Man fühlt sich geschätzt

Erwin Wurm, Weltkünstler mit Wohnsitz Niederösterreich, erklärt dem Kulturpolitiker Erwin Pröll seine Bewunderung

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Gastkommentar - Man fühlt sich geschätzt

Mein erster Impuls, nach Niederösterreich zu ziehen, war der Wunsch, auf dem Land zu leben. Bald wurde mir klar, dass ich das richtige Land gewählt hatte. Mein erster Kontakt mit Erwin Pröll war auf einem Künstlertreffen. Wir waren einander noch nie begegnet, und er ist auf mich zugekommen und hat mich als neuen Niederösterreicher begrüßt: "Ich freue mich, dass Sie hier sind. Sie bereichern das Land." In einer Zeit, in der die Kunst bedrohlich an öffentlichem Stellenwert verliert, war das ein Zeichen, das mich beeindruckt hat.

"Kein schlechter Beginn", dachte ich, und auch die Fortsetzung war bemerkenswert. Wo sonst findet man zum Beispiel einen Spitzenpolitiker, der eine Schriftenreihe namens "Denkmalschützerische Positionen" herausgibt und sich ebenso stark für zeitgenössische Kunst, Theater und Musik einsetzt? Man versuche, sich das bei Michael Häupl vorzustellen! Als Demonstranten vor Hermann Nitschs Schloss Mistfuhren abluden, hat sich Pröll gegen die breite öffentliche Meinung hinter ihn gestellt. Das hat ihm viel mehr geschadet als genützt.

Das Wesentliche dabei ist nicht die finanzielle Unterstützung, obwohl auch hier Enormes geschieht. Es ist das heute weitgehend unbekannte Gefühl, dafür geschätzt zu werden, dass man sein Leben einsetzt, um Kunst zu machen. Dieses Gefühl führt auch ehemalige Kommunisten wie Peter Turrini zu seinen Künstlerfesten; man findet dort Michael Haneke, Erika Pluhar, Robert Menasse, Arnulf Rainer. Lauter Hofnarren?

»Pröll hat eine Infrastruktur geschaffen, die es erstrebenswert macht, Künstler zu sein.«

Selbst die bekannte Künstlernähe Kreiskys hatte mit der Lust an Hofnarren zu tun. Bei Pröll hatte ich diesen Eindruck nie, und er gibt auch keine Almosen: Er hat vielmehr eine Infrastruktur geschaffen, die es erstrebenswert macht, Künstler zu sein.

Dass er jetzt geht, ist ein Zeitsymptom. Es genügt, sich in der Kulturpolitik umzusehen, um zu wissen, welche Inkompetenz da vorherrscht. Die Nachbesetzungen der jüngsten Zeit sprechen Bände: Starke Persönlichkeiten haben ihre Ecken und Kanten. Das ist in diesem Land nicht mehr opportun. Wichtig ist, dass man dem Mainstream der Glätte genügt. Gerald Matt hat in der Wiener Kunsthalle ein tolles, internationales Programm gefahren. Eine von den Grünen gesteuerte Kampagne, deren Haltlosigkeit gerichtlich bewiesen wurde, hat ihn weggefegt, und heute ist die Kunsthalle in der Nichtigkeit versunken; oder dass man einen Marketing-Mann mit der Leitung der Staatsoper betraut: Ich finde das verwerflich.

Johanna Mikl-Leitner kenne ich nicht. Man kann sich nur wünschen, dass es weitergeht wie bei Pröll, aber dass das realistisch wäre, bezweifle ich. Nötig wäre es in jedem Fall. Der Ruf Österreichs beruht nicht auf seinen unsterblichen Verdiensten im Fußball. Es ist auch mutmaßlich noch niemand nach Wien gekommen, um Michael Häupl zu besichtigen. Auch unsere Bankenpolitik dürfte kein Fremdenverkehrsmagnet sein. Und doch werden bei kriminellen Banken Milliarden versenkt, während die höchst erfolgreiche Direktorin des Belvederes wegen eines angeblichen Schadens in fünfstelliger Höhe gehen musste. Andere haben die Kunst immer nur beschnitten und ihr von dem Wenigen, was sie hatte, noch etwas weggenommen. Erwin Pröll hat Museen gebaut, in Grafenegg ein bedeutendes Klassik-Festival errichtet und Niederösterreich zu einer Heimat der Künstler gemacht. Das wird ihm nicht vergessen werden.

Erwin Wurm
© APA/dpa/Arne Dedert

Zur Person
Erwin Wurm wurde 1954 in Bruck an der Mur geboren, studierte in Salzburg und Wien und wurde zu einem der bedeutendsten bildenden Künstler der Gegenwart. Mit seinen adipös verfremdeten Autos und Häusern und seinen aktionistischen "One Minute Sculptures" brachte er es bis auf den 10. Platz der Weltrangliste der Gegenwartskunst. Wurm lebt im selbst renovierten Schloss Limberg in Niederösterreich.

Kommentare

Wenn man Künstler mit Steuergeld versorgt, Kirche Steuergeld
nachschmeißt, das Volk verarscht, dann fühlt man sich geschätzt!

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