Wagners "Ring" in Wien

Fischer dirigierte Wagners Zyklus „Ring des Nibelungen“ an der Wiener Staatsoper

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Leben - Wagners "Ring" in Wien © Bild: Michael Poehn

Unvergessen bleibt, wie der abhanden gekommene Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst Wagners Partituren nicht nur einmal an der Wiener Staatsoper zum Leuchten gebracht hat. Ebenso, welches Klangtheater Christian Thielemann anno 2011 mit den Wiener Philharmonikern entfesselte. Nun stand Adam Fischer beim einzigen „Ring“ am Pult. Es schien, als wäre mit den „Wienern“ alles möglich. Zwischen feinsinnig und zart bis gewaltig eruptiv, als wäre man nicht in Nibelheim, sondern am feuerspeienden Popocatépetl, ist bei Fischers Stabführung alles drin.

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Während er beim „Walkürenritt“ agierte er, als müsste er eine Herde schwerer Schlachtrösser zum Parforceritt antreiben, ließ er am letzten Abend in der „Götterdämmerung“ auch feines Musizieren zu. Und die „Götterdämmerung“ zeigte auch, dass Fischer eines ausgeschlossen hat: Eindeutigkeit. Seine Stabführung wikrte flexibel bis zum Ende. So etwa bei „Siegfrieds Trauermarsch“. Plädieren die einen Dirigenten für eine Generalpause davor, ist sie für andere ein absolutes Tabu. Bei Fischer liegt das irgendwo dazwischen, weder Pause noch fließender Übergang führen zu „Siegfrieds Trauermarsch“, Fischer ließ das Orchester irgendwie dort ankommen.

Sieglindes triumphaler Abschied

Vor fast einem Vierteljahrhundert, im Jahr 1992, gab Waltraud Meier zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper die Sieglinde. Nun, wenige Wochen nach ihrem 60. Geburtstag, nahm sie von der Partie Abschied. Mag auch ihre Stimme etwas härter geworden sein, ließ sie nichts von der intimen Darstellungskunst missen. Erstklassig gaben sie und der glänzende Wagner-Tenor Christopher Ventris das Wälsungen-Paar. Und das lässt sich auch von der Besetzung dieses „Rings“ berichten: Kraftvoll, lyrisch, innig, atemberaubend gab Linda Watson die Partie der Brünnhilde. Ihr Erwachen in „Siegfried“ gestaltet sie atemberaubend schön. Dass da noch Steigerungen möglich sind, war schwer zu vermuten. Watson zeigte in der „Götterdämmerung“, dass noch mehr geht. War ihr Schwur „Helle Wehr, heilige Waffe“ im zweiten Aufzug des letzten Abends schon stark, gab sie das „Starke Scheite“ am Ende mit Leichtigkeit. Faszinierend.
Christian Franz ist ein bewährt aufregender Siegfried. Am zweiten Abend des „Rings“ zeigte der Tenor, was mit Technik und Gestaltungskunst möglich ist. Er gab die Partie trotz Virus-Erkrankung und stand auch in der „Götterdämmerung“ seinen Helden formidabel.

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Auf die übrige Besetzung ist Verlass: Tomasz Konieczny hat sich als grollender, dramaturgischer Gestalter in die Partie des Wotan eingesungen, Jochen Schmeckenbecher bringt den Alberich in schönen Farben und scharfer Wortdeutlichkeit, Eric Halfvarson ist stimmlich der ideale Hagen, Soran Coliban hat mit Ain Anger die Rollen getauscht und zeigt, dass er auch als Fafner glänzend reüssiert, während Anger für den Fasolt eine echte Luxusbesetzung ist. Michaela Schuster ist eine starke Fricka. Caroline Wenborne gefällt sehr als Freia. Norbert Ernst gestaltet den Loge vorzüglich. Herwig Pecoraro ist ein bewährter Mime. Und mit Regina Hangler, die auch als Walküre Helmwige gefällt, und Boaz Daniel sind die Gibichungen- Geschwister Gutrune und Gunther sehr gut besetzt. Von den Rheintöchtern Andrea Carroll, Rachel Frenkel und Zoryana Kushpler (Flosshilde im Rheingold) bestens besetzt. Anna Larsson ist eine bewährte Erda, kann aber als Waltraute nicht ganz überzeugen.

Bei Sven-Eric Bechtolfs Regie überwiegt inzwischen nach bald 20 Aufführungen von Wagners „Ring“-Zyklus der Gewöhnungseffekt.

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