitten im Aufräumen sind, setzen wir gleich auch beim Testen rasch einen Schlussstrich, wo derzeit -jedenfalls in Wien - sehr viel und oft ohne gewichtigen Anlass getestet wird. Weil es bequem ist. Weil es den Einzelnen nichts kostet. Weil man etwa verreisen möchte und für die Einreise einen PCR-Test braucht. Andere Länder halten dafür schon lange die Hand auf - und wurden dafür von unserem hohen Testross herab milde belächelt. Warum aber soll die Allgemeinheit für ein Freizeitvergnügen zahlen? 2,6 Milliarden Euro kosteten die Gratistests bisher. Test-Weltmeister zu sein, mag ein erhabenes Gefühl auslösen, doch sollte der Nutzen für die Gesellschaft den finanziellen Aufwand rechtfertigen. Das tut er nicht. Es wird Zeit, dass auch in der "Koste es, was es wolle"-Mentalität Vernunft einkehrt.

Aber all das wird demnächst ohnehin Schnee von gestern sein. Der Außenminister verspricht schon mal eine "Sommersaison ohne Sorgen". Er wird nicht der Einzige bleiben, der die Good News auf seiner Haben-Seite verbuchen will. Daher eine Bitte: Missbrauchen wir das wunderbare Wort Freiheit nicht für ein neuerliches, entbehrliches Framing, den "Freedom Day". Nehmen wir das, was da kommt, einfach hin als das, was es ist: das normale Leben. Ganz ohne Trara und schwülstige Reden. Wir werden schon merken, dass etwas anders ist.